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Weinzirl 03 - Kuhhandel

Weinzirl 03 - Kuhhandel

Titel: Weinzirl 03 - Kuhhandel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicola Förg
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brüskiert. Sie schien nachzudenken. »Nein, das glaube ich
nicht, und nicht mal, weil ich die Augen verschließe. Aber das ist einfach
nicht sein Ding.«
    »Ist er ein
Mörder?«, fragte Gerhard.
    Wieder eine kleine
Pause. »Er ist ein furchtbarer Choleriker. Er würde sich prügeln, aber wissen
Sie, was er nie tun würde? Er würde niemanden hinterrücks niederschlagen,
sondern immer nur Aug’ in Aug’. Er liebt Männerrituale. Und er würde niemals
eine Alp anzünden – seine Alp anzünden!«
    Gerhard horchte
ihren Worten hinterher. Das war auch sein Eindruck, eigentlich. »Frau
Ostheimer, bitte bringen Sie ihn zur Vernunft. Denn wo immer er war, kann
niemals so schlimm sein wie eine Mordanklage. Bitte, auch wenn Sie und Ihr Mann
…« Gerhard rang nach Worten, wie immer hatte er Wortfindungsstörungen, wenn’s
um Gefühle ging.
    »Ich versuche es.
Kann ich ihn besuchen?« Sie klang nach wie vor ganz neutral.
    »Ja, ich kündige Sie
an.«
    Evi war
hereingekommen, und ihre Nachrichten bezüglich der Bregenzer Kollegen waren
auch alles andere als positiv. Ortlieb war auf Geschäftsreise in Südamerika,
und ohne konkreten Verdacht konnte man wenig machen. Aber Lichtenegger: Von dem
war bekannt, dass dessen dreimal wöchentlich stattfindende Trainingsrunde von seiner
Wohnung in der Ignaz-Dornach-Straße in Weiler ihn übers Paradies nach
Oberstaufen führte, weiter nach Immenstadt, über Blaichach und Rieder nach
Sonthofen, die Jochbergstraße zum Oberjoch hinauf, über Unterjoch nach Wertach,
über Kranzegg und Rettenberg wieder nach Immenstadt, hinauf nach Zaumberg, nach
Missen und über Sibratshofen und Stiefenhofen wieder nach Simmerberg. Das waren
rund hundertzwanzig Kilometer, überschlug Gerhard im Kopf. Die Höhenmeter wagte
er gar nicht auszurechnen. Gerhard, der mit dem Mountainbike durchaus seine
zweitausend Kilometer im Jahr machte, schauderte es. Das war also eine lockere
Trainingrunde für den Mann!
    »Ich denke, wir
werden ihn irgendwo vom Rad pflücken, wenn er denn fährt«, sagte Evi.
    »Ja, wann fährt er
wieder?«
    »Morgen«, sagte Evi.
»Ich nehme an, dass er fährt. Er hat keinen Grund, anzunehmen, dass wir auf
seiner Spur sind. Und er ist mit Sicherheit ein Adrenalin- und Doping-Junkie.
Ich denke, er muss fahren! Er kann nicht anders.«
    »Gut, ich schau
jetzt nochmals nach Bechen. Vielleicht gibt es da was Neues«, sagte Gerhard,
und einem Impuls folgend nahm er plötzlich Evis Hand und drückte sie ganz fest.
»Ich bin froh, dass du da bist. Ich hatte im Februar bei dieser Funkenleiche
schon manchmal das Gefühl, dass mich der Job überfordert. Aber jetzt?
Vielleicht sollte ich wieder Streifenpolizist werden? Werd ich zu alt, um mich
freudig auf die Enthüllung der Taten von Wahnsinnigen, Psychopathen und
Verzweifelten zu stürzen?«
    Evi lächelte ihm
aufmunternd zu. »Nein, Chef, du bist nicht zu alt. Dann bin ich auch zu alt.«
Sie zögerte. »Ich glaube, wir tun uns mit Wahnsinnigen oder Verzweifelten
leichter, weil wir Beweggründe herausmeißeln können. Was aber, wenn es hier
einfach nur um das Böse an sich geht?«
    Das Böse an sich – der
Gedanke beschäftigte Gerhard bis Bechen. Die Stimmung in der Villa der Pflugs
war weniger angespannt als bei seinem ersten Besuch heute Morgen. Das war immer
wieder ein Faszinosum. Wo Ottochen auftauchte, glätteten sich die Wogen,
flirrende Spannung in der Luft wich einer trägen Ruhe, obgleich der Mann selbst
hellwach war. Es war, als diene er als Katalysator. Frau Pflug hatte ein
Multi-Kulti-Gericht im Wok zubereitet, das extrem lecker war. Außer Kreuzkümmel
konnte Gerhard geschmacklich nichts identifizieren. Sie saßen da wie bei einem
Familientreffen.
    Und dann läutete das
Telefon. Gerhard und Ottochen waren aufgesprungen, Herrn Pflug waren die
Stäbchen hinuntergefallen, an seiner Schläfe hämmerte eine Ader. Ottochen
drückte an seiner Anlage einige Knöpfe und gab dann Herrn Pflug ein Zeichen.
»Bleiben Sie ruhig, versuchen Sie, ihn in der Leitung zu halten.«
    »Pflug.«
    Auf der Gegenseite
wurde gesprochen.
    »Wie geht es meinem
Sohn? Ich will mit ihm sprechen!«, rief Pflug, und wenig später starrte er
verzweifelt den Hörer an.
    Sie hatten alle
mitgehört. Der Entführer wollte, dass Herr Pflug bis morgen Nachmittag
zweihundertfünfzigtausend Euro bereithalten möge. Er würde sich um drei Uhr mit
dem Übergabeort melden. Dann könne Pflug das Söhnchen ja in die Arme schließen,
bis dahin müsse sich die väterliche

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