Weinzirl 03 - Kuhhandel
mal
sehen, was der Senn für einer war.
Gerhard traf Markus
nicht mehr an, als er nur fünfzehn Minuten nach Jo ins Büro kam. Markus war auf
dem Weg zu einer Fortbildung in Augsburg. Aber weil es Jo so dramatisch gemacht
hatte, wollte Markus den Laptop nicht einfach so stehen lassen. Er stellte ihn
bei Gerhard in den Schrank und klebte einen kleinen gelben Zettel an Gerhards
Computer. »Jo Kennerknecht hat einen Computer von Svenja Gudmundsdottir
gebracht. Irgendwelche Beweise.«
Kurz nach Markus kam
die Putzfrau, die angewidert die Nase hochzog. Es stank nach Alkohol. Sie riss
das Fenster auf und hantierte mit den Flaschen. Sie stapfte ihren Job
verfluchend hinaus. Da segelte ein kleiner gelber Zettel auf der Woge des
Durchzugs unter einen Schrank. Als Gerhard sein Büro betrat, war es erfüllt von
kühler Morgenluft. Er hatte Schädelweh und holte sich erst mal einen Kaffee.
Wenig später kam Evi mit ihrer Teetasse. Sie saßen da und schwiegen, und fünf
Minuten vor acht klingelte das Telefon. Zwei junge Leute wurden angekündigt.
Gerhard ließ sie ins Besprechungszimmer führen.
»Na dann«, sagte er.
»Karina und Dominik.«
Als sie den Raum
betraten, war Gerhard verblüfft. Das war Fabian, der Typ von gestern. Er trug
die gleichen Klamotten, Karina hatte einen Minirock und T-Shirt an, Turnschuhe
dazu und das Haar zum Pferdeschwanz gebunden. Trotz der unanständig kurzen
Rocklänge sah sie wie ein liebes kleines Mädchen aus. Evi runzelte die Stirn,
als sie die Namen der beiden hörte. Und wo war Dominik?
Das konnten Karina
und Fabian auch nicht beantworten. »Er ist weg. Sein Handy ist aus, zu Hause
war er seit Tagen nicht mehr, sagt sein Vater.«
Na wunderbar, dachte
Gerhard. Der Vater genießt die Rente, die Mutter ist in München, der Junge, der
ja per Gesetz schon lange kein Junge mehr ist, interessiert zu Hause keinen.
Ein modernes Familienidyll, wo der Begriff Familie immerhin über eine
gemeinsame Postanschrift definiert wurde.
Gerhard nahm sich
Fabian vor, der ihm im Prinzip dasselbe sagte wie Karina. Sie hatten Svenja
aufgelauert und sie mit Schlagringen und einem Baseballschläger bedroht. Rambo
war Fabian in Sekundenbruchteilen in die Parade gefahren, Fabian zeigte Gerhard
sein Handgelenk, das übel zugerichtet war, und Gerhard spürte, dass der Junge
zwar den großen Macker markierte und wahrscheinlich mit Blenden und
Drohgebärden in der Jugendszene Eindruck schinden konnte, aber sich schwer tat,
einem Hund zu trotzen. Svenja hatte Rambo dann zurückgepfiffen, und die drei
waren abgehauen.
»Ich hab dich sofort
wegen unerlaubtem Waffenbesitz und Einschüchterung am Arsch. Das sollte dir
klar sein. Die Frau ist tot, und ihr habt sie kurz vorher bedroht. Was würdest
du da denken?«
»Aber wir bringen
doch keinen um. Bloß ein bisschen erschrecken wollten wir sie. Das war doch
nicht echt.«
»Nicht echt? Heh,
wach auf. Die Beißerchen, die in deinem Handgelenk gesteckt sind, die sind
echt! Das ist kein Videospiel, wo du den Score knacken kannst! Wo warst du
eigentlich letzten Donnerstag zwischen ein und fünf Uhr?«
Es schien Fabian zu
dämmern, dass er gerade nach seinem Alibi gefragt worden war. Er zögerte und
dachte nach. »Bei Karina, ich bin da die letzte Zeit abgehangen.«
»Und außer Karina
kann das niemand bestätigen?«
Er schüttelte den
Kopf.
»Merkst du was?«
Gerhard verlieh seiner Stimme etwas Spöttisches.
»Aber wenn’s doch so
ist. Was soll ich denn machen?«
Gerhard sah ihn lange
an, so lange, dass hinter der Fassade mehr und mehr ein verunsicherter Junge
zum Vorschein kam. Schweigen war oft besser als Poltern. Fabian popelte an
seinen Fingern herum, sein Blick irrte durch den Raum. Schließlich sagte
Gerhard: »Du kennst das ja. Anzeige. Jugendrichter. Jugendamt – die ganze
Maschinerie. Wenn du die nicht in Gang setzen willst, gebe ich dir eine
Chance.«
»Welche?«
»Du machst deine
Lehre weiter, und ich höre die nächsten zwei Jahre nichts von dir. Außer, dass
du der beste Automechaniker im Allgäu wirst.«
Fabian starrte ihn
an. »Aber, die sind gegen mich. Der Meister hasst mich. Die sind, die werden …«
»Nix die! Du! Ende
der Durchsage!« Gerhard haute auf den Tisch. »Du wartest hier, bis ich
zurückkomme.«
Gerhard traf Evi in
einem leeren Büro. Evi gab das Gespräch zwischen ihr und Karina wieder. Karina,
Fabian und Dominik waren sozusagen ein Trio infernale gewesen. Seit einem Jahr
unzertrennlich. Karina kannte Dominik vom
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