Weil sie sich liebten (German Edition)
bestehen. Ich weiß alles – wie du riechst, wie gern du dich
seitlich am Hals küssen lässt, obwohl du dabei immer lachen musst, und ich weiß
genau, wie du es am liebsten hast, wenn wir miteinander schlafen, obwohl ich
immer dachte, es gäbe noch eine Menge zu lernen, und wir könnten es zusammen
lernen. Selbst wenn du mit mir reden oder mir eines Tages vielleicht sogar in
die Augen sehen würdest, würdest du keine Liebe mehr von mir wollen, und das
würde mich umbringen, deshalb ist es besser, wenn ich dich nie wiedersehe,
obwohl mich das, glaube ich, auch umbringen wird.
Manchmal denke ich an das Mädchen und wie es ihr jetzt wohl geht.
Ich habe sie vorher nicht gemocht, und ich mag sie auch jetzt nicht. Sie war
krank, sie war verrückt nach Sex und hat genau gewusst, wie sie uns auch
verrückt nach Sex machen kann, ich verstehe nicht, dass wir uns überhaupt nicht
geschämt haben. Ich weiß nicht, wo das Schamgefühl geblieben ist.
Wahrscheinlich nimmt einem das der Alkohol. Wahrscheinlich ist das der Sinn des
Trinkens, alle Gefühle und Gedanken und allen Anstand zu betäuben, bis man nur
noch Körper ist und tut, was der Körper will. Aber manchmal muss ich an sie
denken, sie war so jung, und dann frage ich mich, ob sie sich schämt, ja,
bestimmt schämt sie sich, außer sie kann sich nicht erinnern, und das wünsche
ich ihr, dass sie sich nicht erinnern kann.
Gary
A m Mittwoch, dem fünfundzwanzigsten
Januar, ging bei meinem Deputy, Bernard Herrmann, und mir ein Anruf vom Vater
einer Schülerin an der Avery Academy ein.
Der Vater erklärte, seine Tochter habe ihm gesagt, sie sei am vorangegangenen Samstagabend in einem
Wohnheimzimmer der Avery Academy vergewaltigt worden.
Das Opfer war zu dem Zeitpunkt vierzehn Jahre alt und Schülerin der
neunten Klasse.
Später benannte das Mädchen drei Schüler, die an der Tat beteiligt
waren.
Deputy Herrmann und ich fuhren sofort zur Avery Academy, um mit dem
Schulleiter, Michael Bordwin, zu sprechen. Wir wollten wissen, ob er die
Informationen, die uns vorlagen, bestätigen und uns sagen konnte, wo das
mutmaßliche Opfer und die drei jungen Männer, die angeblich die Tat verübt
hatten, zu finden waren.
Die jungen Männer waren Robert Leicht, achtzehn Jahre alt; Silas
Quinney, achtzehn Jahre alt; und James Robles, neunzehn Jahre alt.
Mr. Bordwin geriet ziemlich
außer Fassung angesichts der Beschuldigungen. Er bestand darauf, uns zu dem
Gespräch mit der jungen Frau zu begleiten, die die Beschuldigungen vorgebracht
hatte.
Wir trafen ungefähr um zwölf Uhr mittags im Upworth-Wohnheim ein und
fanden das Opfer in erregtem Zustand vor. Obwohl der Vorfall vier Tage zurücklag,
schluchzte die junge Frau beinahe hysterisch.
Bei ihr war ihre Zimmergenossin Laura Stanton, vierzehn Jahre alt.
Trotz der anfänglichen Erregung erholte sich das Opfer bald, hörte
zu weinen auf und verlangte, eine Aussage machen zu dürfen.
Mr. Bordwin riet der jungen Frau, nicht mit uns zu sprechen und sich
bei einem Anwalt Rat zu holen, ehe sie diese Anschuldigungen weiter verfolgte,
aber sie hörte nicht auf ihn.
Sie sagte, am vergangen Samstag, dem einundzwanzigsten Januar, sei
sie abends gegen zweiundzwanzig Uhr von mehreren Oberstufenschülern in ein
Wohnheimzimmer in der Everett Hall gebracht worden. Dort sei ihr eine große
Menge Alkohol verabreicht worden, sodass sie sehr schnell die geistige und
körperliche Kontrolle verloren habe. Sie sei dann gezwungen worden, einen der
jungen Männer oral zu befriedigen, und ein zweiter habe sie vergewaltigt. Ein
dritter junger Mann, der sich ebenfalls im Raum befand, beteiligte sich auf
verschiedene Arten an den Geschehnissen.
Das mutmaßliche Opfer sagte weiter aus, die Geschehnisse seien ohne
ihr Wissen von einer vierten Person im Zimmer, deren Name ihr unbekannt sei,
gefilmt worden.
Die Eltern der jungen Frau befanden sich unseres Wissens zu dieser
Zeit schon auf dem Weg nach Avery, um ihrer Tochter beizustehen.
Während diese Anschuldigungen vorgebracht wurden, verließ Mr.
Bordwin den Raum.
Wir wiesen die junge Frau dann darauf hin, dass sie einen Arzt
aufsuchen müsse, um sich von ihm untersuchen zu lassen.
Die junge Frau erhob Einwände und sagte, da der Vorfall sich bereits vor vier Tagen ereignet
habe, gebe es gewiss keine Spuren der mutmaßlichen Vergewaltigung mehr. Wir
klärten sie darüber auf, dass dieses Vorgehen jedoch dem üblichen polizeilichen
Verfahren entspricht.
Deputy Herrmann rief einen Krankenwagen,
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