Weinzirl 03 - Kuhhandel
verlotterte Hütte!«
Nachdem es Gerhard
erneut gelungen war, eine Zäsur der Kurzatmigkeit abzupassen, fragte er: »Sie
hat doch die Miete immer bar bezahlt. Haben Sie eine Ahnung, wo das Geld für
das Haus herkam? Frau Bodenmüller, eine Frau mit Ihrem Gespür für Menschen, Sie
haben da doch sicher eine Idee?«
Frau Bodenmüller
gluckste. »Herr Kommissar, Sie kennen sich aus, gell? Nun, ich hab da mal so
was läuten hören. Die alte Frau Weigand, ehemals Weigand Fabriken, war mehrmals
da, und ich glaube, sie hat ihr Geld geschenkt.«
»Sie glauben?«
Gerhard flötete.
»Ja, ich, ich …«
Gelauscht hast du,
dachte Gerhard amüsiert. Das Ohr an die Tür gepresst wahrscheinlich.
»Frau Bodenmüller,
das tut ja nichts zu Sache. Wir alten Spürnasen müssen ja nicht über unsere
Methoden reden, gell?«
»Herr Kommissar, wie
Sie das sagen!« Sie klang verzückt.
»Sie wissen doch
sicher auch, wo Frau Weigand lebt?«
»Ja, in Waltenhofen
im Altersheim. Stellen Sie sich vor. Die Frau muss Geld wie Heu haben. Die
könnte sich eine Seniorenresidenz am Bodensee oder Ammersee oder in einem
schönen Kurbad leisten. Die könnte lebenslänglich in einem Hotel wohnen. In der
Süte! Und was macht die Frau? Wohnt in dieser Holzschachtel mit Glasbalkonen!«
»Ja, des Menschen
Wille ist sein Himmelreich!«, rief Gerhard theatralisch aus und fragte sich, wo
er diesen Spruch rausgezogen hatte. Und erfolgreich konnte er weitere
Krankengeschichten abwehren, gab noch Grüße an das »reizende Bubele« durch und
legte auf.
Er hatte gar nicht
gemerkt, dass Evi in der Tür stand.
»Wer erfreut dich
so, dass du so grinst?« Sie hatte sich wohl ein »dümmlich« dazugedacht, es aber
nicht ausgesprochen.
»Och, eine ältere
Dame respektive unsere Frau Bodenmüller. Evi, könntest du bitte mal über Frau
Weigand, Witwe des Fabrikanten Weigand, recherchieren? Familienverhältnisse,
Erben und so weiter. Du bist in diesen Computerdingen einfach großartig.«
Obwohl er das
wirklich nur nett gemeint hatte, fegte ihn Evi an. »Verarschen kann ich mich
selbst!«
Was hatte sich Gott
bei der Erschaffung zweier Geschlechter bloß gedacht?, überlegte Gerhard und
sprang auf.
»Ich bin kurz weg«,
sagte er, eiligen Schrittes verließ er das Haus. Wieder auf der Flucht.
Als er in Missen
ankam, musste er erst mal was zur Beruhigung tun. Ein Schäffler trinken
nämlich. Nachdem die Braukrise nach diversen Neuerungen und Umstellungen überwunden
war, schmeckte das Bier süffig wie immer. Auch wenn Gerhard mit den neuen
schwarzen Etiketten nichts anfangen konnte. Er plänkelte mit seinem alten
Kumpel Grassl ein bisschen über die »Beerdigungsflaschen« herum und fragte am
Rande mal nach dem Hof. Er hatte sich das schon so gedacht, was Grassl ihm dann
steckte.
»Dr Preis isch
ständig gfalle, dia hättet an Lugabeutl und Lumpa verkauft, solang dia zahlet
und kuine Fiesamatentla machet. Damit se des fiechtige Haus los werret. Dia
waret ja richtig figgrig.«
Als Gerhard die Bank
betrat, wurde ihm der zuständige Banker vorgestellt. Er war vielleicht
vierundzwanzig Jahre alt. Ein Milchgesicht im grauen Anzug, ein blaues Hemd
darunter und dazu eine fette Krawatte, die Gerhards Großvater nicht mal
getragen hätte. Er lächelte das typische Bankerlächeln, das Vertrauen bilden
sollte, dennoch absolut unverbindlich war, und das so schnell zu einem
Haifisch-Zahn-Fletschen werden konnte.
Bürscherl, dir hilf
i ind Schuah nei, grollte Gerhard innerlich, der oftmals im Dialekt dachte, ihn
aber nie sprach. »Kriminalpolizei. Ich möchte Sie in Sachen Svenja
Gudmundsdottir sprechen.«
Bürscherls Lächeln
erstarb.
»Sie haben ihr ein
Haus verkauft?«
»Jaaa?«, sagte der
Jungbanker gedehnt.
»Na, Fakten, Zahlen,
die Unterlagen!«
Ȁhm, das ist
Bankgeheimnis. Also ich weiß nicht, also da müsste ich meinen Chef …«
»O ja, tun Sie das!
Ich finde es nämlich überaus interessant, dass das Haus bar bezahlt wurde. Ganz
ohne Finanzierung. Ist das Usus bei Ihnen?«
Bürscherl schluckte.
»Ähm, wir hatten keinen Anlass, an Frau Gudmundsdottirs Integrität zu zweifeln.
Ähm, ungewöhnlich war das schon.« Er überlegte kurz. »Oder haben Sie Zweifel an
ihrer Integrität?«
Aha, dachte Gerhard,
gar nicht so dumm, der Kleine. Angriff ist die beste Verteidigung. Wahrscheinlich
auf einem Rhetorik-Seminar für Nachwuchskräfte gelernt. »Nein, aber Frau
Gudmundsdottir ist tot, und kurz vorher wurde das Haus erworben. Ich hätte
gerne Einblick in die
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