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Weil sie sich liebten (German Edition)

Weil sie sich liebten (German Edition)

Titel: Weil sie sich liebten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anita Shreve
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sie.

Geoff
    A ls neuer Leiter der Avery Academy bin
ich der Meinung, dass die Art und Weise, wie mit dieser Angelegenheit
umgegangen wurde, für die Schule alles nur verschlimmert hat. Ich habe mich in
den letzten zwei Jahren bemüht, den beträchtlichen Schaden, der damals
angerichtet wurde, wiedergutzumachen, aber es war ein harter Kampf. Infolge des
Pressewirbels, in den wir hineingezogen wurden, und der verschiedenen noch
laufenden Gerichtsverfahren, kann das alles nicht so einfach abgehakt werden.
Wenn in etwa einem Monat wieder der einundzwanzigste Januar heranrückt, werden
Reporter die Schüler ausquetschen. Ich kann Ihnen jetzt schon sagen, wie diese
Berichte beginnen werden. »Genau zwei Jahre nach dem spektakulären Fall
sexueller Nötigung an der Avery Academy« – bla-bla-bla. Wir bekommen kaum noch
Spenden, kaum noch Bewerbungen, und unsere Einnahmen sind total im Keller.
Hätte Mike Bordwin nicht versucht, alles zu vertuschen, und die Jungen nicht
ohne Beistand ihrer Eltern oder eines Anwalts zu Geständnissen gezwungen, und
hätten wir die Jungen sofort der Polizei übergeben, dann würden wir jetzt nicht
in solchen Schwierigkeiten stecken. Ich meine, Schwierigkeiten hätte es
natürlich gegeben, aber nicht in diesem Ausmaß. Vorher konnte man es am
Fehlverhalten von ein oder zwei Schülern festmachen. Als Bordwin mit der Sache
fertig war, waren alle vom Schulleiter abwärts in ein zweifelhaftes Licht
geraten.
    Wir wussten es damals nicht, aber Teile der Filmaufnahmen waren
schon am Montag danach ins Internet gestellt worden. Das Material war von sehr
schlechter Qualität, darüber kann ich natürlich nur froh sein, aber ich bin
sicher, dass jede Menge Schüler die Aufnahmen gesehen hatten.  Von aufrechten jungen Burschen wie Silas und
Rob hätte man vielleicht erwarten können, dass sie das melden, sobald sie davon
gehört hatten, aber wer weiß schon, wie man reagiert, wenn man sich mit so tief
beschämenden Zeugnissen des eigenen Verhaltens konfrontiert sieht.
    Am Nachmittag des vierundzwanzigsten Januar habe ich mit Kasia
Gorzynski gesprochen. Sie berichtete mir, dass Bordwin sie gebeten hatte,
nichts von der Existenz des Bandes zu sagen, und es in seinem Safe eingesperrt
hatte. Es war, wie ich hörte, von Arlene Rodrigues konfisziert worden, die drei
Jungen dabei überraschte, wie sie sich in einem Wohnheimzimmer das Original auf
einem Fernsehbildschirm ansahen. Als ich mich noch am selben Nachmittag mit ihr
unterhielt, teilte sie mir mit, dass Bordwin auch sie um Stillschweigen gebeten
hatte. Wir waren uns einig, dass es unmöglich ist, eine solche Sache unter den
Teppich zu kehren, und entschieden gemeinsam, dass ich selbst mit Bordwin
sprechen würde. Das habe ich dann unmittelbar nach dem Hockeytraining auch
getan. Ich trainierte damals das Hockeyteam der Schule.
    Als ich Bordwin in seinem Büro nicht antraf, suchte ich ihn zu Hause
auf. Er machte mir selbst die Tür auf.
    »Geoff«, sagte er, allem Anschein nach gar nicht erfreut, mich zu
sehen. Aber vielleicht war er auch einfach erschöpft. »Treten Sie ein, treten
Sie ein«, sagte er. »Setzen Sie sich. Meg ist in einer Besprechung. Möchten Sie
etwas trinken?«
    Ich lehnte ab. Mir schien das nicht die Art Gespräch zu sein, bei
dem man nebenbei ganz locker ein Glas zusammen trinken kann.
    Er führte mich in das Wohnzimmer, in dem ich schon oft gewesen war.
Er nahm den Ohrensessel, ich setzte mich aufs Sofa. »Ich mache es kurz«, sagte
ich. »Wie ich höre, sind Sie in Besitz eines kleinen Films.«
    »Das ist richtig«, bestätigte er, während er sich in seinem Sessel
zurechtsetzte. »Er ist im Bürosafe eingesperrt.«
    »Offenbar wissen mehrere Leute, sowohl Schüler als auch Lehrer, von
dem Band oder haben die Aufnahmen sogar gesehen«, sagte ich. »Teile des Materials
sind meines Wissens bereits im Internet zu besichtigen.«
    Bordwin wurde blass. »Das habe ich befürchtet.«
    »Wir müssen sofort etwas unternehmen«, sagte ich.
    Bordwin schwieg einen Augenblick. »Ich lasse die drei Jungen gleich
morgen früh zu mir ins Büro kommen«, erklärte er dann und fügte nach einer
kleinen Pause hinzu: »Ich konfrontiere sie mit den Tatsachen und teile ihnen
mit, dass bei einer Anhörung am Freitag über einen möglichen Schulausschluss
entschieden wird.«
    Der Disziplinarausschuss sollte am Freitagnachmittag zusammentreten,
wie er das jede Woche tut, um Verstöße gegen die Schulvorschriften zu
verhandeln.
    Ich beugte mich vor. »Wir

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