Weil deine Augen ihn nicht sehen
hätte ich ins Geschäft gehen und den Leuten erklären sollen, wozu ich einen brauche und was ich reintun will, ja? Der hier stand im Keller. Und es passt alles rein, kapiert?«
»Angie, ich glaube, wir haben unten auch noch kleinere Kartons«, warf Clint ein.
»Ich hab diesen schon zugeklebt und zugebunden«, schrie Angie. »Fertig, aus!«
Kurze Zeit später sah sie mit großer Befriedigung zu, wie Lucas den schweren, sperrigen Karton zu seinem Auto trug.
22
LILA JACKSON, VERKÄUFERIN in Abby’s Quality Discount an der Route 7, war im Kreis ihrer Familie und Freunde so etwas wie eine Berühmtheit geworden. Sie war diejenige, die zwei Tage vor der Entführung die blauen Samtkleidchen für die Zwillinge an Margaret Frawley verkauft hatte.
Vierunddreißig Jahre alt, klein und zierlich, aber überschäumend vor Energie, hatte sie erst vor kurzem ihren gut bezahlten Sekretärinnenjob in Manhattan aufgegeben, war mit ihrer verwitweten Mutter hierher gezogen und hatte die Stelle bei Abby’s angenommen. Ihren verdutzten Freundinnen hatte sie erklärt: »Mir ist einfach klar geworden, dass ich es hasse, den ganzen Tag am Schreibtisch zu sitzen, und dass mir die Arbeit bei Bloomingdale’s, als ich diesen Teilzeitjob hatte, bisher am meisten Spaß gemacht hat. Ich liebe Kleider. Es macht mir Spaß, sie zu verkaufen. Und sobald ich kann, werde ich meinen eigenen Laden aufmachen.« Zu diesem Zweck hatte sie einen Kurs in Wirtschaft am College der Gemeinde belegt.
Am Tag der Entführung hatte Lila sowohl Margaret als auch die Kleider der Zwillinge auf dem Foto erkannt, das im Fernsehen gezeigt wurde.
»Sie war so was von nett«, erzählte Lila aufgeregt einem immer größer werdenden Kreis von Leuten, die der Gedanke faszinierte, dass sie nur wenige Tage, bevor die Zwillinge entführt
worden waren, mit deren Mutter gesprochen hatte. »Mrs. Frawley ist wirklich eine klasse Frau, auf eine ruhige, nette Art. Und sie weiß echte Qualität zu schätzen. Ich hab ihr gesagt, dass dieselben Kleider bei Bergdorf’s die ganze Saison hindurch vierhundert Dollar das Stück kosten und sie zu zweiundvierzig Dollar fast geschenkt seien. Darauf sagte sie, das sei immer noch mehr, als sie ausgeben wolle, und darauf zeigte ich ihr eine Menge andere Sachen, aber sie kam immer wieder auf diese zurück. Am Ende hat sie sie doch gekauft. Beim Bezahlen hat sie so ein bisschen gelacht und gesagt, sie hoffe nur, dass es ihr gelingen würde, ein gutes Foto von den Zwillingen zu machen, bevor sie auf die neuen Kleider kleckern.
Wir haben uns dann noch nett unterhalten«, erinnerte sich Lila, die jede Einzelheit der Begegnung liebevoll ausschmückte. »Ich hab Mrs. Frawley erzählt, dass an diesem Tag schon eine andere Frau da war, die zwei Mal dieselben Kleider für Zwillinge kaufen wollte. Aber das waren wohl nicht ihre eigenen Kinder, denn sie war sich nicht sicher, welche Größe sie kaufen sollte, und bat mich um Hilfe. Sie meinte, sie seien drei Jahre alt und durchschnittlich groß.«
Lila sah sich am Mittwochmittag die Zwölf-Uhr-Nachrichten an, während sie sich fertig machte, um zur Arbeit zu gehen. Sie starrte kopfschüttelnd auf den Bildschirm und sah voller Mitgefühl, wie Margaret und Steve Frawley über die Straße zum Nachbarhaus rannten, dann, ein paar Minuten später, zu einem anderen, etwas weiter entfernten Haus.
»Obwohl derzeit weder von den Eltern noch vom FBI eine Bestätigung zu erhalten ist, besteht Grund zur Annahme, dass der Kidnapper, der sich Kater Karlo nennt, heute Morgen bei verschiedenen Nachbarn des Ehepaars Frawley angerufen hat, um seine Forderungen für die Lösegeldübergabe zu übermitteln«, sagte der Moderator von CBS.
Auf dem Bildschirm erschien Margaret Frawley in Großaufnahme. Lila sah ihre verängstigte Miene und die dunklen Schatten unter den Augen.
»Robinson Geisler, der Vorstandsvorsitzende von C.F.G.&Y., ist im Augenblick nicht zu einer Auskunft bereit, ob es schon zu einer Lösegeldüberweisung gekommen ist oder nicht«, fuhr der Sprecher fort, »doch wenn dies der Fall sein sollte, dann werden aller Voraussicht nach die nächsten vierundzwanzig Stunden entscheidend sein. Heute ist bereits der sechste Tag, seit Kathy und Kelly aus ihrem Schlafzimmer entführt wurden. Das Verbrechen geschah am vergangenen Donnerstagabend, gegen neun Uhr.«
Sie müssen ihre Schlafanzüge angehabt haben, als man sie mitgenommen hat, dachte Lila, als sie die Autoschlüssel aus der Schublade nahm. Der
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