Weinwissen für Angeber
keinen „Nacktarsch" mehr trinken. Die Jugend trinkt Weine aus der „Neuen Welt", also USA, Chile, Argentinien, Südafrika, Australien. Folgende Länder sollten wir wegen weit verbreiteter Vorurteile für eine festliche Tafel jedoch ausschließen:
USA: Micky Maus & McDonalds -
was sollen das für Weine sein? Sind die aus dem McDrive?
Chile und Argentinien: Arme Länder.
Das macht ein schlechtes Gewissen. Und vor allem:
Können arme Leute großen Wein machen? Wohl nicht.
Südafrika: Die Apartheid wird nicht unterstützt.
Auch wenn sie schon lange vorbei ist, so schnell vergessen wir das nicht.
Das ist natürlich alles Blödsinn. Aber darum geht es nicht. Dies könnten Ihre Gäste denken. Also Australien. Sonne, Ayers Rock und Surfer. Hervorragend. Das ist die moderne Spaßgesellschaft als Kontinent. Kaufen Sie irgendeinen australischen Wein mit einem hübschen Etikett. Downunder produziert so perfekt Weine, dass Ihnen kein schlechter begegnen wird und alle „lecker" schmecken (aber denken Sie daran: Niemals dieses Wort in den Mund nehmen!). Außerdem liegt der Alkoholgehalt sehr hoch - es wird ein fröhlicher Abend.
4) Weinkenner
Niemals einladen! Viel zu gefährlich! Ab ins Restaurant damit. Überlassen Sie diesen dann gönnerhaft die Weinauswahl und blicken Sie nur wissend vor sich hin. Ein wenig Nicken ist angebracht.
5) Menschen, die Sie nie Wiedersehen wollen
Weißwein aus dem Jura. Oder junger Roter aus dem Madiran. Und tschüss.
Ich kann nicht hinschauen. Weißwein aus dem Jura.
Wein-Sprichwörter
und was dahinter steckt
Der ernsthafte Wein-Angeber muss sich mit einigen rudimentären Redewendungen zum Thema auskennen. Richtig eingesetzt können diese Wunder wirken. Bei jeder Weinrunde kommt der Moment des Nachdenkens, in welchem ein kluges Zitat einhelliges Nicken zur Folge haben würde. Falls Sie sonst am Abend keinen Pieps gesagt haben, sollten Sie mit einem Sprichwort dokumentieren, dass Sie durchaus zur Kommunikation fähig sind. Prägen Sie sich einfach die folgenden ein, Sie sollen Ihre Not-Ration sein für kommende Gespräche. Einige - diese sind gekennzeichnet - sollten Sie lieber nicht anwenden, auch wenn Sie auf den ersten Blick reizvoll erscheinen. Prüfen Sie sich ruhig einmal selbst: Welche würden Sie in illustrer Weinrunde aussprechen?
„Im Wein liegt Wahrheit."
(Alkaeus)
Halten Sie den Wein gegen das Licht. Das Sichtbare sind Schwebstoffe, das Unsichtbare ist die Wahrheit. Alkaeus (um 620 v. Chr.) zeichnet für diesen Klassiker verantwortlich, ursprünglich hieß er allerdings „Wein, liebes Kind, ist auch Wahrheit". Der Spruch klingt auf Lateinisch natürlich viel weiser („In vino veritas"). Sie können ihn eigentlich immer sagen. Ist der Wein gut, bedeutet er so viel wie „Dies ist der wahre Jakob." Ist der Wein schlecht, steht er dafür, dass Wein jeden Fehler seines Winzers offen legt. Also immer raus damit!
Nicht gutheißen wollen wir den Spruch des Satirikers Moritz Gottlieb Saphir: „Der Wein und die Wahrheit sind sich insofern ähnlich, als man mit beiden anstößt" Das ist zu vergeistigt, darüber müsste man nachdenken. Weg damit!
„Wein, Weib und Gesang"
(Luther)
Bitte merken Sie sich den vollen Text (den kennen nämlich die Wenigsten): „Wer nicht liebt Wein, Weib und Gesang, der bleibt ein Narr sein Leben lang." Hierbei ist die Reihenfolge wichtig. Der Wein steht klar an erster Stelle, gefolgt von Weib und Gesang. Soll heißen, zuerst trinkt man den Wein, dann traut man sich ans Weib und schließlich geht es ans Jubilieren. Dies ist nicht frauenfeindlich, sondern von Luther. Oder wird zumindest auf ihn zurückgeführt, obwohl sich der Satz weder in seinen eigenen Schriften noch in alten Aufzeichnungen über ihn wiederfindet. Aber zutrauen würden wir es dem alten Halunken schon.
„Das Leben ist zu kurz, um schlechten Wein zu trinken."
(Goethe)
Heißt natürlich mit anderen Worten, dass Sie - der Rezitator - eine Menge Geld für guten Wein ausgeben. Philosophisch verpackt, von Goethe abgesichert - raffinierter kann eine Angeberei nicht sein.
„Der Wein erfreut des Menschen Herz"
(Goethe)
... und das ist eh viel wichtiger als die Leber.
Goethe legt diesen Satz im ersten Akt des „Götz von Berli- chingen" dessen Bruder Martin in den Mund. Er hat es aber wiederum aus dem Psalm 104,15. Goethe wird natürlich nicht widersprochen. Was er nicht wusste ist, wie wahr sein
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