Weil deine Augen ihn nicht sehen
herumschnüffeln will, dachte er. Nicht nervös wirken, schärfte er
sich ein. Wenn ich nichts zu befürchten hätte, würde ich höflich sein und sie fragen, was ich für sie tun könnte.
Er zwang sich zu einer Art Lächeln und sagte: »Hallo.«
Er sieht krank aus, war Lilas erster Gedanke. Er schwitzt am ganzen Körper. »Ist Mrs. Downes, ich meine, ist Angie zu Hause?«, fragte sie.
»Nein. Sie ist weg, ein Kind hüten. Ich bin Clint. Worum geht es denn?«
Es klingt wahrscheinlich ziemlich idiotisch, überlegte Lila, aber ich werde es trotzdem sagen. »Mein Name ist Lila Jackson«, sagte sie. »Ich arbeite bei Abby’s Discount an der Route 7. Meine Chefin hat mich geschickt, um Angie etwas zu übergeben. Sie erwartet mich in ein paar Minuten zurück. Darf ich kurz hereinkommen?«
Solange er den Eindruck hat, dass die Leute wissen, wo ich bin, muss ich keine Bedenken haben, dachte sie. Sie brachte es nicht über sich, einfach wieder zu gehen. Vorher musste sie sich vergewissern, dass Angie sich nicht irgendwo im Haus versteckte.
»Klar, kommen Sie rein.« Clint trat zur Seite, und Lila drückte sich an ihm vorbei. Mit raschen Blicken stellte sie fest, dass sich niemand sonst im Wohnzimmer und dem angrenzenden Ess- und Küchenbereich befand und dass die Tür zum Schlafzimmer offen stand. Clint Downes war anscheinend allein, und wenn Kinder dort gewesen waren, so war zumindest jetzt keine Spur mehr von ihnen zu entdecken. Sie knöpfte ihre Jacke auf und holte die Tüte mit den Polohemden hervor. »Mrs. Downes, ich meine Angie, war letzte Woche in unserem Geschäft und hat Polohemden für die Zwillinge gekauft«, sagte sie. »Sie gehörten zu einer Serie, die bestimmte Mängel aufweist, wie uns der Hersteller jetzt mitgeteilt hat. Daher habe ich zwei Ersatzhemden mitgebracht.«
»Das ist sehr nett von Ihnen«, sagte Clint langsam. Er überlegte, wie sie an Namen und Adresse gekommen waren. Angie muss die Klamotten mit meiner Kreditkarte bezahlt
haben, dachte er. Sie ist so dumm gewesen, eine schriftliche Spur zu hinterlassen. »Meine Freundin ist zurzeit ständig als Babysitterin unterwegs«, erklärte er Lila. »Sie ist zu einer Familie nach Wisconsin gefahren, um sich dort um die Kinder zu kümmern. Sie wird mehrere Wochen dort sein. Sie hat diese Sachen gekauft, weil die Mutter angerufen hat, um zu sagen, dass sie einen der Koffer vergessen hat.«
»Die Mutter der drei Jahre alten Zwillinge?«, fragte Lila.
»Richtig. Genau genommen sind es gar keine Zwillinge, hat mir Angie erzählt. Sie sind weniger als ein Jahr auseinander und haben ungefähr die gleiche Größe. Die Mutter zieht sie gleich an und spricht immer von ihren ›Zwillingen‹. Warum lassen Sie die Hemden nicht einfach hier? Ich wollte Angie sowieso ein Paket schicken, dann kann ich sie einfach dazulegen.«
Lila konnte dieses Angebot schlecht ablehnen. Diese ganze Geschichte ist zwecklos, dachte sie. Dieser Typ wirkt harmlos. Es gibt wirklich Leute, die ihre Kinder Zwillinge nennen, wenn sie sehr dicht hintereinander geboren wurden, das weiß ich. Sie überreichte Clint die Tüte. »Ich werde dann mal wieder gehen«, sagte sie. »Bitte richten Sie Angie oder ihrer Arbeitgeberin noch unsere Entschuldigung aus.«
»Mach ich gerne. Kein Problem.«
Das Telefon klingelte. »Also dann, auf Wiedersehen«, sagte Clint und hastete durch das Zimmer, um den Hörer abzunehmen. »Hi«, sagte er, die Augen auf Lila gerichtet, die an der Haustür stand.
»Warum sind Sie nicht ans Handy gegangen? Ich hab Sie ein Dutzend Mal angerufen«, herrschte ihn eine Stimme an.
Es war Kater Karlo.
Weil Lila mithörte, gab sich Clint Mühe, möglichst gelassen zu klingen. »Nicht heute Abend, Gus«, sagte er. »Ich möchte es wirklich etwas ruhiger angehen lassen.«
Lila öffnete langsam die Tür. Sie hoffte, noch mehr von dem zu erhaschen, was Clint am Telefon sagte, doch sie
konnte schlecht ihre Anwesenheit noch weiter in die Länge ziehen, und außerdem war sie mittlerweile überzeugt, umsonst hergefahren zu sein. Jim Gilbert hatte gesagt, dass Angie als Babysitterin arbeitete, und es klang nicht unglaubwürdig, dass die Mutter sie gebeten hatte, noch ein paar zusätzliche Kleider zu kaufen. Jetzt bin ich nass, und das Geld für die Hemden ist auch weg, dachte sie, während sie zum Auto zurückrannte.
»Wer ist da bei Ihnen?«, fragte Kater Karlo scharf.
Clint wartete, bis er Lila am Fenster vorbeilaufen sah, und sagte dann: »Angie ist mit dem Kind
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