Weil Ich Euch Liebte
Unfall Alkohol im Spiel gewesen.«
»Was? Trunkenheit am Steuer?«
»So sieht es aus, ja.«
Jetzt mischte sich Wut zu meinem Schock und meiner Trauer. »Wer hat diesen Wagen gefahren? Was für ein hirnverbrannter Idiot –«
»Im anderen Wagen saßen drei Menschen. Einer hat überlebt. Ein Junge auf dem Rücksitz. Die beiden Toten sind sein Vater und sein Bruder.«
»Mein Gott, wer setzt sich denn besoffen hinters Steuer, wenn er seine Jungen dabeihat und –«
»Danach sieht es leider nicht aus, Sir«, sagte der Polizist.
Ich sah ihn an. Worauf wollte er denn hinaus? Dann fiel der Groschen. Nicht der Vater hatte am Steuer gesessen, sondern einer der Söhne.
»Einer der Jungen ist besoffen gefahren?«
»Mr. Garber, bitte. Sie müssen sich beruhigen. Sie müssen mir zuhören. Wie’s aussieht, hat Ihre Frau den Unfall verursacht.«
»Was?«
»Sie hat die falsche Auffahrt genommen, ist dann auf halber Strecke stehen geblieben, mitten auf der Fahrbahn, ohne Licht. Wir gehen davon aus, dass sie eingeschlafen ist.«
»Was reden Sie denn da, zum Teufel noch mal?«
»Und dann«, fuhr er fort, »kam der andere Wagen mit hundert von der Autobahn herunter. Der Fahrer muss den Wagen Ihrer Frau erst im letzten Moment gesehen haben und ist dann voll auf die Bremse gestiegen.«
»Aber er war besoffen, oder?«
»Das wollte ich nicht damit sagen, Mr. Garber. Bitte verzeihen Sie mir, wenn ich Sie das frage, aber setzte sich Ihre Frau öfter ans Steuer, wenn sie getrunken hatte? Normalerweise geht das schon eine ganze Weile so, bis jemand tatsächlich einen Unfall baut –«
Sheilas Wagen ging in Flammen auf.
Zwei
Ich hatte jedes Zeitgefühl verloren. Wie lange stand ich schon vor Sheilas Kleiderschrank? Zwei Minuten? Fünf? Zehn?
In den vergangenen zwei Wochen hatte ich nicht oft hineingeschaut. Ich hatte es sogar tunlichst vermieden. Direkt nach ihrem Tod musste ich natürlich ein wenig darin herumsuchen. Der Sarg würde zwar geschlossen bleiben, trotzdem brauchte der Bestattungsunternehmer was zum Anziehen für sie. Er hatte sein Bestes getan. Die Glasscherben hatten Sheila wie Schrotkugeln durchsiebt. Und die Wirkung der nachfolgenden Explosion, durch die auch das Wageninnere in Mitleidenschaft gezogen worden war, hatte dem Bestatter die Arbeit auch nicht gerade leichter gemacht, obwohl die Feuerwehrleute den Brand schnell gelöscht hatten. Das Ergebnis war etwas, das eine entfernte Ähnlichkeit mit Sheila hatte, als sie noch lebte.
Aber ich musste die ganze Zeit daran denken, wie es Kelly gehen würde, wenn sie Sheila bei der Gedenkzeremonie so sah, dieses Etwas, das ihrer Mutter nur vage ähnelte. Und wie alle anderen Gäste sich genötigt sehen würden zu sagen, dass der Bestatter wahre Wunder vollbracht hatte, was uns beide nur daran erinnern würde, in welchem Zustand das Objekt seiner Bemühungen gewesen war.
Wir nehmen einen geschlossenen Sarg, hatte ich entschieden.
Der Bestatter sagte, genau so würden sie es machen, dennoch brauche er etwas zum Anziehen für Sheila.
Also suchte ich ein dunkelblaues Kostüm heraus, Unterwäsche, Schuhe. Davon hatte Sheila jede Menge, und ich wählte ein Paar halbhohe Pumps. Davor hatte ich schon ein Paar mit höheren Absätzen in der Hand gehabt, doch dann fiel mir ein, dass Sheila die immer unbequem gefunden hatte, und ich stellte sie zurück.
Damals, als ich ihr diesen begehbaren Kleiderschrank gebaut hatte, indem ich ein paar Meter von unserem großen Schlafzimmer abknapste, hatte Sheila zu mir gesagt: »Nur damit das klar ist: Dieser Schrank gehört mir ganz allein. Für dich reicht diese erbärmliche kleine Telefonzelle da drüben, mehr wirst du dein Lebtag lang nicht brauchen, und ich verbitte mir jeden Übergriff auf mein Territorium.«
»Was mir Sorgen macht«, hatte ich erwidert, »ist, dass du auch einen Flugzeughangar füllen könntest, wenn ich dir einen bauen würde. Dein Zeug dehnt sich immer auf den Raum aus, den man ihm zugesteht. Jetzt mal ehrlich, wie viele Taschen braucht ein einziger Mensch?«
»Und wie viele Elektrowerkzeuge braucht ein einziger Mensch für eine einzige Arbeit?«
»Sag mir nur, hier und jetzt, dass du dich auf dein Territorium beschränken wirst. Dass du nie, nie, nie irgendwas von deinen Sachen in meinen Schrank stopfen wirst, der eh schon nicht größer ist als eine Minibar.«
Statt einer direkten Antwort legte sie die Arme um mich, drängte mich an die Wand und sagte: »Weißt du, was ich glaube, wofür dieser Schrank
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