Weil Ich Euch Liebte
Echtes war.
So ungefähr wie jetzt gerade.
»Das war ja eine ganz schön turbulente Zeit für dich«, sagte Marcus. »Seit dieser komischen Übernachtung bei deiner Freundin.«
»Ja«, sagte Kelly.
»Fiona – Grandma –, als sie dir all diese Fragen stellte über das, was passiert ist, während du dich im Schrank von Emilys Mutter versteckt hast, ich hab dir angesehen, dass dir das ziemlich unangenehm war.«
Kelly nickte. »Schon irgendwie.«
»Kann ich mir vorstellen.«
»Ich durfte ja auch gar nicht darüber reden. Ich meine, Emilys Mom hat das gesagt, und Dad wollte auch nicht, dass ich darüber rede. Und schon gar nicht mit Emilys Dad, der hat sich nämlich furchtbar aufgeregt und wollte unbedingt wissen, was ich gehört habe.«
»Aber du hast es ihm nicht gesagt.«
Kelly schüttelte entschieden den Kopf.
»Aber jetzt, wo der böse Mann tot ist«, fuhr Marcus fort, »ist das alles wahrscheinlich nicht mehr wichtig. Unter diese Geschichte kannst du jetzt endgültig einen dicken Strich ziehen.«
»Dann kann ich ja jetzt vielleicht auch das Video auf meinem Handy löschen.«
Marcus kniff die Augen zusammen. »Das Video? Welches Video denn?«
»Das ich gemacht hab, während ich im Schrank war.«
Marcus hustete. »Du hast ein Video gemacht, während du im Schrank warst? Von Ann Slocum? Während sie telefonierte?«
Kelly nickte. Jetzt kam ihr Marcus’ Lächeln besonders unecht vor.
»Hast du dein Handy dabei?«, fragte er. Als Kelly nickte, sagte er: »Zeig’s mir.«
Kelly holte es aus ihrer Hosentasche, tippte auf ein paar Tasten, dann setzte sie sich neben Marcus auf das Korbsofa und hielt ihm das Handy hin, damit er sich das Video ansehen konnte.«
»Siehst du, ich drücke einfach da drauf, und da ist es schon.«
»Hey. Kannst du reden?«
»Was ist das?«, fragte Marcus. »Wann war das?«
»Das war gleich, nachdem sie reingekommen ist. Sie hat jemanden angerufen, der sich am Handgelenk verletzt hat.«
»… wenn’s bei dir geht. Aber eins muss ich dir sagen: Ich brauche –«
»Mit wem redet sie da?«, fragte Marcus.
Kelly zuckte mit den Achseln. »Das weiß ich nicht. Ich weiß auch nicht, wer der zweite Anrufer war.«
»Der zweite?«
»Siehst du, gerade hast du’s verpasst, weil du so viel geredet hast«, rügte sie ihn. »Sie bekommt einen zweiten Anruf, darum verabschiedet sie sich von der ersten Person. Ich geh noch mal zurück, damit du’s hören kannst.«
»Was soll das? … doch nicht … anrufen … mein Handy ist aus …«
»Hörst du? Das ist der zweite Anrufer«, sagte Kelly.
»Psssssst!«
Marcus sagte es so grob, dass es sich für Kelly wie eine Ohrfeige anfühlte. Jetzt lächelte er nicht mehr.
»… etwas anderes zurück … Für neue Angebote –«
»Mach das aus«, sagte Marcus.
»Aber da kommt noch was«, sagte Kelly.
»Du machst das jetzt aus. Sofort.«
Kelly fand es merkwürdig, dass er auf einmal nichts mehr sehen wollte, wo es ihn doch gerade noch so brennend interessiert hatte.
Sie rückte von ihm ab. Marcus stand auf. Er machte ein finsteres Gesicht. Sie fand es unheimlich, wie schnell bei Erwachsenen die Laune umschlagen konnte.
»Geh spielen«, schnauzte er sie an.
»Gut«, sagte Kelly. »Ich hoffe, dass mein Dad bald kommt.«
Sie ging in das Zimmer, das sie benutzte, wenn sie zu Besuch war, und fing an, die wenigen Kleidungsstücke, die sie mitgebracht hatte, aus der Schublade zu räumen. Wenn Marcus jetzt zu spinnen anfing, dann war sie erst recht froh, bald hier wegzukommen.
Den Koffer hatte sie in wenigen Minuten gepackt. Dann nahm sie ihr Handy, um das Video zu löschen. Doch sie überlegte es sich anders. Wegen Marcus hatte sie es nicht zu Ende ansehen können. Daher beschloss sie, es sich noch einmal ganz anzusehen.
Sie holte die Kopfhörer, die sie mitgebracht hatte, um mit dem Handy Musik zu hören, und schloss sie an. Dann ließ sie das Video laufen.
Und gleich noch einmal.
Und ein drittes Mal.
Sie begriff zwar nicht, was Marcus so wütend gemacht hatte, dafür entdeckte sie etwas, das ihr davor noch nie aufgefallen war.
Sie zog die Kopfhörer aus dem Handy und machte sich auf die Suche nach ihm, auch wenn er so gereizt war. Sie fand ihn in der Küche, wo er auf und ab lief.
»Soll ich dir was echt Komisches sagen?«
»Was?«, fragte er. Seine Laune schien sich nicht gebessert zu haben.
Kelly hob das Handy hoch und sagte: »Stell dir vor, in dem Video hört es sich fast so an, als ob Emilys Mom deinen Namen
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