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Weinzirl 03 - Kuhhandel

Weinzirl 03 - Kuhhandel

Titel: Weinzirl 03 - Kuhhandel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicola Förg
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mich
umgehend.«
    »Selbstverständlich.«
    »Noch eine Frage.
Gibt es keine Möglichkeit, herauszufinden, wann Dominik zum letzten Mal hier im
Haus gesehen wurde oder übernachtet hat?«
    »Doch, Frau Baldauf
kommt täglich zwei Stunden hier vorbei. Sie müsste das wissen.« Er griff zu
einem Telefon, das auf dem Tisch lag. Nach einem kurzen Gespräch wandte er sich
Gerhard zu. »Frau Baldauf sagt, er sei am letzten Donnerstag nach dem großen
Gewitter ziemlich klatschnass heimgekommen. Seitdem hat sie ihn nicht mehr
gesehen.« Er sah noch besorgter aus.
    Gerhard erhob sich.
»Danke für Ihre Kooperation, und, wie gesagt: Melden Sie sich, sobald Sie was hören.«
Als er die Treppen zum Parkplatz hinabstieg, war ihm extrem unwohl zumute,
Dominik war genau seit dem Todestag von Svenja verschwunden. Und er war aus
einem Gewitter gekommen!

9
    Als Jo beim
     Viehscheid eintraf, war in Thalkirchdorf schon die Hölle los. Diese Mischung
     aus Menschen jeder Couleur und jeden Alters faszinierte Jo immer wieder. Die
     alten Viehbauern, die auf ihre Tiere warteten, standen zusammen und sinnierten
     in den Tag. Jo beobachtete drei Männer, die sich seit Minuten anschwiegen. Als
     ein vierter dazutrat, ruckten die Köpfe. Einer tippte sich an den Hut. »Jockl,
     von dir hommers grad ghett.« Jockl nickte, und nun schwieg man zu viert.
    Die Jungbauern
     diskutierten über den Milchpreis und die Forstreform, und die jungen Frauen
     versuchten, die kleinen Kinder in Dirndln und kurzen Lederhosen
     zusammenzutreiben. Ganz im Landhausstil aufgebrezelte Touristen – von der
     Haferlsschuhspitze bis zum Trachtentücherl mit Edelweißanhänger etwa in
     zweitausend Euro gewandet – traten von einem Fuß auf den anderen.
     Wahrscheinlich drückte der neue Schuh. Dorfjungs mit Mopeds, an denen kein
     Originalteil mehr dran war, mit gefeilten Ritzeln und Knatterauspuff röhrten
     umher, und die Girlies in extrem engen Hüfthosen und ultrakurzen
     Jamaika-T-Shirts gaben sich betont uninteressiert.
    »Sie kommen«, schrie
     plötzlich einer der kleinen Trachtenzwerge, und alle Blicke waren einzig auf
     die Spitze des Zugs gerichtet. Das Kranzrind war sich seiner tragenden Rolle
     bewusst, es schritt durch das Spalier der Menschen, es schwebte nahezu.
     Komisch, dachte Jo, das war zwar jedes Jahr das Gleiche, und doch tat ihr Herz
     immer einen kleinen Hüpfer. Und dann sah sie Seppi. Nicht, dass sie ihn gekannt
     hätte, aber sie wusste instinktiv, dass er es sein musste. Er war nicht
     übermäßig groß, aber gut gebaut, seine Lederhose saß extrem gut, fast provokant
     gut. Er war das, was man einen blendend aussehenden Mann nannte. In seinen
     Zügen lag etwas, das Jo beunruhigte. So, wie er grinste, schien er niemanden
     für voll zu nehmen. Gerade grüßte er lässig zu einigen jungen Männern hinüber,
     die in knallbunte Sportlerwurstpellen gequetscht waren und an Rennräder
     gelehnt, und dann schritt er weiter durch die Menge. Plötzlich fiel Jo das
     Gespräch über Zocker und Abenteurer ein, und sie wusste, dass sie hier einen
     Zocker vor sich hatte. Sein Blick fiel auf Jo, und sein Grinsen vertiefte sich.
     Völlig ohne jede Scham schaute er ihr auf die Brüste.
    Plötzlich hörte Jo
     eine Stimme neben sich: »Sieba Viecher hot der gscheitnäsige Koog verlora, des
     isch doch it normal! Kui gotziges derft a Hiat verliera.«
    Neben ihr stand der
     Wegner-Sepp aus Oberstaufen, ein legendärer Alphornbauer.
    »Griaßdigott, spielt
     ihr später noch auf?«, fragte Jo mit einem Lächeln.
    »I it, aber dr Bua
     und mir hend a Abordnung aus dr Eifel do. Dia wend a Alphorn-Gruppe gründa. Und
     dia wend jeden Viehscheid aluaga, do weret dia richtig tribulierig. Des heit
     isch so dr dritte«, sagte Wegner und verzog das Gesicht zu einem gutmütigen
     Grinsen und rief zu seinen Besuchern hinüber: »Dund bätscha!« Und weil sie so
     arg verständnislos schauten, schickte er hinterher: »Klatschen sollt ihr!« Und
     wieder zu Jo gewandt: »Dr Hergott hot halt en großa Tiergarta.«
    Er war hinreißend,
     ein Mann, den Jo bei Presseterminen mit Journalisten liebend gern anrief. Denn
     er machte sofort klar, dass es zwar die Pepe-Lienhard-Band gewesen war, die die
     »Swiss Lady« besungen und so das Alphorn weltberühmt gemacht hatte, aber dass
     das Alphornspiel nicht nur Angelegenheit der Schweiz war.
    Gerade erklärte er
     den Eifelern, dass Alphörner immer Sache von Landschaften gewesen waren, wo es
     Hirten und Herden gab –

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