Weinrache
Kerl.«
Milanos schwarze Augen blitzten. »Nachname?«
Norma blieb ernst. »Leopold von der Katzenburg. Das ist der Name seiner Cattery. Vielleicht hat er den Nachnamen seines Frauchens angenommen. Vogtländer. Der Kater gehört meiner Vermieterin.«
»Norma, das ist kein Spaß!«
»Mein Eindruck ist ein ganz anderer, Luigi! Überlege dir, wie lächerlich deine Anschuldigungen sind. Was ist mit Moritz Fischer? In dem Fall tappt ihr genauso im Dunkeln. Warum hängst du mir nicht auch diesen Mord an?«
Allmählich wurde er richtig sauer. Auf seinen Wangen breiteten sich rote Flecken aus.
Er funkelte Norma an. »Ein gutes Stichwort. Angeblich hast du den Mörder verfolgt. Wie soll ich ausschließen, dass er nicht dein Komplize war?«
»Komplize wofür? Luigi Milano, du behauptest, du willst deine Arbeit machen. Dann kümmere dich darum! Suche denjenigen, der Arthur überfahren und mich und seinen Vater zwei Wochen lang im Ungewissen gelassen hat. Aber verschone mich. Ich habe meinem Mann nichts angetan.«
Sie war lauter geworden als beabsichtigt. Ringsum brachen die Gespräche ab. Die Trauergäste starrten auf sie und Milano, der auf dem Absatz kehrtmachte und hinausmarschierte.
Norma blieb mit dem bangen Gefühl zurück, den Bogen überspannt zu haben. Einen Polizisten wie Luigi Milano machte man sich besser nicht zum Feind.
31
Montag, der 11. September
Am frühen Nachmittag verließ Lutz seine Wohnung und spazierte hinunter zur Taunusstraße. Josef Brunner winkte ihm durch das Schaufenster zu, als Lutz an ›Tanns Antik und Kunst‹ vorüberwanderte. Es war gut, dass Josef einspringen konnte, ging es ihm durch den Kopf. Trotzdem würde das Geschäft für ihn selbst noch für lange Zeit Arthurs Laden bleiben. Norma war oben in der Wohnung, um die Papiere zu ordnen. Lutz hatte sich telefonisch angemeldet und musste auf sein Läuten nicht lange warten. Ihr Lächeln bezauberte ihn bei jeder Begegnung aufs Neue. Sie hat sich gefangen, stellte er erleichtert fest. Ihre Haut wirkte nicht mehr so durchscheinend blass wie während der Trauerfeier. Am selben Abend war sie zu ihm gekommen und hatte ihm Milanos Unterstellungen anvertraut. Sie wollte es nicht offen zugeben, aber er spürte, wie tief sie das Misstrauen der ehemaligen Kollegen verletzte. Die Verdächtigungen mussten ihr wie ein Verrat erscheinen.
Im Flur stieg ihm das Kaffeearoma entgegen. Sie nahmen am Küchentisch Platz. Beinahe wie früher, dachte Lutz, als noch alles im Lot war. Als ob Arthur jeden Augenblick dazukommen könnte; strahlend vor Begeisterung, weil er auf dem Dachboden einer Wiesbadener Villa eine kostbare Entdeckung gemacht hatte, oder mit säuerlicher Miene nach einem unangenehmen Kundengespräch. Wie auch immer seine Laune war, er stand mit beneidenswerter Selbstverständlichkeit sofort im Mittelpunkt, und Lutz hatte es ihm mit väterlicher Großzügigkeit zugebilligt.
Er nahm die Kaffeetasse entgegen. »Es ist still hier. Ohne Arthur.«
Norma blickte zum Fenster hinüber. Um ihren geschwungenen Mund bemerkte Lutz eine fremde zarte Linie.
Er räusperte sich. »Konntest du den Anwalt sprechen, den ich dir empfohlen habe?«
Sie wandte ihm den Blick zu. Der Anwalt habe ihr einige Ratschläge mitgegeben, wie sie sich gegenüber der Polizei verhalten solle, und wolle sie zum nächsten Gespräch ins Präsidium begleiten. »Es ist ein seltsames Gefühl, auf der anderen Seite zu stehen.«
Er schämte sich für sein eigenes Misstrauen, seinen persönlichen Verrat ihr gegenüber, der sich im Nachhinein nur mit seiner Verstörung nach Arthurs Auffinden entschuldigen ließ. »Du hast dir nichts vorzuwerfen, Norma.«
Sie zögerte mit der Antwort. »Das sagt sich so leicht. Man habe sich nichts vorzuwerfen. Tatsache ist, ohne diesen Streit in der Nacht wäre Arthur nicht ausgestiegen, und der Unfall oder was auch immer das war, nicht passiert. Ich habe meinen Teil dazu beigetragen.«
Lutz griff nach ihrer Hand. »Du hast ihn nicht überfahren, Norma!«
Norma schüttelte den Kopf. »Nein, das habe ich nicht.«
Er fragte, ob ihr inzwischen ein Gedanke gekommen sei, was es mit dem Tiergehege auf sich haben könne. Die Frage ließ beiden keine Ruhe, und bisher hatte weder Norma noch er selbst eine Erklärung dafür gefunden.
Behutsam zog Norma die Hand zurück. »Ich könnte etwas Unterstützung bei diesem Finanzkram gebrauchen.«
Sie bat ihn, sich außerdem die Unterlagen der Lebensversicherungen anzusehen. Lutz wollte sich gern
Weitere Kostenlose Bücher