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Weinrache

Weinrache

Titel: Weinrache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Kronenberg
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erklärte sie bereitwillig. »Irgendwann habe ich mich mit dem Namen arrangiert. Als Kind war ich davon überzeugt, dass mein Name im Katalog der Kuhnamen einfach an der Reihe war. Wäre vor mir ein Kuhkalb geboren worden, hätten meine Eltern das Tier Norma genannt.«
    Tiri lachte herzlich. »Ich mag Kühe!«
    Norma ließ die Bemerkung unkommentiert. Nach kurzer Fahrt führte eine Abzweigung zu den Orten Oberlibbach, Niederlibbach und Strinz-Margarethä.
    Tiri bat sie, sich geradeaus auf der Hühnerstraße zu halten. »Besuchst du deine Eltern ab und zu?«
    »Ich war seit Jahren nicht auf dem Hof. Mein Vater ist gestorben, als ich acht war.«
    »War er krank?«
    »Ein Unfall auf dem Hof«, erklärte Norma. »Mein Bruder und meine Mutter … ich hatte immer das Gefühl, neben den beiden wäre kein Platz mehr für mich. In Wiesbaden fühle ich mich Zuhause. Bist du von hier?«
    »Nein, ich bin in der Nähe von Stuttgart aufgewachsen.«
    Ihr Blick streifte ihn. »Das hört man aber nicht!«
    Er lächelte. »Meinen Eltern war sehr am Hochdeutschen gelegen. Aber ich kann auch anders.«
    Norma machte ihn auf ein Schild aufmerksam, das einen Parkplatz ankündigte. Dort war Arthur ausgestiegen. Bald darauf erreichten sie ein weiteres Waldstück.
    »Vorsicht, Norma. Pass auf den Gegenverkehr auf. Die Straße ist unübersichtlich. Dort vorn geht es links ab.«
    Ohne seinen Hinweis wäre ihr die Einfahrt nicht aufgefallen. Sie bremste, wartete einen Lastwagen ab und schlug das Lenkrad ein. Der Waldweg war kaum breit genug für einen Wagen. Nach mehreren Metern Buchenwald öffnete sich vor ihnen ein grünes Tal. Noch 200 Meter bergab, und aus einer Senke tauchten zwei Ziegeldächer auf. Gleich darauf kamen die Fassaden zum Vorschein, eine mit weißem Putz, die andere grau und von den Jahren gezeichnet. Das gepflegte Häuschen schmückte sich mit einem rot-grünen Band blühender Geranien rings um den Holzbalkon. Der armselige Bruder musste sich mit abblätternden Fensterläden als Zierde begnügen. Der Weg endete zwischen den Grundstücken vor einem Holzschuppen. Norma sparte sich die Frage, in welchem Haus ihr Fahrgast wohnen mochte, und ließ den Fiesta vor dem vernachlässigten Garten ausrollen. Der Wagen kam neben einem verwitterten Holzzaun zum Stehen. Brennnesseln und Grasbüschel drängten sich zwischen den Latten hindurch. Der Zaun gegenüber war frisch gestrichen, und dahinter lag ein blühender Bauerngarten.
    Ob er sie zu einem Kaffee einladen dürfe?, fragte Tiri zuvorkommend. Oder auf einen Tee, fügte er rasch hinzu, als Norma zögerte.
    Norma stieg aus. »Gut. Für 10 Minuten.«
    Im Nachbarhaus bewegte sich eine Gardine.
    »Nimm es ihr nicht übel«, bat Tiri mit einem Lächeln. »Ich habe selten Besuch und hier ereignet sich wenig.«
    Er ging voraus. Das Holztor quietschte in den Angeln, wie nicht anders zu erwarten. Ein Pfad aus grob behauenen Steinplatten führte auf den Eingang zu. Tiri schloss die Haustür auf. Dahinter lag ein dunkler Flur. Eine Treppe führte steil nach oben.
    Tiri führte Norma in die Küche. »Das ist der gemütlichste Raum im Haus. Setz dich doch! Tee oder Kaffee?«
    »Lieber Tee.«
    »Kein Problem, wenn dir schwarzer Tee recht ist.«
    Mit einem Griff räumte er Zeitungen und einen benutzten Becher vom Tisch, der vor dem einzigen Fenster stand; flankiert von zwei Stühlen mit lose aufgelegten Polstern. Gegenüber standen ein Elektroherd und ein Kühlschrank und an der Wand daneben ein urtümlicher Küchenschrank mit zwei schmalen seitlichen Türen, Schubladen in der Mitte und einem verglasten oberen Fach. Der Lack war im Lauf der Jahre stumpf und gelb geworden.
    »Ein alter Mann hat hier bis zu seinem Tod gewohnt«, erklärte Tiri, während er einen Kessel mit Wasser füllte. »Das Küchenmobiliar konnte ich retten. Die anderen Räume waren ausgeräumt, als ich einzog. So viele Jahrzehnte hatte der Mann hier sein Zuhause, und alles, was von diesem Leben geblieben ist, sind diese Küchenmöbel und eine Hand voll Fotos, die die Entrümpler auf dem Dachboden vergessen haben. Denkst du darüber nach, was von dir übrig bleibt, wenn du tot bist?«
    Norma zog sich einen Stuhl heran. »Du meinst, ob ich mich frage, ob mein Dasein irgendwelche Spuren hinterlassen wird?«
    Er schaltete den Herd ein und setzte den Kessel auf eine Platte. »Ich wollte immer Häuser bauen, wunderschöne Bauten, die die Zeiten überdauern. Ein Architekt ist einer, der Spuren hinterlässt.«
    Norma nickte. »So wie

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