Weil deine Augen ihn nicht sehen
rechten Seite, ein gutes Stück hinter dem Klubhaus, erblickte sie ein kleines Haus, vermutlich die Hausmeisterwohnung, von der Jim Gilbert gesprochen hatte.
Der Regen fiel inzwischen heftiger. Jetzt bin ich schon so weit gekommen, dachte Lila, jetzt kehr ich nicht wieder um. Wenigstens war ich so schlau, mir eine Regenjacke überzuziehen. Sie stieg aus dem Auto, schlüpfte unter der Schranke hindurch und hastete im Laufschritt auf das Häuschen zu, wobei sie versuchte, möglichst im Schutz einiger Büsche zu bleiben. Die Tüte mit den Polohemden hielt sie unter der Jacke.
Sie kam an einer Garage auf der rechten Seite des Häuschens vorbei. Die Tür war offen, und sie sah, dass kein Auto darin stand. Vielleicht ist niemand da, dachte sie. Was mache ich dann?
Doch als sie näher an das Häuschen kam, sah sie, dass im vorderen Zimmer Licht brannte. Also gut, in Gottes Namen, dachte sie, stieg die zwei Stufen zu dem kleinen überdachten Eingang hinauf und klingelte.
Am Freitagabend war Clint widerwillig mit Gus ausgegangen, war erst spät wieder nach Hause gekommen, hatte bis mittags geschlafen, und nun hatte er einen Kater und war nervös. Als sie gestern an der Bar hockten und etwas aßen, hatte Gus gesagt, er sei sich ziemlich sicher, neulich bei seinem Telefongespräch mit Angie zwei Kinder im Hintergrund gehört zu haben.
Ich hab noch versucht, es mit einem Scherz abzutun, erinnerte sich Clint. Ich hab ihm gesagt, er müsse besoffen gewesen sein, um anzunehmen, dass man es mit zwei Kindern in dieser Hundehütte aushalten könnte. Dann hab ich noch gesagt, es würde mir nichts ausmachen, dass Angie mit Babysitten ein bisschen Geld verdiene, aber wenn sie jemals mit zwei Kindern auftauchen würde, könne sie ihre Sachen packen und sich eine andere Bleibe suchen. Ich hatte das Gefühl, dass er mir das abkauft, aber sicher bin ich mir nicht. Er kann einfach sein Maul nicht halten. Wenn er jetzt irgendjemandem verrät, er habe zwei Kinder weinen gehört? Außerdem hat er mir noch gesagt, er habe Angie im Drugstore getroffen, wo sie einen Verdampfer und Aspirin gekauft hat. Durchaus möglich, dass er das auch anderen Leuten erzählt hat.
Ich muss mir unbedingt einen Wagen mieten und dieses Kinderbett loswerden, dachte er, während er sich einen Kaffee machte. Wenigstens habe ich es schon auseinander genommen, aber ich muss es unbedingt aus dem Haus schaffen und irgendwo im Wald verstecken. Warum nur hat Angie eines der Kinder behalten? Warum hat sie Lucas umgebracht? Wenn wir beide Kinder zurückgegeben hätten, hätten wir das Geld mit Lucas geteilt, und kein Mensch würde
sich für uns interessieren. Jetzt ist das ganze Land auf dem Kriegspfad, weil alle glauben, dass eines der beiden Mädchen tot ist.
Angie wird ziemlich schnell die Schnauze voll haben von ihr. Und dann wird sie sie wieder loswerden wollen. Da bin ich mir ganz sicher. Ich hoffe nur, dass sie nicht … Clint dachte den Gedanken nicht zu Ende, aber immer wieder kam ihm das Bild in den Sinn, wie Angie sich in den Wagen gebeugt und Lucas erschossen hatte. Es hatte ihm einen Schock versetzt, und jetzt entsetzte ihn der Gedanke, zu welchen Taten sie noch fähig sein könnte.
Er saß über den Küchentisch gebeugt. Er trug ein dickes Sweatshirt und Jeans, sein Haar war nicht gekämmt, und zwei Tage alte Bartstoppeln verdunkelten seine Wangen. Die zweite Tasse Kaffee stand unangerührt vor ihm. Plötzlich klingelte es an der Haustür.
Die Bullen! Das waren die Bullen, er war sich sicher. Schweiß begann ihm aus allen Poren zu treten. Nein, vielleicht ist es Gus, dachte er und klammerte sich an diese Hoffnung. Es blieb ihm nichts anderes übrig, er musste aufmachen. Wenn es die Bullen waren, hatten sie bestimmt gesehen, dass Licht brannte, und sie würden nicht wieder weggehen.
Barfuß schlich er durch das Wohnzimmer, seine dicken Füße tappten geräuschlos über den schäbigen Teppich. Er legte die Hand an den Türknopf, drehte ihn und öffnete mit einem Ruck die Tür.
Lila fuhr zusammen. Sie hatte erwartet, die Frau, die sich nach den Kleidern für Zwillinge erkundigt hatte, zu erblicken. Stattdessen stand ein schwergewichtiger, ungepflegt aussehender Mann vor ihr, der sie misstrauisch beäugte.
Bei Clint wich die anfängliche Erleichterung, es nicht mit der Polizei zu tun zu haben, sofort wieder und machte der Befürchtung Platz, dass es sich um eine Falle handelte. Vielleicht ist sie eine getarnte Polizeibeamtin, die hier
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