Weinstrassenmarathon
die Sachen stammen. Wenn die Herkunft unklar ist, dann ist das Zeug quasi legal. Hoffmann scheint vorsichtig genug gewesen zu sein, keine heiÃe Ware zu sammeln. Da wird schwer was nachzuweisen sein, er war schlieÃlich Fachmann.«
»Was könnte in der Vitrine in der Mitte gewesen sein?«
»Keine Ahnung, da tappen wir vollkommen im Dunkeln.«
Die Ausstellung beeindruckte Röder, und Anastasia war richtig aufgeregt. Unglaubliche Schätze waren für die Ausstellung zusammengetragen worden. Bronze, Silber, Gold, wohin sie blickten. Dem berühmten Sonnenwagen von Trundholm, der in keinem Geschichtsbuch fehlte, und seinen Begleitfunden war ein ganzer Raum gewidmet. Die Atmosphäre war fast wie bei Hoffmann im Keller, nur um ein Vielfaches gröÃer. Der Höhepunkt der Ausstellung befand sich jedoch im vorletzten Raum, der bis auf die Vitrine in der Mitte komplett abgedunkelt war. Nur vier goldene Hüte aus der Bronzezeit gab es auf der ganzen Welt, die beredtes Zeugnis der herausragenden keltischen Goldschmiedekunst und Wissenschaft ablegten. Vier Hüte, gefunden in Frankreich, Bayern und in der Pfalz. Alle waren einzeln rituell vergraben worden, nachdem ihre Schöpfer längst anderen Machtsymbolen gehuldigt hatten. Röder ging so nah an die Vitrine ran, dass die Museumswächter richtig nervös wurden. Er lieà noch eine Weile die unglaublichen Schätze auf sich wirken, als ein Gong plus Ansage die SchlieÃung des Museums ankündigte.
Sie verlieÃen das Gebäude. Röder hatte das Gefühl, in Anastasia eine Seelenverwandte getroffen zu haben. Beim Abschied sagte sie: »Das war ein schöner Nachmittag. Ich war schon ewig nicht mehr im Domhof. Das Bier hat prima geschmeckt, und die Ausstellung war einfach toll.« Sie machte eine Pause und sah ihn an. »Aber irgendetwas stimmt an der Sache nicht. Ich habe manchmal das Gefühl, dass ich keinem mehr trauen kann. Irgendwie ist die Sache in München total aus dem Ruder gelaufen, und ich weià nicht, warum. Das Ganze nagt jedenfalls furchtbar an mir, und ich glaube, dass ich das mit Ihnen aufklären kann. Ich tue mich ein bisschen schwer, wenn ich das jetzt sage, aber ich glaube, Ihr Freund, der Hellinger, weià mehr, als er sagen will. Sie wollen doch Antworten. Wissen Sie was? Wir sollten zusammenarbeiten und uns gegenseitig auf dem Laufenden halten. Vielleicht knacken wir gemeinsam die Nuss.«
Röder war perplex. Er erwiderte etwas Belangloses zum Abschied und machte sich schnell aus dem Staub. Erst im Auto wurde ihm so richtig klar, was Anastasia von ihm wollte. Er sollte seinen besten Freund ausspionieren.
Zu Hause angekommen, erwartete ihn Manu an der Tür. »Es tut mir leid, so etwas Grobes hätte ich nicht zu dir sagen sollen.«
»Vergiss es. Ich verstehe dich sogar. Es muss auch nicht einfach für dich sein, mit meinem Gerechtigkeits- und Aufklärungswahn zu leben. Ich liebe dich, Manu.«
Sie setzten sich in ihr Esszimmer, öffneten eine prämierte Flasche Riesling aus dem Weingut Hellinger und nahmen eine kleine Mahlzeit ein. Sie taten, was sie oft und gern machten. Zusammensitzen und reden, bis weit nach Mitternacht. Von der zweiten Flasche, die schon gut gekühlt bereitstand, blieb ebenfalls nichts mehr übrig. Am Schluss fielen sie beide ins Bett, lagen sich in den Armen, und Röder fühlte sich überglücklich, dass er an diese Frau und keine andere geraten war.
Am Gründonnerstag hatte er sich Urlaub genommen und konnte endlich das tun, was er schon die ganzen Tage erfolglos probiert hatte. Er wurde von den ersten Sonnenstrahlen geweckt, die in das Schlafzimmer drangen. Er schlich sich aus dem Bett, bereitete Kaffee zu, so wie ihn Manu liebte, schob ein paar Fertigbaguettes aus dem Kühlschrank in den Ofen und servierte das alles auf einem Tablett mit dem letzten Glas selbst gemachter Zitronen-Erdbeer-Marmelade vom vergangenen Jahr. Manu hatte im Halbschlaf das Treiben ihres Mannes in der Küche offensichtlich mitbekommen, aber sie sagte kein Wort und lieà sich verwöhnen. Als ihr Mann das Tablett wegstellte und die Schlafzimmertür von innen schloss, gab sie sich ihm hin und lieà sich noch einmal besonders verwöhnen, an diesem Gründonnerstagmorgen, der für das Ehepaar wunderschön begann.
SIEBEN
Die Amseln stritten singend um ihr Revier, als die Sonne am Karfreitag an einem wolkenlosen Himmel über dem Odenwald
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