Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Weil ich Layken liebe

Weil ich Layken liebe

Titel: Weil ich Layken liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen Hoover
Vom Netzwerk:
einem Exemplar der Kopien.
    »Das ist eine Auswahl eurer gesammelten Werke. Die Texte stammen von Schülern aus diesem und meinen anderen Kursen. Ich möchte, dass ihr sie lest und anschließend Punkte von eins bis zehn vergebt, wobei eins die schlechteste Bewertung ist. Schreibt die Punkte bitte unten rechts in dieEcke. Ihr sollt dabei ganz subjektiv vorgehen – wenn euch ein Stück nicht gefällt, bewertet es auch schlecht. Es geht mir darum, anhand der Gesamtpunktzahl den besten und den schlechtesten Text zu finden. Okay? Dann mal los.« Er setzt sich an sein Pult und lehnt sich zurück.
    Irgendetwas daran stört mich. Es kommt mir unfair vor. Ohne nachzudenken, habe ich auch schon die Hand gehoben.
    Will sieht mich an und nickt.
    »Was für einen Sinn hat diese Aufgabe?«, frage ich.
    Sein Blick wandert durchs Klassenzimmer, dann sagt er: »Stell die Frage noch mal, wenn alle ihre Punkte verteilt haben.«
    Er wirkt extrem angespannt.
    Kurz nachdem ich begonnen habe, das erste Gedicht zu lesen, zieht Will zwei Formulare aus der Schublade, füllt sie aus, steht auf und geht nach hinten. Als ich mich umdrehe, um zu sehen, was er macht, legt er gerade eines davon auf Eddies Tisch, die danach greift und es stirnrunzelnd liest. Auf dem Rückweg legt er das andere Formular auf meinen Tisch. Es ist eine schriftliche Verwarnung und ein Termin zum Nachsitzen.
    Ich sehe Eddie an, die ratlos mit den Schultern zuckt. Nimmt er es uns etwa wirklich so übel, dass Eddie Bescheid weiß? Das ist doch völlig übertrieben. Gereizt zerknülle ich den Zettel und ziele quer durchs Zimmer auf den Mülleimer neben der Tür. Volltreffer.
    Als nach einer halben Stunde alle die Texte bewertet haben, lässt Will die Kopien wieder einsammeln, holt einen Taschenrechneraus der Schublade und addiert die vergebenen Punkte.
    Schließlich steht er auf, stellt sich vor sein Pult und hält den Zettel mit dem Gesamtergebnis in die Höhe. »Ihr könnt es wahrscheinlich gar nicht erwarten zu hören, welcher Text am schlechtesten angekommen ist und welcher die meisten Punkte bekommen hat, stimmt’s?« Lächelnd sieht er in die Runde. Nachdem niemand etwas sagt, hebt Eddie schließlich die Hand.
    »Diejenigen, deren Texte dabei waren, wollen vielleicht gar nicht wissen, wie ihr Text abgeschnitten hat. Meiner war dabei und ich kann ganz klar sagen, dass ich es nicht wissen will.«
    »Aha.« Will hebt die Augenbrauen. »Warum hast du ihn dann überhaupt geschrieben und beim Slam vorgetragen, wenn es dir egal ist, was die anderen davon halten?«
    Eddie denkt einen Moment nach. »Sie meinen, abgesehen davon, dass ich wusste, dass ich dann keinen Abschlusstest schreiben muss?«
    Will nickt.
    »Na ja, wahrscheinlich, weil ich etwas zu sagen hatte.«
    »Layken?«, wendet Will sich an mich. »Wie war deine Frage von vorhin noch mal?«
    Meine Frage … Ich muss einen Moment nachdenken, bis sie mir wieder einfällt. »Ich hatte gefragt, was diese Aufgabe für einen Sinn hat«, sage ich.
    »Hier meine Antwort.« Will hält mit beiden Händen den Zettel in die Höhe, auf dem die Punkte stehen, und reißt ihn dann in der Mitte durch. Anschließend greift er hinter sichnach dem Stapel mit den bewerteten Texten, geht zum Papierkorb und stopft ihn hinein. Dann geht er zur Tafel, schreibt etwas und tritt zur Seite.
    »Der Punkt sind nicht die Punkte. Der Punkt ist Poesie.« Allan Wolf
    Es ist still in der Klasse, während wir alle über diesen Satz nachdenken. Nach einer Weile sagt Will: »Es sollte euch vollkommen egal sein, was andere von dem halten, was ihr vortragt. Wenn ihr vorne auf der Bühne steht, teilt ihr ein Stück eurer Seele mit den Zuhörern, und das lässt sich nicht mit Punkten bewerten.«
    Es gongt. An jedem anderen Tag würden jetzt alle aufspringen und zur Tür drängen, aber diesmal rührt sich keiner.
    »Das war’s für heute. Morgen erkläre ich euch, welchen Sinn und Zweck es haben kann, eure Gedanken in Worte zu fassen und zu Poesie zu machen«, kündigt er an.
    Mir wird mit einem Mal verblüfft bewusst, dass ich irgendwann im Laufe der letzten Minuten vergessen habe, dass es Will ist, der da vor mir steht. Dass ich ihm zugehört habe, als wäre er wirklich nur mein Lehrer.
    Javi springt als Erster auf und gibt so das Zeichen zum allgemeinen Aufbruch. Ich sehe, wie Eddie mit der schriftlichen Verwarnung in der Hand auf Will zugeht, der sich umgedreht hat, um die Tafel zu wischen. Ach stimmt, er hat uns ja zum Nachsitzen verdonnert. Das hatte

Weitere Kostenlose Bücher