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Weinzirl 03 - Kuhhandel

Weinzirl 03 - Kuhhandel

Titel: Weinzirl 03 - Kuhhandel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicola Förg
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exotischen Instrumenten war – inklusive des
Diggeridoos und des Banjos natürlich. Er hatte, achtzehnjährig, den Kopf voller
Dreadlocks und voller Flausen, wie der Bürgermeister damals angewidert gesagt
hatte, um ein Praktikum im Tourismusverband gebeten. Er war gerade aus
Australien zurückgekommen und hatte sechs Monate in einem Backpackers in Noosa
Heads gearbeitet.
    Jo hatte ihn Klasse
gefunden, er war keines dieser Nesthockerkids, die lieber bei Mama bleiben,
ihre Heimatstadt nie verlassen, an Frühvergreisung leiden und im Kopf älter
sind als so mancher Sechzigjährige. Keiner dieser Jungbanker, die sich hinter
der Rüstung ihrer Einheits-Büro-Kleidung verbergen. Und obwohl »der verlauste
Freak« – O-Ton Bürgermeister – nicht mal ein Abitur besaß, hatte Jo sein
Praktikum durchgesetzt. Mit Erfolg: Heute war Banjo fünfundzwanzig, hatte keine
Dreads mehr, und das, was Reaktionäre als Flausen abgetan hatten, setzte er in
einem großen Wellnesshotel im Tannheimer Tal als Activity-Manager um. Was er
hoffentlich nicht mehr umsetzte, war sein Geschick – in Aussieland erworben –,
Wohnungen aufzubrechen und zu hacken.
    Im ersten Moment kam
es Jo ungeheuerlich vor, was sie dachte. Banjo sollte für sie Ostheimers Büro
aufbrechen und dem Computer seine intimen Details entlocken. Das war kriminell,
und hätte nicht die große Eiszeit zwischen ihr und Gerhard geherrscht, hätte
sie ihn natürlich ins Vertrauen gezogen. Aber da war etwas in ihr, das
übermächtig wurde. Sie musste Svenjas Geheimnis entschlüsseln, dann konnte sie
immer noch Gerhard anrufen. Es war ein bisschen Selbstberuhigung und
Selbstbetrug, und bevor sie sich es anders überlegen würde, griff sie schnell
zum Telefon.
    Jo hatte Glück.
Banjo war da, und nach kurzem Geplänkel kam Jo zur Sache. Sie erzählte von
Svenjas Tod, eindringlich schilderte sie Svenjas Charakter und erklärte Banjo
immer wieder, dass sie sich niemals umgebracht hätte. Jo redete von der CD-ROM und davon, dass sie in Ostheimers
Büro müsse. Sie zögerte etwas. »Banjo, ich kenne keinen außer dir, der da
reinkommt und den Computer knacken kann! Bitte, du musst mir helfen.«
    Banjo klang
zweifelnd. »Mensch Jo, geh zur Polizei! Du agierst wie in einem schlechten
Kriminalfilm.«
    Jo zögerte. »Im
Prinzip hast du Recht, aber du musst mir einfach glauben, dass ich nicht zur
Bullerei kann. Nicht in dem Fall.«
    »Trotzdem! Das kann
ich nicht machen. Ich bin jetzt seriös. Ich meine, ‘nen Bruch und dann noch
‘nen PC knacken!«, sagte Banjo.
    »Komm, wer, wenn
nicht du!« Jo legte alle Inbrunst in ihre Stimme.
    »Ich weiß nicht, ob
das jetzt ‘ne Beleidigung ist oder eher ein Kompliment.«
    Jo konnte sich sein
verschmitztes Gesicht vorstellen.
    »Ein Kompliment, ich
verbeuge mich vor deiner Kunst. Banjo, ich muss wissen, was in dem PC steht. Svenja hat sich nie und nimmer
selber umgebracht. Banjo, ich hab dir auch mal geholfen.«
    »Ja, aber das sind
zwei Paar Stiefel. Ich kann das echt nicht. Auch Hacken ist ‘ne schnelllebige
Branche. Bin aus der Übung, aber vielleicht …«
    »Vielleicht? Was?
Banjo, bitte!« Jo überschlug sich fast.
    »Laszlo, unser
ungarischer Koch. Der ist eigentlich Informatiker und will in Budapest
weiterstudieren, sobald er genug Geld hat. Er ist brillant. Ich meine, wegen
seiner Palatschinken, aber auch als Hacker«, sagte Banjo gedehnt.
    »Frag ihn, bitte!
Erklär ihm, um was es geht.« Jos Euphorie wuchs.
    »So einfach ist das
nicht. Er macht das nur, wenn du ihm sympathisch bist. Du musst mit ihm reden.
Es gibt eigentlich nur eine Chance …«
    »Welche?« Jo war
aufgesprungen.
    »Wir machen heute
Abend eine ungarische Nacht für Hotelstaff und einige geladene
Tourismusprominenz auf dem Adlerhorst. Es gibt eine gemeinsame Wanderung von
Haller aus hinauf, und für den Abstieg ist der Weg dann mit Fackeln markiert.
Romantisch, oder? Ich lad dich ein, sozusagen grenzüberschreitend und weil du
ja schließlich meine erste Mäzenin warst.«
    »Banjo, meinst du
nicht, das ist ein bisschen lächerlich? So, als hättest du deine Mama
eingeladen. Da ist doch sicher nur Hotel-Jungvolk da«, wandte Jo ein.
    »Och, da hätte ich
aber ‘ne scharfe Mama.« Banjo lachte laut auf.
    »Komm, du hast mich
Jahre nicht mehr gesehen.«
    »Also Jo, vergiss
deine Midlife-Crisis. Da sind Leute von sechzehn bis sechzig da! Also auch
Leute in deinem hohen Alter. Kommst du?«
    Natürlich kam Jo,
was hätte sie auch sonst tun können? Sie wählte den Weg

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