Weil du mich fesselst
jemanden zum Verwöhnen hat«, ließ Anne James wissen.
»Mrs. Hanson kommt auch?«, hakte Francesca nach.
»Aber ja. Wie schon gesagt, wir haben schon seit Langem nicht mehr einen so großen Geburtstagsball veranstaltet. Und als wir solche Feste noch regelmäßiger hatten, war Eleanor unverzichtbar. Jetzt haben wir in Belford nur noch das allernötigste Personal, wir mussten also für die Feiertage noch weitere Helfer engagieren. Die muss Eleanor koordinieren. Lucien und Elise werden auch da sein. Sie kommen am zweiten Feiertag ganz früh und wollen auch in Belford wohnen.«
»Das klingt ja wunderbar«, ließ sich Francesca von Annes Begeisterung anstecken. »Aber um eines muss ich euch noch bitten: Wenn ich bei meinem Aufenthalt dort die ersten Entwürfe für das Bild machen soll, dann brauche ich alle meine Materialien, sobald ich angekommen bin.«
»Überhaupt kein Problem«, beruhigte sie James. Francesca vertraute auf die Fähigkeiten der Nobles, all das zu besorgen, was sie für das Projekt benötigte. Beide waren Mäzene von Kunstmuseen und begeisterte Kunstsammler.
»Aber ich möchte auch, dass du dich ein wenig ausruhst, bevor du mit der Arbeit beginnst«, ergänzte Anne belehrend. »Es ist völlig ausreichend, wenn du Neujahr anfängst.«
»Und wir müssen ja auch feiern«, wandte Gerard lächelnd ein. Er legte seine Hand locker auf Francescas Schulter. »Ich begleite dich zu Lin. Wir treffen euch in zehn Minuten im Everest«, sagte er zu Anne und James.
Francesca war froh, dass ihr das Lachen nicht verrutscht war, als sie Gerards Vorschlag vernommen hatte. Er war den ganzen Tag über ausgesprochen höflich zu ihr gewesen, so bemüht, ja sogar übertrieben zuvorkommend und hatte sich in jedem Moment ihr gegenüber korrekt verhalten. Er gehörte zu Ians Familie – zu jener Einheit, in die sie lange Zeit aufgenommen werden wollte. Beinahe hatte sie ihr Unbehagen darüber, dass er in der vergangenen Nacht versucht hatte, sie zu verführen, wieder vergessen.
Oder vielleicht will ich es auch nur, dass ich es vergesse , fragte sie sich, als er sie, mit seiner Hand auf ihrem Rücken, zum Fusion führte.
Ihre gute Laune begann schon wieder dahinzuschmelzen, als Gerard die Glastüren zum Fusion öffnete. Obwohl sie es doch selbst angeregt hatte, mit Lin zu sprechen, zögerte sie jetzt. Sie war seit Ians Verschwinden nie wieder im Fusion gewesen. Sie hatte hier nicht nur häufig mit Ian gegessen, sie hatten sich hier sogar kennengelernt. Bei dem Empfang zu Francescas Ehren, als sie den hoch dotierten Auftrag erhalten hatte, das zentrale Wandgemälde für die Noble Towers zu gestalten. Im Bruchteil einer Sekunde kam all das wieder in ihr hoch – sie, so linkisch in ihren Klamotten aus dem Secondhandshop und mit dem festen Vorsatz, ihre Unbeholfenheit zu kaschieren; Ian, so fesselnd und intensiv, als er sie mit seinen dunklen Engelsaugen festhielt und ihr erklärte, dass er, und nur er, den Ort bestimmen würde, an dem das Bild hängen solle.
»Ich schlage vor, Sie sehen sich die fragliche Stelle erst einmal an, bevor Sie beleidigt sind, Miss Arno.«
»Francesca«, gab sie zurück. Sie war durch all die Raffinesse und Förmlichkeit des Empfangs zu ihren Ehren damals ein wenig eingeschüchtert gewesen, ganz zu schweigen von seinen arroganten Unterstellungen.
Sie registrierte ein Flackern in seinen blauen Augen. Für den Bruchteil einer Sekunde bereute sie die Sprödigkeit ihres Tonfalls, doch dann nickte sie.
»Francesca«, bestätigte er leise. »Gern. Aber nur, wenn Sie mich Ian nennen.«
Gerards Berührung an ihrer Schulter riss sie aus dieser lebhaften Erinnerung. Er wies hinüber zur Bar. Dort sah sie Lin, elegant und glamourös wie immer, mit einer großen Frau sprechen. Sie nickte. Er ergriff ihre Hand und führte sie durch die laute, gut gelaunte Menge von Feiernden auf der Noble-Party. Ein beeindruckender Weihnachtsbaum erstrahlte hinter den vorbeieilenden Kellnern und sich unterhaltenden Gästen. Ein Jazz-Trio war zur Untermalung der Feier engagiert worden, mehrere Pärchen tanzten zu der Musik. Sie konnte einen Blick auf Elise erhaschen, die weit entfernt in der offenen Küche arbeitete. Ihr schönes Gesicht war vor lauter Konzentration ganz ausdruckslos; sie rührte in einem Topf und gab noch weitere Zutaten dazu. Schon bald hätte sie ihre Fortbildung hier im Fusion abgeschlossen und wäre als Küchenchefin bereit für ihr eigenes Restaurant. Der Anblick ihrer Freundin ermutigte Francesca
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