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Weil sie sich liebten (German Edition)

Weil sie sich liebten (German Edition)

Titel: Weil sie sich liebten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anita Shreve
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sehr schnell alle Hände voll damit zu tun, den
Verkehr zu regeln und die Presse zu überwachen. Als die Einheimischen
schließlich merkten, wie die Schule und der Ort dargestellt wurden, kriegte man
kein Wort mehr aus ihnen heraus. Silas Quinney war ein Einheimischer, und
vielen Leuten taten Anna und Owen Quinney leid. Gary Quinney war Silas’ Onkel.
Richard Sommers und seine Frau Sally, Owens Schwester, hatten den einzigen
Schnellimbiss am Ort, ein Qwik Stop, der zu der Mobil-Tankstelle gehörte, und
sie machten den Laden dicht. Von da an mussten alle rüber in den nächsten Ort,
wenn sie sich etwas zu essen holen wollten. Toll war es nicht. Pizza, Tacos,
Asiatisch von der miesesten Sorte. Aber guten Käse gab es. Ausgezeichneten
Käse.
    Am dritten Tag durfte niemand von der Presse mehr auf das
Schulgelände, und wenn man sich die Bänder anschaut, sieht man, dass von da an
alle Bilder vor dem Gerichtsgebäude direkt gegenüber aufgenommen sind und die
Anderson Coopers und Brian Williams’ auf einmal Anzug und Krawatte tragen. Von
Zeit zu Zeit erschien jemand von der Schule – anfangs war es Geoff Coggeshall,
der als geschäftsführender Schulleiter eingesetzt wurde und den Posten
schließlich fest übernahm – und gab irgendeine Erklärung ab, ohne Fragen zu
beantworten. Sie bemühten sich um Schadensbegrenzung – sie mussten ja an die
Neueinschreibungen und ihre Schüler denken, die ehemaligen und die derzeitigen –, aber der Schaden war schon angerichtet. Am Ende engagierten sie ein PR -Unternehmen aus New York, das von da an sämtliche
Anfragen entgegennahm.
    Ich habe alle meine Unterlagen noch und eine Menge von dem
Filmmaterial. Mehrere Verlage sind mit dem Vorschlag an mich herangetreten, ich
solle doch ein Buch über den Fall Avery schreiben, und ich muss sagen, es
wundert mich, dass es nicht längst jemand getan hat.

Natalie
    I m Ort ging es nur noch drunter und drüber.
Anders kann man es nicht nennen. Wir waren zehn Tage hintereinander in den
Nachrichten, und auch danach gab’s immer wieder Berichte. Sie kennen doch diese
Geschichten, die man manchmal in den Zeitungen liest, von Bergleuten, die im
Stollen eingesperrt sind, und wo die ganze Stadt nur darauf wartet, endlich zu
erfahren, was los ist. So ähnlich war das. Oder wie nach so einem Unglück, wenn
ein Bus in einen Fluss gestürzt ist und Kinder in den Tod gerissen hat. Der Ort
stand praktisch unter Belagerung.
    Eltern rückten in Scharen an, nicht unbedingt, um ihre Kinder zu
holen, sondern weil sie zur Stelle sein wollten, um sie zu schützen. Wir müssen
jeden bedienen, der in die Kantine kommt, das ist ein Grundsatz der Schule. Es
soll dazu beitragen, dass die Eltern sich wohlfühlen, wenn sie zum
Elternwochenende oder irgendwelchen besonderen Anlässen herkommen oder auch
nur, um sich ein Spiel anzusehen oder mal einen Besuch zu machen. Solange der
Skandal blühte, kamen massenhaft Eltern zum Essen in die Kantine, und wir
durften kein Geld verlangen. Wir waren auf so etwas nicht eingerichtet. Wir
haben ja nicht mal eine Kasse. Die Küche musste mehr Fleisch und Nudeln, Gemüse
und Milch bestellen, und ein paar von den Eltern haben sich dann auch noch über
die Salattheke beschwert, ob Sie’s glauben oder nicht, und wir mussten von dem
Zeug auch noch größere Mengen bestellen. Und natürlich konnte man die Eltern
nicht von den Journalisten unterscheiden, die haben sich nämlich auch
reingeschmuggelt, bevor endlich das Tor abgeschlossen wurde und man einen
Ausweis brauchte, um reinzukommen. Ich würde sagen, drei Tage lang haben wir zu
jeder Mahlzeit sicherlich fünfzig zusätzliche Essen für die Presse aufgefahren.
    Aber das war noch das Wenigste. Bei uns im Ort ist seitdem nichts
mehr so wie es einmal war. George und Jill Marsh zum Beispiel sind für immer
weggezogen. Sie sind bei Jills Mutter oben in Ludlow untergeschlüpft, solange
sie ihr Haus vermietet hatten. Es hat zwölf Zimmer und liegt ideal genau
zwischen der Schule und Peets Lebensmittelladen. Sie haben es an CNN vermietet und einen Tausender pro Nacht verlangt, und
das haben sie auch gekriegt, obwohl das Haus weiß Gott bessere Tage gesehen hat
und nur über zwei Bäder verfügt, in denen ich persönlich keine Minute länger
als unbedingt nötig verbringen würde. Wie dem auch sei, George und Jill haben
auf die Art zwanzigtausend Dollar verdient, und dann hat sich auch noch einer
von den CNN -Technikern in das Haus verliebt und
ihnen hundertfünfzigtausend bar auf die

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