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Weinen in der Dunkelheit

Weinen in der Dunkelheit

Titel: Weinen in der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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eine Autofahrt.«
    Während der Fahrt fragte er mich, ob ich die Kindersendung vom Meister Nadelöhr kenne. Natürlich kannte ich sie, alle Kinder kannten sie. Immer, wenn wir artig waren oder die Erzieher ihre Ruhe haben wollten, durften wir im Hausleiterbüro fernsehen.
    So wurde ich für kurze Zeit eine Entdeckung für das Kinderfernsehen. Bei den Probeaufnahmen langweilte ich mich. Ich verstand nicht, weshalb die Großen immer dasselbe sagen sollten. Als die Drehtage endeten, war ich froh, wieder richtig spielen zu können.
Krank
    Nach meinem fünften Geburtstag wechselte unsere Kindergruppe die Etagen. Wir zogen in den ersten Stock, und die Jüngeren erhielten Räume im Parterre. Nun konnten die Erzieher nicht mehr von außen an die Fensterscheibe klopfen und uns Angst einjagen.
    Ich haßte den Mittagsschlaf. Nie war ich müde, aber wehe, wir hatten die Augen noch offen, wenn die Erzieherin den Raum kontrollierte. Dann schimpfte und schüttelte sie die Kinder so, daß sie sich anschließend in den Schlaf heulten.
    Eine andere Erzieherin war nicht ganz so grob, aber sie schlug die Decke über das Bettgestell, so daß wir wie in kleinen Höhlen lagen. Das hatte auch sein Gutes, denn ich brauchte meine Augen nicht zu schließen und konnte durch einen Seitenspalt den Himmel oder das Dach des Quergebäudes beobachten. Einmal schob sich durch diese Ritze eine Hand, und vor meinen Augen lag eine dreieckige Papiertüte. Ich wagte nicht, mich zu bewegen. Erst als ich keine Geräusche mehr vernahm, drückte ich mit den Fingerspitzen vorsichtig eine kleine Öffnung in das Papier und entdeckte braune Malzbonbons, deren süßer Duft sofort durch mein ganzes Bett strömte. Voller Glücksgefühl schlief ich tatsächlich ein. Aber als ich erwachte, war die Tüte weg. Meine Enttäuschung war so groß, daß ich nicht einmal weinte. So habe ich nie erfahren, wer sie mir gab und wieder nahm. Erst viel später hörte ich von den Kindern, daß sie ähnliches erlebt hatten. Es mußte eine Erzieherin gewesen sein, die nur wollte, daß wir schliefen.
    Eine noch sehr junge Erzieherin setzte mich eines Tages auf ihre Schultern und lief mit mir durch den Gruppenraum. Ich wurde nie einem anderen Kind gegenüber bevorzugt und fand es darum recht seltsam, daß ich für die Tollerei ausgesucht wurde, und deshalb blieb ich sehr ernst. Außerdem verursachte mir diese ungewohnte Höhe Angst. Aber die Erzieherin lachte und sprang mit mir herum, bis ich schließlich auch lachen mußte. Durch das offene Fenster hörte sie plötzlich eine Kollegin ihren Namen rufen. Neugierig trat sie mit mir an das Fenster und rief nach unten:
    »Schau mal, das ist mein kleiner Angsthasel« Dabei beugte sie sich weit hinaus. Vor Schreck krallte ich mich fest in ihre Haare und jammerte leise. Sie lachte und lachte, dabei verlor ich das Gleichgewicht. Ich spürte plötzlich keinen festen Halt mehr und stürzte in die Tiefe.
    Mein Kopf tat mir fürchterlich weh. Als ich die Augen aufschlug, lag ich in einem fremden Bett, auch das Zimmer war mir unbekannt. Ich konnte meinen Kopf nicht bewegen und weinte. Eine Frau, ganz in Weiß, trat an mein Bett und streichelte mich beruhigend. Sie hieß Schwester Brigitta, und sie erzählte mir, daß ich aus dem Fenster gefallen sei und mich auf der Krankenstation befände.
    »Wenn du alles schön tust, was ich sage, wirst du schnell wieder gesund und darfst zu den anderen Kindern zurück.« Nur immer im Bett liegen wollte ich natürlich nicht, deshalb machte ich wirklich folgsam alles, was sie sagte, und kam bald wieder zu meiner Gruppe.
    Die Erzieherin habe ich nie mehr gesehen, aber ich hatte von da an Angst vor allen großen Menschen, die mich auf den Arm nehmen wollten, und machte um Delegationen und Besucher einen Bogen.
    Unser Heim war das Vorzeigeheim. Menschen aus aller Welt sahen es sich an und staunten über die Sauberkeit und Ordnung. Hin und wieder erschienen dann am nächsten Tag Fotos von uns in der Zeitung, was die Erzieher sehr freute. Immer wenn Fremde kamen, standen oder saßen wir in Sonntagssachen in unserem Gruppenraum. Nette Worte über die Schönheit des Heims wurden gesprochen, und dann näherten sich die Besucher uns Kindern. Komische Fragen hatten sie dann: »Na, Kleine, wie gefällt es dir hier?« oder »Bist du traurig, daß du keine Eltern hast?«
    Ich stand starr und stumm und hoffte nur, nicht angefaßt zu werden. Eltern - ich wußte gar nicht, was das ist - und gefallen? Außer dem Heim kannte ich

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