Weil sie sich liebten (German Edition)
Hand dafür angeboten, genug für eine
Eigentumswohnung in Florida. Ja, und jetzt sind sie nach Tampa gezogen. Ich
wollte eigentlich unser Modul-L-Mobilheim auch vermieten, aber Ebbett, mein
Mann, hat sich geweigert, für diese Zeit zu meiner Schwester Lily zu ziehen,
und damit war der Fall natürlich erledigt. Ich hätte leicht vierhundert pro
Nacht bekommen, auch wenn es nur ein Modul L ist. Die Bäder sind hervorragend.
Ich verdiene nur vierhundert in der Woche – brutto. Aber nein, wie gesagt,
Ebbett war dagegen. Ich frage ihn jetzt manchmal, nur um ihn zu ärgern: Und wo ist jetzt meine Eigentumswohnung ? Werden wir natürlich
nie haben. Aber Ebbett, das muss man ihm lassen, der ist der Schule gegenüber
immer loyal gewesen, und als sie das Gelände geschlossen haben, hat er jeden,
der der Presse geholfen hat – und wenn sie den Leuten nur ein Zimmer vermietet
haben –, einen Kollaborateur genannt, genau wie im Zweiten Weltkrieg. Und er
war nicht der Einzige.
Wissen Sie, es ist komisch, aber das hat den Ort in zwei Lager
gespalten. Und so ist es geblieben. Es hat damit angefangen, dass man der
Presse entweder geholfen hat oder nicht, und selbst heute noch weigert sich
Ebbett Bobby Peets Laden zu betreten oder auch nur ein Wort mit Fred Greason zu
sprechen, der mit Ferienhäusern, die er im Oktober nicht an die Touristen
losgeworden ist, eine Stange Geld gemacht hat.
Die wollten doch alle schlafen und essen. Als ich das letzte Mal
geschaut habe, hatte Avery knapp über tausend Einwohner – die Schule nicht
mitgezählt. Als wir mitten im Skandal steckten, hatten wir hier doppelt so
viele Leute, das hat jedenfalls Samuel ausgerechnet, der drüben in der Post
arbeitet. Ich meine, mit den ganzen Presseleuten, den Gaffern und den Eltern,
die hergekommen waren, um nach dem Rechten zu sehen. Ich hab’s ja nicht so mit
dem Rechnen, aber es wäre schon interessant, wenn jemand mal das
Bruttoinlandsprodukt von Avery in dem einen Monat ausgerechnet hätte.
Greason machte das dicke Geschäft. Er hat, soviel ich weiß, drei
Abschlüsse getätigt, die eine direkte Folge dieses plötzlichen
Bevölkerungswachstums waren. Vielleicht auch mehr, was weiß denn ich. Wie
gesagt, Ebbett und ich haben mit Fred nichts mehr zu tun, obwohl ich persönlich
nichts gegen ihn habe. Wenn ich ihn und seine Frau in der Kirche sehe, grüße
ich sie, wie sich das für einen guten Christenmenschen gehört.
Aber nicht mal das ist das Schlimmste. Die Leute haben Partei
ergriffen. Die Jungs wären schuldig. Die Jungs wären eben Jungs. Das Mädchen
wäre das Opfer. Das Mädchen hätte es nicht anders verdient. Aber es gab
niemanden, nicht einen , den das mit Silas nicht total
fertiggemacht hat. Er war einer von uns, verstehen Sie, nicht so ein reicher
Bengel aus New York. Seine Leute kamen gerade so über die Runden, genau wie wir
alle. Wir waren alle stolz auf ihn. Viele von uns sind zu den Spielen gegangen,
nur um ihn zu sehen. Jill Marsh war übrigens die Frau, die den Ball ins Gesicht
bekam.
Was Silas an dem Abend da zu suchen hatte, ist mir schleierhaft. Und
wenn es nicht dieses verdammte Band als Beweis gäbe, würde ich nie im Leben glauben,
dass er da mitgemacht hat. Nie im Leben. Das hat unseren Ort zerrissen. Anna,
die habe ich – oh, mindestens ein Jahr lang nicht mehr im Ort gesehen. Owen
sehe ich manchmal, aber er ist nicht mehr der Alte. Er ist nur noch eine Hülle,
ausgehöhlt. Das Gesicht eingefallen. Man braucht ihn nur zu sehen, und alles
fällt einem wieder ein. Tage und Wochen können vergehen, ohne dass man an die
Geschichte denkt, und dann fährt man am Quinney-Hof vorbei – na ja, heute ist
es so wenig ein Hof wie mein Mobilheim – oder man trifft Owen an der
Tankstelle, und sofort erinnert man sich wieder an alles, es überfällt einen
richtig und macht einem bewusst, wie unglaublich schnell alles anders werden
kann im Leben.
Die Einschreibungszahlen an der Schule sind in den Keller gestürzt.
Ich habe weniger zu tun während der Essenszeiten. Sie haben mir den Lohn noch
nicht gekürzt, aber hin und wieder hört man Gerüchte, dass sie kommen. Die
Kürzungen. Beim Trinken haben sie hart durchgegriffen. Heute sind bei jeder
Party zehn Aufsichtspersonen dabei, und auf den Bäumen haben sie
Überwachungskameras angebracht – aber nicht etwa, um für die Sicherheit der
Kids zu sorgen, sondern um jeden zu ertappen, der über die Stränge schlägt. Michael
Bordwin ist weg, schon lange, und Mr. Coggeshall
führt ein
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