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Weinland & Stahl

Weinland & Stahl

Titel: Weinland & Stahl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bad Blood 01 - Das Blut der Nacht
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nur Sekunden, bis er hastige Schritte an Deck trampeln hörte, und er musste den Kameraden nicht zeigen, weshalb er sie gerufen hatte.
    Der brennende Frachter war selbst Fanal genug, türmte sich wie ein flammender Berg auf der See.
    »Verdammt, wie kann der Kahn so brennen?«, fragte jemand, was Kaldestad sich selbst schon gefragt hatte. Der Frachter dort drüben brannte lichterloh, und das war an sich ein Ding der Unmöglichkeit. Aber es war so, sie sahen es alle mit eigenen Augen.
    Kaldestad hatte längst neuen Kurs gesetzt und steuerte den Crabber auf das brennende Schiff zu, während er über Funk Kontakt zu der Besatzung drüben aufzunehmen versuchte.
    Erfolglos. Er warf das Mikrofon kurzerhand neben das Gerät, weil er jetzt schon neue Manöver vollführen musste, um den eigenen Kutter nicht gefährlich nahe an das andere Schiff heran driften zu lassen.
    »Das kann niemand überlebt haben«, meinte einer der anderen. Jemand hatte den Scheinwerfer am Bug eingeschaltet und ließ den weißen Lichtfleck über die teerschwarzen Wogen wandern. Aber selbst wenn der Kegel jemanden traf, würden sie den Bedauernswerten wohl nur noch tot bergen können. Das Wasser war eisig kalt, und niemand konnte darin länger als zwei, drei Minuten überleben.
    Vielleicht war Kevin Kaldestad der einzige, dem auffiel, dass sie nichts von dem Gluthauch spürten, der ihnen von dieser Flammenhölle doch eigentlich entgegenschlagen musste.
    Und wahrscheinlich war er auch der einzige, der den seltsam bleichen Schemen bemerkte, der dort drüben über die Reling sprang und im Meer versank.
    Den Bruchteil einer Sekunde, bevor das Feuer und das Schiff –
    – vor ihrer aller Augen verschwanden.
     
     
     

Die Auserwählte
     
    Holy Convent of Saint Catherine's, Maine, USA
    Etwas zerstörte die Wunder des Indian Summer, verschlang die Farben ringsum. Die Natur ertrank in Grau, und alle Helligkeit wurde zu seltsam schwefligen Gelb. Wie auf einer alten, vergilbten Schwarzweiß-Fotografie.
    Fast erschrocken hielt Schwester Mariah in ihrer Gartenarbeit inne und hob den Blick, um nach den dunklen Wolken zu sehen. Wie aus dem Nichts mussten sie aufgetaucht sein, so plötzlich hatte sich der Klostergarten in einen Hort der Düsternis verwandelt...
    ... doch der Himmel über
Saint Catherine's
war so wolkenlos wie zuvor!
     
    Nur war er nicht mehr von jenem besonderen Blau, das es nur zu dieser Jahreszeit gab. Die Farbe des Firmaments erinnerte die junge Nonne an geschmolzenes Blei. Die Sonne zeichnete sich als verwaschener Fleck darauf ab, ihres Strahlens beraubt.
    Schwester Mariah fühlte sich wie in Schatten gewoben, die sie von ihrer Umgebung trennten. Einen Herzschlag lang...
    Dann erhielt die Welt ihre Vertrautheit zurück. Der Himmel war wieder blau, Pflanzen und Mauern wetteiferten mit ihrem Glanz im herbstlichen Sonnenschein.
    Aber die Schatten waren nicht verschwunden. Sie hatten sich nur zurückgezogen.
    Schwester Mariah konnte sie spüren.
    In sich.
    "Was ist mit dir?"
    Obwohl die Hand von Schwester Rebecca sie nur sacht an der Schulter berührte, fühlte Mariah sich doch regelrecht von ihr gepackt und zurückgerissen aus jener Welt ohne Farben, die sich für einen seltsam zeitlosen Moment über die Wirklichkeit gestülpt hatte. Und der Klang ihrer Stimme geleitete schließlich auch Mariahs Gedanken zurück ins Hier und Jetzt.
    "Hast du es denn nicht – gesehen?" flüsterte Schwester Mariah, und selbst ihre Stimmbänder schienen zu frösteln, so zitternd kam die Frage über ihre blassen Lippen.
Gesehen
, das schien ihr nicht der richtige Ausdruck für das, was sie eben wahrgenommen hatte. Sie hatte es vielmehr
empfunden
, mit einem Sinn, von dem sie bislang nicht einmal gewusst hatte, dass sie ihn besaß, und den sie auch jetzt nicht benennen konnte.
    "Was meinst du?"
    Schwester Rebecca kniff die sonst vor Lebensfreude sprühenden Augen ein wenig zusammen und ließ ihren Blick langsam über den von einer hohen Bruchsteinmauer umfriedeten Klostergarten schweifen.
    Dort drüben arbeiteten weitere Schwestern, die schwarzen Roben mit derben Schürzen vor Schmutz geschützt, an anderen Beeten. Aus einem der offenen Fenster des Hauptgebäudes drang leise mehrstimmiger, glockenheller Gesang, in den hier draußen Vögel in natürlicher Harmonie einfielen. Es war nichts Ungewöhnliches zu entdecken.
Saint Catherine's
war noch immer jener Ort von Ruhe und Frieden, der er seit jeher gewesen war.
    "Es ist – nichts. Alles in Ordnung. Ich muss mich

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