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Weil sie sich liebten (German Edition)

Weil sie sich liebten (German Edition)

Titel: Weil sie sich liebten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anita Shreve
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immer wieder vor die anwesende Person schoben. Er war selbst verwirrt. Sie
änderte ihre Geschichte so oft, dass er meinte, sich irgendwo in ihren
labyrinthischen Ausführungen verirrt zu haben. Schließlich konnte er nicht mehr
tun, als sie in ihr Zimmer zurückzuschicken und zu ermahnen, noch einmal über
den fraglichen Abend nachzudenken, bevor sie in einigen Stunden erneut miteinander
sprechen würden. Er meinte, sie habe verstanden, dass er mit ihr gemeinsam ihre
Eltern anrufen wollte.
    Erschöpft und mit Grauen wartete er auf die Jungen, die Kasia zu ihm
bestellt hatte. Silas’ Mutter – Anna – würde dem Band nicht glauben können. Er
konnte sich nicht vorstellen, dass sie vor einem Fernsehschirm sitzen und sich
ansehen würde, was ihr Sohn da tat, ohne dass es ihr das Herz bräche. Er sollte
sie anrufen und sie über den Zwischenfall und das bevorstehende Gespräch mit
Silas unterrichten. Er würde sie bitten, sich das Band nicht anzusehen. Kasia
riss ihn aus seinen Überlegungen, als sie hereinschaute, um ihm mitzuteilen,
dass Rob und J. Dot auf dem
Weg seien, Silas jedoch nicht zu finden sei. Mike bemühte sich, seine
Erleichterung zu verbergen. »Suchen Sie weiter«, sagte er.
    Gleich darauf klopfte es zaghaft. Dann trat Rob ins Zimmer. Er sah
Mike nicht an und fragte nicht, was es denn gebe, für Mike ein Beweis, dass er
genau wusste, worum es ging. Mike fiel auf, dass er sehr korrekt gekleidet war
und das königsblaue Polohemd ordentlich in den Gürtel seiner Chinos gesteckt
trug. Seine Baseballmütze trug er in der Hand.
    »Wir warten noch auf J. Dot«,
erklärte Mike, den Spitznamen gebrauchend, den der Junge unter seinen Kameraden
hatte. Rob schloss einen Moment die Augen. »Silas ist bis jetzt nicht zu
finden«, fügte Mike hinzu.
    Rob nickte.
    Mike hatte Mühe, die Fragen zurückzuhalten, die ihn persönlich am
meisten beschäftigten. Warum? Was habt ihr euch dabei
gedacht? Er fragte sich, ob Rob wusste, dass er das Band gesehen hatte.
Er fragte sich, ob Rob das Band gesehen hatte. Er stellte es sich unglaublich
schwierig vor, sich im Beisein anderer beim Sex zuzusehen.
    Da die Tür offen stand, trat J. Dot
unaufgefordert ein. J. Dot,
der die Kleiderordnung bis an die Grenzen strapazierte, hatte sein Hemd nur
hinten notdürftig in den Gürtel gesteckt, der Rest hing schlampig über die
Hose, die sicher fast eine Handbreit tiefer saß als die von Rob. Die beiden
Jungen sprachen nicht miteinander, wechselten nicht einmal einen Blick. J. Dot setzte sich auf den Stuhl neben
Rob.
    Mike sah keinen Anlass, um den heißen Brei herumzureden. Wenn es
nach ihm ging, sollte das Gespräch nicht eine Sekunde länger dauern als
unbedingt nötig. Er sagte den Jungen, dass er das Band gesehen hatte. Rob
senkte den Kopf. J. Dot fragte
frech: »Welches Band?«
    »Das Band, auf dem Sie beide beim Sex mit einem minderjährigen
Mädchen zu sehen sind«, antwortete Mike.
    »Ich weiß nichts von einem solchen Band«, entgegnete J. Dot.
    »Es liegt in meinem Safe«, sagte Mike. »Ich lasse gern ein
Fernsehgerät bringen, damit wir es uns gemeinsam ansehen können.«
    »Nein! Das ist nicht nötig«, rief Rob mit einem scharfen Blick zu J. Dot.
    »Was zum Teufel sollte das?«, fragte Mike, dessen Zorn sich endlich
Luft machte. »Wissen Sie eigentlich, wie alt das Mädchen ist, mit dem Sie den
Geschlechtsverkehr ausgeübt haben? Vierzehn. Das Mädchen ist vierzehn Jahre
alt. Ist Ihnen klar, dass Sex mit einer Minderjährigen in diesem Staat den
Tatbestand der sexuellen Nötigung erfüllt und damit
ein Verbrechen ist, das mit Gefängnis bestraft werden kann?«
    Rob schaffte es noch immer nicht, Mike ins Gesicht zu blicken. J. Dot lehnte sich in, wie Mike fand,
unangemessen lässiger Pose auf seinem Stuhl zurück. »Sie wollte es«, behauptete
er. »Fragen Sie sie. Sie wird’s Ihnen schon sagen. Sie hat sich an uns
rangeschmissen.«
    »Und was haben Sie getan?«, fragte Mike. »Haben Sie sie freundlich
abgewehrt? Haben Sie dafür gesorgt, dass sie sicher und wohlbehalten in ihr
Wohnheim zurückkam? Nein, ganz im Gegenteil, Sie haben, wie es scheint, die
Unvernunft eines naiven jungen Mädchens gründlich ausgenützt.«
    »Sie war nicht naiv«, widersprach J. Dot.
    »Und wie kommen Sie darauf?«, erkundigte sich Mike.
    »Sie haben doch das Band gesehen«, versetzte J. Dot, der damit zugab, dass er sehr
wohl von der Existenz des Bandes wusste. »Was glauben Sie denn?«
    »Ich glaube, dass Sie beide Riesenärger bekommen

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