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Weil wir glücklich waren - Roman

Weil wir glücklich waren - Roman

Titel: Weil wir glücklich waren - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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mein Wohnheim geliebt, aber wir waren nur ungefähr dreißig Personen. Wir haben wie eine große Familie gelebt, uns beim Kochen und Tischdecken abgewechselt. Es hat richtig Spaß gemacht.«
    Ich sagte nichts, aber es überraschte mich nicht, dass meine Mutter dieses Leben geliebt hatte.
    Sie schaute nach unten, auf meine Stiefel. »Oh, gut! Du trägst sie. Wie sind sie?«
    »Sie sind toll«, erwiderte ich. »Danke.« Die Stiefel hatte sie mir zum Geburtstag geschenkt. Sie waren schick, modisch, wahrscheinlich teuer. Sie bekam einen guten Rabatt bei DeBeck's, obwohl sie nur während der Schulferien Vollzeit arbeitete. Zu Schulzeiten sprang sie dort tagsüber als Vertretung ein und arbeitete nur abends und an den Wochenenden regulär dort.
    »Mir gefällt, wie dein Haar jetzt ist.« Sie hob eine lange Strähne von meiner Schulter. »Sieht ziemlich erwachsen aus. Glättest du es?« Ihre Hand strich über ihr eigenes lockiges Haar.
    Ich rutschte auf meinem Sitz hin und her. Ich musste gehen. Ich wollte gehen. Aber ich merkte, dass sie noch etwas sagen wollte. Sie sah angespannt aus, bereit zum Sprung, und ihre Finger trommelten auf das Lenkrad.
    Dann drehte sie sich zu mir um. »Bald ist Weihnachten.«
    Ich nickte. Ich wünschte mir, es wäre nicht so, aber so war es.
    »Elise weiß nicht, ob sie nach Hause kommt«, fuhr sie fort. »Hierher, meine ich. Ihr Zuhause ist jetzt dort, nehme ich an.« Sie lachte ein bisschen, brach aber gleich darauf ab. »Wie auch immer, vielleicht sind wir nur zu zweit, wenn du zu mir in die Wohnung kommst. Wir könnten essen gehen. Oder ins Kino. Das wäre vielleicht ganz lustig.« Ihre Augen suchten meinen Blick. »Aber wenn du schon etwas vorhast ... mit deinem Vater, meine ich, ist das in Ordnung. Du könntest bei mir wohnen, aber mit ihm essen gehen. Oder bei ihm wohnen und mit mir essen. Das ginge auch.«
    Ich starrte wieder das Wohnheim an. In zwei Wochen würde es für die Winterpause schließen und dann einen Monat geschlossen bleiben. Im Vorjahr hatte ich mich darauf gefreut, eine Weile zu Hause zu sein. Ich war in das Haus in der Sackgasse zurückgekehrt und hatte in meinem alten Zimmer, in meinem alten Bett geschlafen. Doch in diesem Jahr würde es anders werden, egal, wo ich wohnte. Die neue Wohnung meines Vaters hatte ein Gästezimmer mit einer Bettcouch, und in dem kleinen Apartment meiner Mutter schlief ich in einem Schlafsack.
    »Können wir das später klären?«, fragte ich. Ich wollte nichts versprechen. Thanksgiving hatte ich bei meiner Mutter verbracht, deshalb fand ich, ich sollte Weihnachten bei meinem Vater sein.
    Ich setzte mich auf. »Wie geht es Bowzer?«, fragte ich. »Warum hast du ihn nicht mitgebracht?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Jetzt, wo es kälter wird, fährt er nicht mehr gern Auto, glaube ich.« Sie beugte sich vor und fummelte wieder an dem Heizknopf herum. »Ich muss mit ihm zum Tierarzt. Er ist steif und schläft die ganze Zeit. Außerdem ist er so reizbar.«
    »Er ist alt.«
    »Nein. Es ist mehr als das. Ich muss ihn untersuchen lassen.« Sie nickte, als ob sie einen Entschluss gefasst hätte. »Aber mach dir deswegen keine Gedanken.« Dann schaute sie in den Nachthimmel. »Und was machst du heute Abend noch?«
    Ich presste die Lippen zusammen. Es war sinnlos, etwas zu sagen; sie hörte nicht zu. »Ich werde lernen«, sagte ich schließlich langsam. »Wie jeden Abend.«
    »Oh. Was lernst du denn gerade?«
    »Chemie. Ich habe am Dienstag eine Prüfung.«
    »Schätzchen. Heute ist erst Mittwoch.«
    Ich sah sie an. Entscheide dich, hätte ich am liebsten gesagt. Entscheide dich, wie ich sein soll.
    Sie tätschelte mein Bein. »Du schaffst das bestimmt.« Sie hielt ihre Hand an den Heizungsschlitz. »Deine Schwester ist immer so beschäftigt. Immer in Gedanken beim nächsten großen Fall, beim nächsten großen Meeting. Sie kann am Telefon nicht sprechen, muss arbeiten. Aber ihr beide kommt immer gut zurecht.« Sie klang traurig, ihre Stimme passte nicht zu dem, was sie sagte. »Ihr kommt beide immer so gut zurecht.«
    »Nicht mehr.«
    »Wie bitte?« Sie drehte sich zu mir um und schaute mich an.
    »Nichts.«
    »Liebes. Sag, was du gerade gesagt hast.« Sie beugte sich vor und probierte ihren alten Trick, indem sie mich unter dem Kinn kitzelte, bis ich den Kopf hob.
    Ich legte beide Hände gegen das Armaturenbrett. »Ich ... Du verstehst nicht, wie schwer der Stoff ist. Für den Test.«
    Sie lehnte sich zurück. »Oh.«
    Vielleicht eine Minute saßen

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