Weil Ich Euch Liebte
hatte gerade noch Zeit, mich mit einem undeutlichen »Tschüs« zu verabschieden, dann waren sie schon auf und davon.
»Das nenn ich einen tränenreichen Abschied«, sagte ich zu Ann.
Sie lächelte, ging an mir vorbei und nahm dabei meinen Arm, um mich in die Diele zu führen.
»Danke, dass Kelly heute hierbleiben darf«, sagte ich. »Sie ist total aus dem Häuschen.«
»Keine Ursache.«
Ann Slocum war Mitte dreißig, zierlich und hatte kurzes, schwarzes Haar. Schicke Jeans, ein seidiges blaues T-Shirt und passende Armbänder. Das Ganze wirkte recht einfach, hatte sie aber wahrscheinlich mehr gekostet, als ich für einen Makita Bohrhammer mit variabler Geschwindigkeit und sämtlichem Zubehör hinblättern müsste. Ihre Arme waren schön straff und der Bauch unter den kleinen Brüsten flach. Sie sah aus wie jemand, der regelmäßig ins Fitnessstudio ging, doch entsann ich mich, dass Sheila einmal gesagt hatte, Ann habe ihre Mitgliedschaft dort gekündigt. Wahrscheinlich konnte man so was auch zu Hause machen. Von Ann ging etwas Besonderes aus, wie ein Duft. Wie sie sich bewegte, wie sie den Kopf neigte, wenn sie einen ansah, wie sie einem zu verstehen gab, dass sie wusste, dass man sie ansah, wenn sie vorüberging. Eine Frau wie sie konnte einem ganz schön den Kopf verdrehen, wenn man sich nicht in Acht nahm.
Ich nahm mich in Acht.
Darren Slocum kam aus dem Esszimmer. Er war durchtrainiert, etwa einen Kopf größer als Ann und ungefähr in ihrem Alter, nur dass sein Haar vorzeitig ergraut war. Mit seinen hohen Wangenknochen und den tiefliegenden Augen sah er ziemlich einschüchternd aus, was für ihn sicher kein Nachteil war, wenn er Autofahrer an den Straßenrand winkte, weil sie das Tempolimit in Milford überschritten hatten. Er streckte mir eine Hand entgegen. Sein Händedruck war kräftig, gerade noch erträglich, und ließ keinen Zweifel aufkommen, wer hier die Vorherrschaft beanspruchte. Doch auch wenn man Häuser baut, ist man es gewohnt, ordentlich zuzulangen. Und das tat ich auch. Ich legte meine Handfläche fest an die seine und drückte, was das Zeug hielt. Da hast du, du Mistkerl.
»Hey«, sagte er. »Wie geht’s denn so?«
Sheila und Ann waren Freundinnen, und Belinda war die Dritte im Bunde. Doch diese Freundschaft war reine Frauensache, Zutritt für Ehemänner verboten, und wahrscheinlich war ich nicht der einzige Ehemann, dem das nur recht war.
»Mensch, Darren, was für ’ne blöde Frage«, sagte Ann peinlich berührt und sah mich entschuldigend an.
Ihr Mann warf ihr einen Blick zu. »Verzeihen Sie. Das sagt man halt so.«
Mit einem Kopfschütteln gab ich ihm zu verstehen, dass er sich keine Gedanken machen solle, doch für Ann war die Angelegenheit noch nicht erledigt. »Erst denken, dann reden.«
Wie schön. Ich war mitten in einen Ehezwist geraten. Ich versuchte abzulenken, indem ich sagte: »Das wird Kelly richtig guttun. Sie hatte jetzt zwei Wochen lang nur mich zur Gesellschaft, und ich war nicht unbedingt ein blendender Unterhalter.«
Ann sagte: »Emily wollte partout, dass Kelly bei ihr übernachtet. Sie hat uns Tag und Nacht bekniet, bis wir es erlaubt haben. Vielleicht tut es ja allen gut.«
Aus der Küche drang das Gekicher und Gegacker der Mädchen zu uns. Ich hörte Kelly rufen: »Pizza, ja!« Darren sah verstört in die Richtung, aus der der Krach kam.
»Wir werden gut auf sie aufpassen«, sagte Ann, und dann, zu ihrem Mann: »Stimmt’s, Darren?«
Er riss den Kopf herum. »Hmm?«
»Ich sagte, wir werden gut auf sie aufpassen.«
»Aber sicher«, sagte er beinahe abweisend. »Selbstverständlich.«
»Ich sehe, Sie wollen Ihren Pick-up verkaufen.«
Darrens Miene erhellte sich. »Interessiert?«
»Im Augenblick bin ich eigentlich nicht –«
»Ich mach Ihnen auch einen Wahnsinnspreis. Er hat 310 PS und zweieinhalb Quadratmeter Ladefläche, genau das Richtige für jemanden wie Sie. Machen Sie mir ein Angebot.«
Ich schüttelte den Kopf. Ich brauchte keinen neuen Pick-up. Und für den Totalschaden an Sheilas Subaru würde ich auch keinen Cent bekommen. Sie hatte den Unfall verursacht, also würde die Versicherung nicht zahlen. »Tut mir leid«, sagte ich. »Wann soll ich Kelly denn wieder abholen?«
Ann und Darren wechselten einen Blick. Ann, die Hand schon an der Türklinke, sagte: »Am besten sie ruft Sie an. Sie wissen ja, wie die zwei drauf sind. Wenn sie nicht früh genug ins Bett kommen, werden sie morgen nicht unbedingt mit den Hühnern aufstehen.«
Als
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