Weil Ich Euch Liebte
den Hörer aus der Hand und knallte ihn auf die Gabel.
»Jetzt wird nicht telefoniert, du kleines Luder«, sagte er.
Kellys Lippe zitterte. So hatte Fionas Mann noch nie mit ihr gesprochen. Marcus packte sie am Handgelenk und drückte fest zu. »Fang jetzt bloß nicht an zu plärren!«
»Du tust mir weh«, sagte Kelly. »Lass mich los! Lass los!«
»Setz dich hin«, sagt er und zwang sie auf das Sofa hinter dem Couchtisch. Er stellte sich so hin, dass sie nicht aufstehen konnte. Die Kleine wimmerte.
»Das geht mir auf die Nerven«, sagte er zu ihr. »Hör sofort auf, oder ich dreh dir den Hals um.«
Kelly bemühte sich, ihr Schluchzen zu unterdrücken. Seltsame Geräusche drangen aus ihrer Kehle. Sie wischte sich mit dem Zeigefinger die Nase ab und versuchte auch, sich die Tränen von den Wangen zu wischen.
Minutenlang stand Marcus nur da und führte Selbstgespräche. »… muss was tun«, sagte er. Unvermittelt packte er Kelly am Handgelenk. »Ein Spaziergang. Wir machen jetzt einen Spaziergang.«
»Ich will aber nicht«, protestierte Kelly.
»Das ist doch prima. Die frische Luft wird uns guttun.«
»Nein!«, schrie Kelly. »Ich will nicht!«
In diesem Augenblick ging die Eingangstür auf, und Fiona kam herein. »Jetzt hab ich doch tatsächlich mein –«
Was für ein Anblick. Marcus, knallrot und bebend, hielt Kelly fest. Die Kleine weinte, die Augen vor Angst weit aufgerissen.
»Grandma!«, rief sie und versuchte, sich loszureißen. Aber Marcus ließ nicht locker.
»Was ist denn hier los?«, fragte Fiona streng. »Marcus, lass das Kind los!«
Aber er ließ nicht los. Kelly schrie weiter.
»Marcus!«, rief Fiona. »Ich habe gesagt, du –«
»Halt die Klappe, Fiona«, sagte er. »Halt deine verdammte Klappe.«
»Bist du übergeschnappt? Was machst du denn da?«
»Was hab ich gesagt?«, brüllte er sie an. »Hast du nicht gehört, was ich gesagt hab? Du sollst die Klappe halten, oder ich dreh ihr den Hals um. Ich schwöre bei Gott, ich tu’s.«
Fiona machte zwei zaghafte Schritte auf ihn zu. »Marcus, so sag mir doch –«
»Wo ist dein Schlüssel?«
»Was?«
»Dein Autoschlüssel. Wo ist der?«
»Marcus, was du auch vorhast, es ist Wahnsinn.«
Marcus legte Kelly einen Arm um den Hals.
»Er ist im Wagen. Ich hab ihn stecken lassen.«
»Geh mir aus dem Weg. Kelly und ich fahren weg.«
»Bitte Marcus, sag mir doch, was eigentlich los ist.«
»Es ist wegen Emilys Mom«, platzte Kelly heraus.
»Was?«
»Hör gar nicht hin«, sagte Marcus. »Das ist nur dummes –«
Draußen wurde eine Autotür zugeschlagen.
Neunundfünfzig
Das Erste, was ich sah, als ich in Fionas Wohnzimmer stürzte, war Marcus, der einen Arm um Kellys Hals geschlungen hatte. Dann Fiona, kreidebleich vor Angst.
»Bleib, wo du bist«, sagte er, und ich gehorchte.
»Alles ist okay, Mäuschen«, sagte ich. »Es wird alles gut. Daddy ist da.«
»Hast du Fionas Wagen blockiert?«, fragte Marcus. »Wir werden jetzt nämlich wegfahren.«
»Es ist zu spät, Marcus. Ich weiß es. Die Polizei weiß es.«
»Die wissen gar nichts«, sagte er.
»Wissen was nicht?«, fragte Fiona. »Was wissen sie nicht?«
»Ann ist an diesem Abend noch mal weggefahren, um sich mit dir zu treffen, stimmt’s?«, sagte ich. »Weil sie dich nämlich erpresst hat. Du hast sie an diesem Abend rausgelockt, um sie umzubringen.«
Marcus’ Augen funkelten vor Wut. »Das ist nicht wahr.« Er sah Fiona an. »Es ist nicht wahr.«
Ungläubig sah Fiona erst mich und dann wieder Marcus an.
Ich sagte: »Und ob das wahr ist. Ann sagt deinen Namen. Auf dem Video.«
»Ich wollte nur mit ihr reden«, sagte er. »Sie ist hingefallen. Es war nicht meine Schuld. Es war ein Unfall. Frag doch die Polizei. Sie hatte einen Platten. Sie ist ausgestiegen, um nachzusehen.«
Woher sollte Marcus das wissen? Doch nur, wenn er diesen »Unfall« selbst inszeniert hatte.
Fiona stand neben dem Couchtisch. »Marcus, das kann doch nicht wahr sein«, sagte sie.
»Es ist vorbei, Marcus«, sagte ich. »Ich habe dieses Video, auf dem Ann deinen Namen sagt, an alle Kontakte aus meinem E-Mail-Adressbuch geschickt. Alle werden es erfahren, Marcus. Lass Kelly los.«
Doch er hielt sie weiter fest.
»Ich bitte dich« sagte ich. »Sie ist doch nur ein kleines Mädchen.«
»Ich will einen Vorsprung«, sagte er. »Ich nehme sie mit, du gibst mir eine halbe Stunde, dann lass ich sie irgendwo aussteigen.«
»Nein«, sagte ich. »Aber ich gebe dir einen Vorsprung, wenn du Kelly
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