Weinrache
Eine verborgene Liebschaft gewährte Diane mehr Vorzüge als ein offenes Bekenntnis zu Arthur und das Zerwürfnis mit ihrem Mann. Lutz hätte gern gefragt, ob Moritz Fischer etwas geahnt hatte, doch Diane erzählte weiter von ihrem Eindruck über die Ehe der Tanns.
»Nach Kolumbien begann für Arthur die Hölle. Norma hat ihn zuerst mit Vorhaltungen überschüttet und schließlich eiskalt auflaufen lassen. Es endete in der Trennung, wie jeder weiß.«
Der Gärtner klopfte an die Scheibe.
Diane stand auf. »Entschuldigen Sie, aber ich will mich um den Garten kümmern. Solange mich niemand daran hindert, meine Ideen in die Tat umzusetzen, werde ich das tun.«
Lutz folgte ihr zur Terrassentür. Er fragte, wie es mit dem ›Marcel B.‹ weitergehen solle.
»Hat Arthur Ihnen von der Konkurrenz zwischen Taschenmacher und Nick Reichels erzählt?«
Bruno habe nichts anbrennen lassen und sich unmittelbar nach Moritz’ Tod mit den Anwälten der Erben in Verbindung gesetzt. Die Verträge seien vorbereitet, Reichels fühle sich überfahren und habe aufgegeben.
Diane trat auf die sonnenbeschienenen Steinplatten hinaus und wollte sich verabschieden.
»Einen Augenblick noch«, bat Lutz. »Hat Arthur mit Ihnen jemals über die Entführung gesprochen?«
»Über die Zeit in Kolumbien? Nur sehr wenig. Aber eines hat er immer wieder betont: welche Todesängste er ausstehen musste, und dass Norma ihn deswegen verachte.«
Norma sei Arthurs Unglück, und dafür werde sie eines Tages teuer bezahlen, drohte Diane. Mehr noch als die Worte allein war es der Hass in der Stimme, der Lutz bestürzte.
Bevor er ging, stellte er eine letzte Frage. Einfühlsamkeit war geboten, als er sich nach dem Verbleib des Hündchens erkundigte.
17
Norma stieß die Wagentür auf und stieg aus. Sie war verschwitzt, und der Luftzug ließ sie frösteln. Auch Sundermann verließ den Wagen. Nachdem er sich wie nach einer langen Autofahrt gestreckt hatte, stützte er sich mit den Unterarmen auf das Autodach.
Er beobachtete sie lauernd. »Über diese Nacht gibt es nichts zu sagen. Danke fürs Herbringen. Das letzte Stück gehe ich zu Fuß!« Er beugte sich in den Wagen hinein und nahm den Anzug heraus. »Einen schönen Tag noch, Frau Tann!«
Ein lässiges Winken zum Abschied, und er marschierte los. Gleich darauf überquerte er die Fahrbahn, um seinen Weg am linken Rand der Hühnerstraße fortzusetzen. Norma stieg wieder in den Wagen, ließ den Motor an, stellte ihn wieder aus und schaute unschlüssig auf die Straße hinaus. Sundermann hielt sich auf dem breiten Grünstreifen und schritt kräftig aus. Er entfernte sich schnell.
Eine Frechheit, ihr etwas vorzuwerfen! Gemein und unfair! Und nah an der Wahrheit, wie sie zugeben musste.
Sie angelte das Mobiltelefon aus der Ablage und rief Irenes Büronummer auf. Die Sekretärin war nicht am Platz. Und wenn schon! Er war nur ein hochnäsiger Gauner. Trotzdem konnte es sich eines Tages als nützlich erweisen, seine Adresse zu kennen. Wollte sie sich später die Sucherei nach seinem Hexenhaus ersparen, sollte sie ihn besser wieder zum Einsteigen überreden. Sie startete den Motor und fuhr weiter geradeaus. Bald hatte sie Sundermann überholt, setzte den Blinker und bog links in eine Haltebucht ein. Dort stieg sie aus und wartete, bis er nahe genug herangekommen war.
»Nenne mich nie wieder Frau Tann! Von einem wie dir lasse ich mich nicht siezen. Ich heiße Norma!«
»Bist du wütend auf mich, Norma?«
»Was glaubst du?«
Seine Entschuldigung hörte sich ehrlich an. Bisweilen mangele es ihm an höflicher Zurückhaltung, fügte er überflüssigerweise hinzu.
»Lass es gut sein. Ich habe mich an die fixe Idee geklammert, du könntest mir eine Antwort auf meine Fragen liefern. Fährst du mit?«
Sie solle ihn Tiri nennen, eine Abkürzung von Konstantin, bat er, als sie im Wagen saßen. Nach ihrem Empfinden klang der Spitzname entschieden zu harmlos für einen Mann wie ihn, behielt diese Meinung aber für sich.
»Mein Vater hat mich nach seinem Paten benannt«, fuhr er mit überraschender Offenheit fort. »Vaters Idol. Ich konnte den Mann nicht ausstehen und vielleicht deswegen auch nicht meinen Namen. Schon in der Schule haben mich alle Tiri gerufen, und so nennt man mich heute noch. Bist du mit deinem Vornamen zufrieden?«
Warum auch immer, die Auseinandersetzung hatte die Spannungen gelöst. Norma fand ihr Misstrauen mit einem Mal zu weit hergeholt.
Sie stamme von einem Bauernhof in Niedersachsen,
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