Weinstrassenmarathon
dieser Vorgehensweise. AuÃerdem, Herr Röder, wir leben im einundzwanzigsten Jahrhundert!«
Röder lächelte, antwortete aber nicht.
Anastasia wechselte das Thema und wurde ernst. »Deutschland ist eines der wichtigsten Transitländer für die Kunsträubermafia und liegt weit vor der Schweiz, die früher den gleichen Ruf hatte. Dort haben sie vor einigen Jahren schärfere Gesetze gegen illegalen Kunsthandel erlassen. Seitdem sind wir die Drehscheibe für geplünderte Schätze aus ganz Europa und dem Mittleren Osten geworden. Wir schätzen, dass weltweit neun Milliarden Euro Umsatz mit gestohlenen Kunstgegenständen erzielt werden. Ein erheblicher Teil davon geht über Deutschland. Das ist ein groÃes, straff organisiertes kriminelles Geflecht. Das fängt bei den gedungenen Raubgräbern an und setzt sich über die Hehler und ihre Kunden fort.«
»Und Demlmaier war so ein Hehler?«
»Ja, ein groÃer dazu. Ich hatte genug Beweise, um ihn hochgehen zu lassen. Wir wollten nur noch ein paar Wochen warten, weil wir bemerkten, dass sich irgendetwas GroÃes auf dem Markt tut. Ein Millionengeschäft.«
»Hing das mit Dr.  Hoffmann zusammen?«
»Vermutlich. Vor meiner Zeit war Hoffmann schon einmal im Visier der Ermittler. Das war Ende der Neunziger. Seitdem war er aber nicht mehr auffällig geworden. Bis vor Kurzem, als er so unsanft abgetreten ist.«
»Erzählen Sie mir mehr von der Kunsträubermafia. Sie sagten, Deutschland ist ein Tummelplatz für illegale Kunsthändler?«
»Allerdings. Kennen Sie die Geschichte der Himmelsscheibe von Nebra?«
»Sie meinen den astronomischen Kalender der Kelten, den irgendwelche Sondengänger verscherbeln wollten?«
»Genau. Die Himmelsscheibe wurde 1998 in einem Waldstück in Sachsen-Anhalt von Raubgräbern entdeckt und beim Ausgraben stark beschädigt. Die beiden Raubgräber haben das antike Stück für lächerliche einunddreiÃigtausend Mark an einen Zwischenhändler im Rheinland verkauft. Der hat dann das Ding geputzt und dabei noch mehr kaputtgemacht. SchlieÃlich bot er die Scheibe für eine Million verschiedenen Museen an. Dem Direktor des Berliner Museums kam die Sache sofort suspekt vor. Er gab sich als Käufer aus, und zusammen mit der Polizei hat er den Hehler bei einem fingierten Kauf in Basel geschnappt.«
»Hat Demlmaier was damit zu tun gehabt?«
»Man munkelt, dass er die Himmelsscheibe von dem Rheinländer angeboten bekam. Demlmaier wollte aber nicht so viel zahlen. Der Hehler aus dem Rheinland hatte aber das groÃe Geld im Sinn und ist prompt aufgeflogen. Demlmaier hätte das Geschäft gedeichselt. Jedenfalls wurden wir damals erstmals auf Demlmaier aufmerksam. Es stellte sich heraus, dass er auf wertvolle Artefakte spezialisiert ist und sein Geld überwiegend mit solchen Geschäften verdient. Wir meinen, dass er wieder eine groÃe Sache vorbereitet hat. Wir haben seine Konten analysiert, und die Bewegungen deuten auf eine groÃe Aktion hin.«
»Wie kann man solche Geschäfte unbemerkt machen?«
»Meistens geschieht es gar nicht unbemerkt. Oft nutzen die Hehler die deutschen Gesetzeslücken. Zurzeit ist Bulgarien ein Brennpunkt. Nach dem Zerfall des Eisernen Vorhangs haben die Kriminellen alle Hemmungen verloren. Beauftragt und finanziert von solchen Typen wie Demlmaier, rücken die mit Bulldozern an und rauben in einer Nacht ein komplettes antikes Königsgrab der Thraker aus. Dabei gehen die Grabräuber total rücksichtslos vor, sie sind nur auf die Grabbeigaben aus. Drum herum wird alles zerstört. Die Schätze schicken sie nach Deutschland. Hier beantragen Mittelmänner eine Exportlizenz bei den Landesmuseen.«
»Eine Exportlizenz, wenn das Zeug geraubt wurde?«, fragte Röder ungläubig.
»Die Genehmigung für die Ausfuhr kann nur verweigert werden, wenn die Stücke auf der Liste für geschützte Kulturgüter stehen. Das geht aber nicht, denn wie soll das gestohlene Raubgut, von dem niemand etwas weiÃ, überhaupt auf diese Liste gelangen? Den Demlmaiers dieser Welt kommen solche Gesetzeslücken sehr gelegen. In den Papieren steht dann âºFundort unbekanntâ¹, und die Behörden können, obwohl sie es besser wissen, die begehrte Lizenz nicht verweigern. Wenn sie dann noch einen Mann in der Behörde kennen, der keine dummen Fragen stellt, dann ist
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