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Weine ruhig

Weine ruhig

Titel: Weine ruhig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aliza Barak-Ressler
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vorgestellt, dass ausgerechnet diese hilflosen Geschöpfe die Ersten sein würden, die man abholt. Der Schrecken lähmte uns und drohte, die Familien und die gesamte Gemeinde zu zerreißen.
    Am Sonntag lag die Hauptstraße verlassen da. Eine bedrückende Stille lastete auf unserem Viertel. Die Frauen und Mädchen blieben im Haus, bei ihren Familien. Am nächsten Morgen glich Michalovce einer Stadt im Belagerungszustand. Die Straßen waren plötzlich voller Soldaten und Polizisten. Waren diese Heerscharen gekommen, um gegen feindliche zu kämpfen oder einen bewaffneten Aufstand niederzuschlagen? Schließlich ging es doch nur um jüdische Frauen und Mädchen!
    Um sicherzustellen, dass der Befehl ordnungsgemäß ausgeführt wurde, hatten die Behörden die Hlinka-Garde geschickt, eine paramilitärische Einheit, die der herrschenden Partei treu ergeben war, vergleichbar mit der SS in Deutschland. Die Gardisten trugen schwarze Uniformen und polierte Schaftstiefel, und ihr Anblick erfüllte uns mit Furcht und Entsetzen.
    Um ihre Loyalität dem Dritten Reich gegenüber zu bewei-sen, versuchten die slowakischen Gardisten, die Deutschen an Grausamkeit zu übertreffen. Ihr Vorgehen gegen die Mädchen und jungen Frauen war äußerst brutal. Sie rissen die Mädchen aus den Armen ihrer Mütter und zerrten sie ohne Erbarmen auf die Straße, pferchten sie auf Lastwagen zusammen und brachten sie zum Bahnhof. Mütter warfen sich vor die Lastwagen, aber die Barbaren schlugen sie mit ihren Gewehrkolben und jagten sie fort. Verzweifelte Eltern rannten hilflos herum, weinten herzzerreißend und flehten um Gnade, fanden jedoch bei niemandem Gehör. Die nichtjüdische Bevölkerung sah unbeteiligt zu und rührte keinen Finger. Die Jagd dauerte drei Tage und drei Nächte, und die wenigen Mädchen, denen es gelang, den Häschern zu entkommen, wurden später zusammen mit ihren Familien festgenommen.
    Oft hörten wir Trommelschläge auf der Straße - das war die übliche Art, behördliche Maßnahmen aller Art bekannt zu geben. Eines Tages verkündeten die Trommler den Befehl, dass alle jüdischen Männer ab sechzehn Jahren sich auf dem Rathausplatz einzufinden hätten. Von dort aus würden sie zur Arbeit geschickt werden, um die Armee zu unterstützen. Ein jeder von ihnen durfte bis zu dreißig Kilo Verpflegung und Kleidung in einem Rucksack mitnehmen.
    Wieder waren die Juden wie vom Donner gerührt. In den Synagogen wurde gemutmaßt und diskutiert. Die Männer kamen häufig spät nach Hause, als würde das Abendgebet länger dauern. Sie überlegten, ob sie gehorchen und sich am Rathausplatz einfinden oder sich verstecken und fliehen sollten. Die meisten Juden hatten geglaubt, dass sie in den Städten, in denen sie seit Generationen lebten, sicher wären. Jetzt, nach der Deportation der Mädchen, fragte sich die jüdische Gemeinde, was die Behörden mit den jüdischen Männern vorhatten. Wo würde man sie hinschicken? Würden sie tatsächlich die Armee unterstützen? Was sollte aus den Familien werden, die ohne Männer zurückblieben? Wer würde für sie sorgen und sie beschützen?
    Einige wenige junge Männer flohen in die Wälder und gingen zu den Partisanen, die sich dort organisierten; sie wurden für den Widerstand und für Sabotageakte ausgebildet, aber sie bekamen noch keine Hilfe von außen. Einige männliche Verwandte meines Vaters - ein Onkel, der Junggeselle war, und mehrere Cousins - beschlossen, sich den Kämpfern anzuschließen. Sie kamen mitten in der Nacht, um sich zu verabschieden und den Segen für eine sichere Reise zu empfangen. Die allein stehenden Männer meiner Familie gingen also weg und flohen ins Ungewisse. Aber mein Onkel Menachem zögerte und entschied sich im letzten Moment zu bleiben, in der Hoffnung, ein Versteck zu finden und den Behörden zu entkommen.
    Vater war ungeheuer frustriert. Für ihn stand fest, dass er nicht fliehen und die Familie verlassen würde, obwohl er vielleicht mitgenommen würde und so gezwungen wäre, eine Frau und drei kleine Mädchen schutzlos zurückzulassen. Was sollte er tun? Vater war entschlossen, sich nicht deportieren zu lassen. Er und meine Mutter erwogen verschiedene Möglichkeiten, und schließlich heckte Mutter einen Plan aus.
    Ehe sie den Plan aber in die Tat umsetzten, verrieten Mutter und Vater ihn mir eines Abends, als meine beiden Schwestern schon schliefen. Ich war zwar die Älteste, aber noch keine zwölf Jahre alt. Meine Eltern weihten mich ein, weil auch mir eine

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