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Weinzirl 03 - Kuhhandel

Weinzirl 03 - Kuhhandel

Titel: Weinzirl 03 - Kuhhandel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicola Förg
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und dann sagte sie ohne Überleitung: »Es
ist eine Tragödie, dass Svenja tot ist. Eine Tragödie! Selbstmord,
unvorstellbar! Aber wie kann ich Ihnen denn helfen?«
    »Frau Weigand, über
Ihre Kanzlei Meckle in Lindau wurde Svenja ab und zu Geld angewiesen. Zudem
gibt es Informationen, dass Sie Svenja eine nicht unerhebliche Summe Geldes
geschenkt haben sollen.«
    Frau Weigand lehnte
sich zurück, nippte am Champagner und sagte dann ganz schlicht: »Erstens: Jawohl, Geld wurde angewiesen, und zweitens: Die Summe betrug
zweihundertfünfzigtausend Euro. Svenja wollte das erst nicht annehmen. Aber ich
konnte sie überzeugen, dass das eine Art Stiftung wäre für eine Tierklinik, die
Schulmedizin und alternative Methoden verquickt. Sie wollte die Klinik nach mir
benennen. Elvira-Weigand-Haus.«
    Gerhard pfiff durch
die Zähne. »Darf ich fragen, warum Sie das getan haben? Meines Wissens sind Sie
weder verwandt, noch gibt es sonstige augenscheinliche Bande.«
    »Lieber Herr
Weinzirl, ich habe es mir zur Lebensmaxime gemacht, dass ich
Wahlverwandtschaften eingehe, Seelenverwandtschaften, wenn Sie so wollen. Die
echte Verwandtschaft kann man sich leider nicht aussuchen. Svenja habe ich
ausgewählt, weil sie mir vor fünf Jahren, als ich noch drei Reitpferde und
einige Hunde hatte, sehr geholfen hat. Sie hat einem Hund das Leben gerettet,
den drei andere Ärzte komplett verpfuscht hatten. Es war das Wie ihrer Arbeit,
was mich beeindruckt hat. Die Kompetenz natürlich und ihr diagnostisches
Wissen, aber mehr noch die Ruhe, die sie ausgestrahlt hatte. Sie war keines
dieser Mannweiber, aber sie war auch nicht betroffen-leutselig. Sie war ganz
sie selbst. Sie war klug. Sie hat das Leben nicht um Gesundheit oder inneren Frieden
gebeten, sie hat die Ausdauer gebeten, sie möge mit ihr leben. Ja, sie hat mich
beeindruckt, weil sie einen so alten, weisen Geist für eine Vierzigjährige
hatte. Ich habe sie dann ein paarmal in die Villa eingeladen, und als ich nach
Waltenhofen gezogen bin, hatten wir einmal pro Woche unseren
Champagner-Nachmittag.«
    Sie lächelte ein
wenig wehmütig und fuhr fort: »Ich weiß, was Sie denken. Da sitzt diese
exaltierte Alte in einem Heim weit unter ihren finanziellen Möglichkeiten und
hat niemanden mehr. Sie haben sich doch sicher informiert über meine Tochter
und Enkelin. Nun, der Kontakt zu meiner Tochter ist abgebrochen, und das wird
so bleiben. Und Karina hat leider das Erbgut der Mutter mitbekommen, was mich
nicht davon abhält, ihre Wohnung und ihr Auto zu bezahlen. Vielleicht sollte
ich das nicht tun, denn ihr Lebenskonzept – wobei das Wort ›Konzept‹ etwas hoch
gegriffen ist – setzt da an, wo andere etwas für sie tun müssen. Meine
Unterstützung soll lediglich dem gegensteuern, dass sie wirklich kriminell
wird, denn der Umgang, den sie pflegt, ist jetzt schon fragwürdig genug. Und um
noch einer Frage zuvorzukommen: Ich hätte natürlich die Möglichkeiten, meinen
Lebensabend – wenn’s sein müsste – auch im Badrutts Palace in Moritz zu
verbringen oder in solch einer Seniorenresidenz. Gütiger Himmel! Wissen Sie,
was da für ein Volk hockt? Neureiche ohne Erziehung oder hoch verschuldete
Proletarier, die es bis zum Schluss nicht verstanden haben, dass ein Leben auf
Pump eben nur ein geliehenes Leben ist. Die haben früher die Schrankwand über
den Otto-Versand finanziert, den Rasenmäher auf Raten gekauft, und das Auto hat
sowieso der Bank gehört. So viele Menschen waren und sind mit einem Leben
beschäftigt, das sie gar nicht erreicht hat! Ich bin hier im Understatement
untergetaucht. Meine liebsten Freunde hier sind ein Mann, der jahrzehntelang
bei Wind und Wetter in der Nacht den Kreisboten ausgefahren hat, und eine
Bauersfrau, deren Wärme so erdig ist, dass daraus jeden Tag etwas Neues
erblüht. Und dann«, sie lächelte erneut hinreißend, »habe ich eine gewisse
Narrenfreiheit. Eine großzügige Donation – nun, ich schätze Geld nur deshalb,
weil es manches vereinfacht, Wege ebnet, Wogen glättet.«
    Gerhard sah Frau
Weigand nochmals sehr intensiv an. »Vorweg: Ich halte Sie nicht für exaltiert.
Ich hatte mich tatsächlich gefragt, ob Sie nun mit Svenjas Tod gar niemanden
mehr haben.«
    Er klang wie ein
Schulbub, dachte Gerhard.
    »Lieb von Ihnen,
aber seien Sie unbesorgt. Das Leben ist voller Verluste. Ich habe viele
verloren, die ich geliebt habe. Teilstrecken, mein Lieber, an deren Ende man
sich über das Leben beugt. Ich bin mir heute nicht mehr sicher, ob man

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