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Weil deine Augen ihn nicht sehen

Weil deine Augen ihn nicht sehen

Titel: Weil deine Augen ihn nicht sehen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
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den sparte er sich als Belohnung für später auf.
    Als das Essen kam, nahm er einen gewaltigen Bissen von dem Hotdog und spülte ihn mit einem Schluck bitteren Kaffee hinunter. War es wirklich erst zehn Tage her, dass er mit Lucas in der Küche gesessen hatte, sie sich die Flasche Scotch geteilt hatten und glücklich gewesen waren, wie gut alles gelaufen war?
    Angie , dachte er, und seine grollende Wut schwoll immer mehr an. Sie hatte auf Cape Cod nichts Besseres zu tun, als sich mit einem Bullen anzulegen, und der kennt jetzt das Nummernschild des Transporters. Ich bin mir sicher, dass er inzwischen schon auf der Suche nach ihr ist. Er aß schnell, blickte auf den Kassenbon und warf ein paar schmierige Ein-Dollar-Scheine auf die Theke, wobei er achtundachtzig Cent Trinkgeld hinterließ. Er glitt vom Barhocker hinunter. Seine Jacke war über seinen Bauch hochgerutscht, während er saß,
und er zog sie mit einem Ruck wieder hinunter. Dann schlurfte er zum Gate für das Flugzeug nach Boston.
    Rosita, die College-Studentin im dritten Jahr, die ihn bedient hatte, schaute ihm verächtlich nach. Nicht mal den Senf hat er sich aus den Mundwinkeln gewischt, dachte sie. Wenn man sich vorstellt, man würde abends so einen schwabbeligen Typen zu Hause erwarten, wird einem ganz schlecht. Was für ein unappetitlicher Kerl. Aber was soll’s, dachte sie achselzuckend, wenigstens braucht man sich keine Sorgen zu machen, dass er ein Terrorist sein könnte. Wenn jemand harmlos ist, dann dieses arme Schwein.

71
    ALAN HART, der Nachtportier des Soundview Motel in Hyannis, trat seinen Dienst um sieben Uhr an. Als Erstes berichtete ihm David Toomey, der Manager des Motels, dass Linda Hagen, die Frau in A-49, Officer Tyron den Diebstahl eines Kindersitzes gemeldet hatte. »Ich bin mir sicher, dass sie gelogen hat«, sagte Toomey. »Bestimmt hat die Frau überhaupt keinen Kindersitz dabeigehabt. Al, haben Sie vielleicht zufällig ihren Transporter gesehen, als sie gestern Nacht hier ankam?«
    »Ja, hab ich«, antwortete Hart. Sein schmales, ernstes Gesicht bekam einen nachdenklichen Ausdruck. »Ich schau mir immer die Autos genau an, das wissen Sie. Deswegen hab ich auch die neue Außenlampe installiert. Diese Dünne mit den dunklen Haaren kam irgendwann nach Mitternacht hier an. Ich konnte ihren Transporter gut sehen, und ich hab nicht mal bemerkt, dass sie ein Kind dabeihatte. Es muss auf dem Rücksitz geschlafen haben, aber ganz sicher saß es nicht in einem Kindersitz.«
    »Es hat mich ziemlich genervt, als Sam Tyron bei uns aufgetaucht ist«, sagte Toomey. »Er hat sich erkundigt, ob wir schon öfter mit Diebstählen zu tun gehabt hätten. Als er weg war, hab ich mit dieser Hagen gesprochen. Sie hat einen kleinen Jungen, nicht mehr als drei, vier Jahre alt, soweit ich das sehen konnte. Ich hab ihr gesagt, sie soll ihn ins Krankenhaus
bringen. Der hat so schwer geatmet, das war ja nicht mehr feierlich.«
    »Und, hat sie?«
    »Keine Ahnung. Sie hat behauptet, sie warte noch auf ihre Mutter, dann würden sie gemeinsam zum Krankenhaus fahren.«
    »Sie hat bis morgen gebucht. Sie hat bar bezahlt, mit einem Bündel Zwanziger. Ich hab mir gedacht, sie trifft sich vielleicht mit ihrem Freund hier oben, und sie finanziert das Ganze. Ist sie denn mit dem Kind zurückgekommen?«, fragte Hart.
    »Ich glaube nicht. Vielleicht sollte ich einfach bei ihr anklopfen und mich erkundigen, wie es ihm geht.«
    »Sie glauben wirklich, dass mit der irgendwas nicht stimmt?«
    »Es ist mir völlig piepegal, was mit der Frau ist, Al. Ich denke nur, dass sie sich überhaupt nicht klar macht, wie krank dieser Junge ist. Wenn sie nicht da ist, geh ich nach Hause. Aber ich werde trotzdem noch bei der Polizei vorbeischauen und ihnen sagen, dass es bei uns keinerlei Diebstahl in der letzten Nacht gegeben hat.«
    »Alles klar. Ich werde ein bisschen aufpassen, wann sie wieder auftaucht.«
    Mit einem kurzen Winken ging David Toomey nach draußen, wandte sich nach rechts und lief zum Zimmer mit der Nummer A-49. Hinter den heruntergelassenen Jalousien brannte kein Licht. Er klopfte, wartete. Nach kurzem Zögern zog er seinen Generalschlüssel hervor, sperrte auf, schaltete das Licht ein und betrat das Zimmer.
    Es war offensichtlich, dass Linda Hagen die Absicht hatte, noch einmal zurückzukommen. Auf dem Boden lag ein Koffer mit geöffnetem Deckel, voll gestopft mit Frauenkleidern. Auf dem Bett lag eine Kinderjacke. Toomey stutzte. Sie hatte schon dort gelegen, als er

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