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Weinzirl 03 - Kuhhandel

Weinzirl 03 - Kuhhandel

Titel: Weinzirl 03 - Kuhhandel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicola Förg
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Sehnsucht gedulden.
    »Zu kurz!«, sagte
Ottochen auf Gerhards prüfenden Blick.
    Frau Pflug hatte zu
schluchzen begonnen. Herr Pflug war vor seinen Kamin gesunken, das Gesicht
bläulich verfärbt. Gerhard machte sich ernstliche Sorgen um den Mann.
    Er trat auf die
Terrasse hinaus und rief einen weiteren Kumpel aus der alten Jugendclique an.
Der war inzwischen Internist und Allgemeinmediziner geworden, und Werner war
jemand, auf dessen Verschwiegenheit Gerhard tausendprozentig vertraute.
    »Ich brauch dich
hier. Den eigenen Hausarzt wollen die Pflugs nicht anrufen. Aber er steht das
nicht mehr lange durch. Der Mann hat es am Herzen, glaub ich.« Gerhard erhielt
die Zusicherung, dass Werner in zwanzig Minuten da sein würde. Das waren die
Momente, in denen Gerhard Mut fasste, wo er blitzschnell Optimismus auftankte.
Solange es solche Freunde gab. Er bat selten um etwas, und genau das wussten
seine wenigen Vertrauten. Wenn er es tat, dann gab es kein Zögern.
    Gerhard nahm Markus mit,
Ottochen und Werner waren genug an Unterstützung. Über der Fahrt nach Kempten
lag ein bleiernes Schweigen. Gerhard ließ seine Gedanken im Kopf rotieren: Die
Ausdrucksweise des Entführers war so sarkastisch gewesen, und wieso hatte er
»nur« zweihundertfünfzigtausend gefordert? War es doch Dominik, der wusste,
dass seine Eltern nicht mehr lockermachen konnten? Sie fuhren ins Büro und
bereiteten den Einsatz für morgen vor. Was, wenn Lichtenegger morgen auf sein
Training verzichtete?
    Am nächsten Morgen
platzierten sich Gerhard, Evi und einige Kollegen mit mehreren Wagen am
Parkplatz des Alpsee-Skizirkus. Die Sonne brannte wieder unvermindert herab. Es
war seit Wochen so trocken, dass der Wind jetzt Staubwolken über den Parkplatz
trieb, dann einige Heubüschel, es war wie in einem Italo-Western. Autos statt
Pferden, aber die Spannung flimmerte wie in »Spiel mir das Lied vom Tod«. Nur
bin ich nicht Bronson, dachte Gerhard. Er kniff die Augen zusammen und starrte
in die Sonne. Bunte Teilchen tanzten Ringelreihen vor seinen Augen. Er fror auf
einmal, obwohl es schon wieder siebenundzwanzig Grad waren.
    Gerhard hatte Markus
und einen Wagen in aller Frühe nach Weiler geschickt, um sie zu informieren, ob
und wann Lichtenegger starten würde. Sie hätten ihn natürlich auch zu Hause
festnehmen können, aber Gerhard hatte die vage Hoffnung, dass er eventuell
nicht die Trainingsrunde fahren würde, sondern sie womöglich zu einem
Medikamentenlager oder weiteren Beweisen führen könnte.
    Um neun rief Markus
an. Alle zuckten zusammen.
    »Der Römerkopf ist
weg«, hörte Gerhard Markus über Funk.
    »Was für ein Kopf?«
    »Na, der an der
Gastwirtschaft, am Ortseingang. Der war doch so schön!« Das klang wie bei einem
Kleinkind, dessen Sandkuchen von einem bösen Spielkameraden zerstört worden
war.
    Gerhard war so
konsterniert, dass sein Protest in einem glucksenden Geräusch erstarb. Evi
übernahm. »Markus, Herzblatt. Der Römerkopf steht jetzt beim
Antiquitätenhändler kurz vor der Grenze Neuhaus, aber wolltest du uns nichts
anderes sagen?«
    »Ach so, ja, der Typ
ist losgefahren. Wie der Teufel ist der losgestrampelt. Es sieht so aus, als
führe er die normale Runde.«
    »Danke, Markus,
Herzblatt! Bleibt an ihm dran.« Evi lachte so sehr, dass ihr Tränen in die
Augen schossen. Ihr Lachen entkrampfte die Atmosphäre. Gerhard schüttelte nur
den Kopf und stapfte davon.
    Lichtenegger kam
kurz nach halb zehn ins Bild. Er fuhr eine sehr hohe Trittfrequenz, sein Blick
war konzentriert. Er machte zwei schnelle Ausweichschlenker, so, wie nur Profis
ein Rad beherrschen können, als ein Auto, für ihn völlig unerwartet, vom
Parkplatz auf die Fahrbahn schoss. Er hieb unter einer Schimpftirade auf das
Dach, wollte wieder antreten, und eine Sekunde zu spät erkannte er die
Zusammenhänge. Drei andere Autos hatten ihn in die Zange genommen. In seinen
Augen stand das jähe Erkennen, dass er in der Falle saß. Und als Gerhard auf
ihn zuging, sah er in diesen Augen auch, dass Lichtenegger genau wusste,
weswegen sie ihn gestoppt hatten. Und dann wurde dieser Blick spöttisch, Hohn
trat in seine Züge.
    Ein Beamter nahm ihm
das Fahrrad ab, Lichtenegger stand zwischen zwei Autos. Gerhard wollte gerade
auf ihn zugehen, als Lichtenegger losrannte. Wie ein Hase schlug er zwei, drei
Haken, schubste einen überraschten Beamten zur Seite und rannte bergwärts.
Senkrecht unter die Trasse des Skilifts. Einige Sekunden später spurteten
Gerhard und Markus

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