Weinrache
und Kultur eingesetzt.«
Sie dankte ihm und wies auf die Glastür in der Haus-ecke. »Lassen Sie uns hineingehen. Drinnen sind wir ungestört.«
Es war sein zweiter Besuch in der ›Villa Stella‹. Der Empfang, der im Streit mit Undine geendet hatte, lag zwei oder drei Wochen zurück. Damals hatte sich der zukünftige Speiseraum in verschwenderischer Leere gezeigt. Inzwischen schien die Ausstattung vollendet. Arthur war mit der Auswahl ein Meisterwerk gelungen. Die Tische und Stühle waren Nachbauten der Entwürfe aus der Bauhauszeit. Die kostbaren Originale sollten im benachbarten Schauraum zu sehen sein.
Lutz blickte sich um. »Das ist wunderbar. Allerdings verstehe ich gut, dass Sie die Eröffnung verschieben.«
Sie nickte und zeigte erneut das kindlich scheue Lächeln. »Wissen Sie, die ›Villa Stella‹ war unser gemeinsames Werk, obwohl mein Mann das in der Öffentlichkeit gern anders darstellte. Mein Herzblut hängt an diesem Haus. Durch den Tod von Moritz hat sich meine Situation komplett verändert. Eigentlich dürfte ich gar nicht hier sein. Ich habe keine Ahnung, was die Erben mit dem Haus vorhaben.«
»Soll das heißen, die ›Villa Stella‹ gehört nicht Ihnen?«, fragte Lutz verblüfft.
»Wollen wir uns nicht setzen?«
Diane trat an den nächststehenden Tisch heran und rückte einen Stuhl zurück, einen Freischwinger mit schwarzem Lederbezug. Lutz nahm gegenüber auf dem gleichen Modell Platz.
Diane trommelte mit den Fingerspitzen auf die polierte Tischplatte. »Ich war jung und naiv, als wir heirateten. Für Moritz war es die zweite Ehe. Seine erste Frau hat ihn nach der Scheidung bluten lassen. Ich war verliebt bis über beide Ohren und habe unterschrieben, was die Anwälte mir vorlegten. Moritz’ Erbe geht an seine beiden Kinder aus erster Ehe. Das gilt auch für die Lebensversicherungen. Mir bleibt nur das wenige, was ich damals mitgebracht hatte. Es passt in einen Koffer.«
Sie lachte bitter. »Bis zum Jahresende muss ich unser Haus in Sonnenberg verlassen. Ich bin wieder da, wo ich vor fünf Jahren stand.«
Impulsiv beugte Lutz sich vor. »Aber nicht doch! Sie haben berufliche Erfolge vorzuweisen. Ihre Entwürfe sind zauberhaft. Sie müssen keine Angst vor der Zukunft haben.«
Sie unterließ das Trommeln und griff nach seiner Hand. »Sie sind rührend zu mir, Ludwig. Ich darf doch Ludwig sagen? Schließlich sind Sie Arthurs Vater. Arthur und ich stehen uns sehr nahe. Überrascht Sie das?«
Ihre Hand wölbte sich heiß über der seinen. Dabei schaute sie ihn an, und für einen Augenblick wünschte Lutz sich nichts mehr, als mit Haut und Haaren in diesem dunklen Blick zu versinken.
Lächerlicher alter Mann! Er zog die Hand zurück. »Ich habe es heute von der Polizei erfahren. Deswegen bin ich hier. Ich mache mir Sorgen um Arthur. Können Sie mir sagen, wo er ist?«
Sie knetete ihre Finger. »Wenn ich das wüsste! Was glauben Sie, wie es mir geht, Ludwig? Seit Freitag kann ich ihn nicht erreichen.«
Ihre Besorgnis klang aufrichtig. »Haben Sie davon gehört, dass wir gemeinsam nach Kolumbien fliegen wollten?«
Lutz schüttelte den Kopf. »Das hat der Kommissar nicht erwähnt. Er hat nur von der Beziehung gesprochen.«
»Beziehung! Wie kalt das klingt. Wir haben uns gebraucht. Arthur mich und ich ihn. Beide waren wir unglücklich in unseren Ehen. Norma ist ein Teufel. Sie hat ihn mit Vorwürfen gequält!«
»Behaupten das nicht alle Ehemänner, die ihre Frau betrügen?«, fragte Lutz zweifelnd. »Gibt es eine bessere Rechtfertigung?«
Dianes Blick folgte einem Gärtner, der eine Kiste mit Pflanzen am Fenster vorbei trug. »Am Anfang war es wohl so. Unser Verhältnis begann als Affäre. Zwischen Arthur und Norma lief es damals noch einigermaßen. Obwohl Norma nur ihren Beruf im Kopf hatte. Aber Arthur lag etwas an seiner Ehe. Deshalb lud er Norma nach Kolumbien ein. Er hoffte, die Reise und die gemeinsame Zeit könnten die Liebe wieder entfachen.«
»Und wie ging es Ihnen dabei? Fühlten Sie sich nicht zurückgesetzt?«
Diane löste die Finger voneinander und wischte über die blanke Tischplatte. Sie wollte Fischer nicht verlassen, beteuerte sie. Auch später nicht, als aus der Affäre Liebe wurde. Die Ehe mit Fischer bot Vorteile, über die Arthur nicht in diesem Maß verfüge, bemerkte sie nebulös. Lutz konnte sich vorstellen, worauf sie hinaus wollte: noch mehr Geld, noch größeres Ansehen, und die beruflichen Chancen, die ihr das renommierte Architekturbüro verschaffte.
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