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Weinen in der Dunkelheit

Weinen in der Dunkelheit

Titel: Weinen in der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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nichts anderes, ich verstand einfach ihre Fragen nicht.
Christian
    Am liebsten spielte ich mit einem Jungen, der Christian hieß. Er war etwas älter als ich, aber kleiner. Mir gefielen besonders seine großen braunen Augen. Christian war immer lustig, er hatte tolle Spielideen, mit ihm konnte ich über alles lachen. Selbst wenn ich mich beim Toben verletzte und es sehr weh tat, brachte er mich zum Lachen. Nie hatte ich eine solche Freundin.
    Leider sollte ich ihn nicht lange als Freund behalten. Es war an einem Freitag, da wechselten wir die Wäsche und durften baden. Die Erzieherin hatte nicht die Zeit, jedes Kind abzutrocknen, das mußten wir selbst tun. Wir gingen mit Handtüchern in den Schlafraum. Mir kam der E in f all, Fangen zu spielen. Im Zimmer standen die Metallbetten hintereinander. Es machte ungeheuren Spaß, von einem Bett auf das andere zu springen. Christian war mit dem Fangen dran. Wir sprangen wie die Verrückten, durch die Sprungfedern wurden wir hochgeschleudert und landeten mit Leichtigkeit auf dem nächsten Bett. Plötzlich hörte ich hinter mir einen Schrei, ich drehte mich herum, Christian lag blutend auf dem Boden. Tröstend versuchte ich, ihm hochzuhelfen, aber es ging nicht. Er war mit den nassen Füßen abgerutscht und mit dem Hinterkopf auf die Bettkante geschlagen. Wahnsinnige Angst um ihn überkam mich. Ich schrie wie am Spieß. Die Erzieherin stürzte herein, hob Christian hoch und brachte ihn weg.
    Ich verkroch mich unter meiner Decke und weinte die ganze Nacht. Immerzu sah ich ihn im Blut liegen und hörte seinen Schrei. Alleingelassen mit meiner Traurigkeit und den Schuldgefühlen, ging ich den Kindern aus dem Weg. Oft saß ich auf meinem Bett und dachte an Christian, er fehlte mir sehr. Jeden Tag fragte ich die Erzieherin, wann er wiederkäme; es hieß immer »bald«.
    Aber er kam nicht mehr wieder.
Einschulung
    Mit sechs Jahren kam ich zur Einschulung in das Haus Nummer 1. Alle Schulkinder mußten ihre Pionier 1 oder FDJ 2 -Kleidung tragen. Vor der Schule fand ein Fahnenappell statt, die Großen sangen Lieder, dann überreichten sie uns kleine Blumensträuße und die langersehnte Schultüte.
    Zu den Luftballons mit den Friedensgrußzetteln an der Schnur sah kaum einer hin, wir wollten alle nur wissen, was in der langen Tüte war. Enttäuscht stellte ich fest, daß die Kekse, Bonbons und Buntstifte gegen die mit reichlich Klopapier ausgefüllte Spitze recht mickrig waren. Kinder, die Verwandte hatten, bekamen von ihnen dazu noch viele schöne Dinge.
    Traurig darüber, daß mich niemand besuchte, ging ich zu den Mädchen, die auch als Waisen galten, und wir spielten mit den Schultüten Burgfrauen. Da holten uns plötzlich drei Schüler aus einer Gruppe der Größeren in ihren Tagesraum, wo für uns ein festlich gedeckter Tisch stand. Sie wollten uns eine Freude machen und sagten:
    »Pioniere helfen sich immer.«
    Nun konnte ich es kaum erwarten, bis ich Pionier
    1 Junge Pioniere: staatliche Kinderorganisation der ehemaligen DDR, Vorstufe zur FDJ
    2 FDJ: Freie Deutsche Jugend staatliche Jugendorganisation der ehemaligen DDR wurde und das blaue Halstuch tragen durfte. Fast jeden Tag rannte ich zum Pionierleiter, wir nannten ihn Suppi, weil er so dünn war, und fragte ihn:
    »Wann werde ich Pionier?«
    Eines Tages war es endlich soweit, feierlich wurde ich im Speisesaal vor allen Schülern in die Pionierorganisation »Ernst Thälmann« aufgenommen. Nach der Aufforderung »Seid bereit!« und meiner Antwort »Immer bereit!« war ich Pionier. Jeden Tag trug ich nun das blaue Tuch. Bald hatte ich mich so daran gewöhnt, daß mir der Sinn und die Symbolik verlorengingen und es seinen Zweck als Knabber- oder Taschentuch erfüllte. Einen schlechten Dienst erwies es mir bei meinem ersten Abenteuer im Westen.
Ausflug nach »drüben«
    Ute, eins der größeren Mädchen, hatte einen Bruder in West-Berlin. Sie fuhr oft zu ihm hinüber, um sich Micky Maus-Hefte oder Liebesromane zu holen. Diese Hefte waren im Heim als Schundliteratur strengstens verboten. Mir gefielen die Micky MausHefte so gut, daß ich sie mir von ihr ausborgte. Im Wald sah ich sie mir dann heimlich an. An einem Nachmittag fragte mich Ute, ob ich mal mit nach drüben fahren möchte. Von einer ungeheuren Neugier getrieben, sagte ich sofort zu. Wir kletterten über den Heimzaun und liefen durch den Wald, dann durch eine Laubenkolonie, und am Teltowkanal mußten wir nur noch über eine Brücke gehen. Unentdeckt von der Polizei

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