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Weil deine Augen ihn nicht sehen

Weil deine Augen ihn nicht sehen

Titel: Weil deine Augen ihn nicht sehen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
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Gunther das Haus der Frawleys verlassen hatte, fuhr er direkt zur Polizeiwache von Ridgefield. Die soeben miterlebte Szene hatte einen stärkeren Eindruck auf ihn gemacht, als er sich den Frawleys oder den FBI-Agenten gegenüber hatte anmerken lassen. Dabei glaubte er nach wie vor nicht, dass irgendetwas an dieser Zwillingssprache oder Telepathie unter Zwillingen dran war. Seiner Ansicht nach erlebte Kelly im Spiel erneut ihre Erinnerungen an die Entführung und an die Kidnapper, und sonst nichts.
    Dennoch war auch er jetzt fest davon überzeugt, dass Kathy Frawley noch am Leben gewesen sein musste, als Kelly mit der Leiche von Lucas Wohl in dem Wagen ausgesetzt wurde.
    Er parkte vor der Polizeiwache und hastete durch den Dauerregen ins Innere. Aufklarung am frühen Nachmittag, hatte es im Wetterbericht geheißen, dachte er verächtlich. Von wegen.
    Der wachhabende Sergeant teilte ihm mit, dass Captain Martinson in seinem Büro sei, und gab seine Durchwahlnummer ein. Gunther übernahm den Hörer. »Marty, hier Jed. Ich komme gerade von den Frawleys und würde dich gerne kurz sprechen.«
    »Klar, Jed. Komm rein.«

    Beide waren sie sechsunddreißig Jahre alt und seit dem Kindergarten miteinander befreundet. Auf dem College hatten sie sich unabhängig voneinander für eine Laufbahn bei der Polizei entschieden. Da sie beide über gute Führungsqualitäten verfügten, waren sie früh und regelmäßig befördert worden, Marty bei der Polizei von Ridgefield und Jed bei der Staatspolizei von Connecticut.
    Im Laufe der Jahre hatten sie schon mit vielen tragischen Fällen zu tun gehabt, darunter grauenvolle Verkehrsunfälle mit jugendlichen Opfern, aber keiner von beiden war bisher mit einer Entführung gegen Lösegeld konfrontiert worden. Seit der Nacht, als der Notruf aus dem Haus der Frawleys gekommen war, hatten ihre beiden Polizeibehörden in Abstimmung mit dem FBI eng zusammengearbeitet. Die Tatsache, dass es bisher noch keine richtige Spur gab, machte beiden schwer zu schaffen.
    Jed gab Martinson die Hand und setzte sich auf den Besucherstuhl an seinem Schreibtisch. Er war knapp zehn Zentimeter größer und besaß noch kräftiges, dunkles Haar, während das von Martinson sich bereits lichtete und hier und da die ersten Silberfäden aufwies. Dennoch wären einem Beobachter die Gemeinsamkeiten zwischen beiden aufgefallen. Beide strahlten sie Intelligenz und Selbstvertrauen aus.
    »Wie sieht’s aus bei den Frawleys?«, fragte Martinson.
    Jed Gunther erzählte ihm, was sich gerade zugetragen hatte. »Du weißt ja, wie unglaubhaft Wohls Geständnis ist«, schloss er seinen Bericht. »Ich bin jetzt felsenfest davon überzeugt, dass Kathy noch am Leben war, als wir ihre Schwester am frühen Donnerstagmorgen in dem Wagen gefunden haben. Ich hab mich heute noch mal im Haus umgeschaut. Für mich ist klar, dass mindestens zwei Leute bei der eigentlichen Entführung beteiligt gewesen sein müssen.«
    »Ich hab auch noch mal drüber nachgedacht«, pflichtete Martinson bei. »Es gibt keine Vorhänge oder Gardinen im Wohnzimmer, nur Jalousien, die zum Teil heruntergelassen
waren. Sie konnten also durch die Fenster spähen und sehen, dass die Babysitterin auf der Couch saß und telefonierte. Das Schloss am Kücheneingang konnte man mit einer Scheckkarte öffnen. Die hintere Treppe befindet sich gleich neben der Tür, sie konnten also damit rechnen, rasch und unbemerkt hinaufzugelangen. Die Frage ist nur, ob sie eines der Mädchen mit Absicht zum Weinen gebracht haben, um die Babysitterin nach oben zu locken. Ich glaube, dass es sich in etwa so abgespielt hat.«
    Gunther nickte. »Seh ich genauso. Sie haben die Glühbirne im oberen Flur rausgeschraubt, außerdem hatten sie Chloroform dabei, um das Mädchen außer Gefecht zu setzen, und vielleicht trugen sie zur Sicherheit noch Masken, falls sie gezwungen sein sollten, sich ihr zu zeigen. Sie konnten auf keinen Fall riskieren, oben herumzulaufen und nachzuschauen, in welchem Zimmer die Zwillinge schliefen. Sie mussten sich im Haus auskennen, deshalb muss einer von ihnen schon früher einmal im Haus gewesen sein.«
    »Die Frage ist nur: Wann war einer der Entführer schon einmal dort?«, fuhr er nach einer kurzen Pause fort. »Die Frawleys haben das Haus in seinem damaligen Zustand nach dem Tod der alten Mrs. Cunningham aus ihrem Nachlass gekauft, weshalb sie es auch zu diesem niedrigen Preis bekommen haben.«
    »Egal in welchem Zustand es war, trotzdem musste es begutachtet werden,

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