Weinzirl 03 - Kuhhandel
Ende.
Gerhard war sehr
froh, Markus und Ottochen zu sehen. Vor allem Ottochen. Gerhard setzte die
beiden ins Bild und bat sie, die Fangschaltung zu installieren. Er nahm
Ottochen zur Seite.
»Bitte pass auf die
beiden auf. Beruhige sie und melde dich sofort, wenn irgendwas passiert. Ich
fahre jetzt ins Büro. Haltet mich auf dem Laufenden!« In der Zwischenzeit war
Frau Pflug zurückgekommen. Es war offensichtlich, dass sie sich übergeben
hatte. Gerhard ging auf sie zu und nahm ihre Hand. »Wir schaffen das.«
Als Gerhard in
Kempten eintraf, war Anni Fink gerade gegangen.
Evi tippte etwas in
den Computer, wie entfesselt hackte sie in die Tasten. Sie erblickte Gerhard,
und ihre Augen sahen aus, als hätte sie Fieber. »Er war es! Er war es! Er war
auf der Alp. Anni Fink konnte bestätigen, dass er öfter, mal alleine, aber auch
mit anderen jungen Männern oben gewesen ist. Sie kamen meist mit dem
Mountainbike. Sie nahm an, das seien Kumpels von Seppi gewesen. Besonders
interessant aber ist, dass sie an dem Tag, an dem sie Svenja bei den Schumpa
gesehen hat, also an dem Tag, als Seppi im Tal war, ein Mountainbike weiter
oben am Zaun hat lehnen sehen. Einen Menschen hat sie nicht entdeckt, das Rad
war aber später wieder weg. Sie hatte sonst wenig Kontakt zu Seppi. Sie hat ihn
verabscheut. Warte, ich zitiere sie. ›Dem sind die Viecher verreckt wie die
Fliegen. Und dann ist jedes Mal der Heli gekommen. Der Seppi ist
dabeigestanden, als würde ihn des nichts angehen.‹ Dann ist sie richtig
leidenschaftlich geworden: ›Wisset, er war kui Senn wia ma uiner sei muas. Ma
wachst mit deane Viecher doch zämet, ma verbringt dia Sommer zämet.‹«
Gerhard konnte ein
wenig lächeln, angesichts von Evis Versuchen, Allgäuerisch richtig zu betonen.
Er nickte ihr zu. »Fahndung?«
»Ist schon raus. Und
jetzt du: Was ist da in Bechen los?«, fragte Evi gespannt.
Gerhard erzählte es
ihr. Evi hörte aufmerksam zu, Gerhard konnte sie förmlich denken sehen, als sie
schließlich fast verzweifelt sagte: »Jetzt hatte ich gerade so ein gutes
Gefühl, dass wir eine Spur haben. Ich hab vor lauter Überschwang sogar Jo
angerufen. Sie war auch ganz begeistert. Aber nun? Mit wie vielen Fällen haben
wir es zu tun? Und wie viele Leute suchen wir eigentlich inzwischen? Ist da ein
schwarzes Loch im Allgäu? Vielleicht irgendwo im Kemptner Wald? Oder am
Schwarzen Grat, der hat so was Verhextes. Himmel, das gibt’s doch alles nicht!«
Gerhard versuchte es
mit Ironie. »Wir suchen doch nur Dominik und seine Entführer, falls es denn
welche gibt.« Er unterbreitete Evi seine Theorie, ob Dominik das wohl
inszeniert haben könnte, um seinen Mord an Svenja zu vertuschen. Dann fuhr er
fort: »Und wir suchen Lichtenegger und diesen Ortlieb. Aber Ortlieb, den suchen
ja die Gsieberger aus Bregenz. Also, was willst du? Das schaffen wir doch an
einem Vormittag locker.«
Gerhards Vormittag
hatte in Wirklichkeit so gar nichts von einem locker-leicht aufgeschlagenen
Dessert. Er war zäh wie ein Kuchenteig, der in der Schüssel pappte. Ostheimer
hüllte sich nach wie vor in Schweigen. Gerhard saß ihm gegenüber und
betrachtete ihn. Zwischen den beiden Männern kitzelte ein einfallender
Lichtstrahl die Tischoberfläche, Staubpartikel zeigten darauf zuckende Tänze.
Irgendwo surrte eine Fliege. Sie war laut und hektisch, Ostheimer völlig in
sich gekehrt. Aber Gerhard hätte schwören können, dass er nach einem Ausweg
suchte. Hatte der Mann eine Geliebte? Und war bei ihr gewesen? Das konnte sich
Gerhard irgendwie nicht vorstellen. Aber Gerhard konnte sich sowieso nicht
vorstellen, warum man so beharrlich schwieg.
»Ostheimer, Sie sind
des Mordes angeklagt. Jetzt machen Sie das Maul auf! Entweder Sie gestehen den
Mord, oder Sie sagen mir, wo Sie die letzte Woche nach Ihrer Abreise aus Ungarn
waren. Ich brauche ein Alibi von Ihnen!«
Nichts, nur die
Fliege surrte. Sie landete im Lichtstrahl, und mit einer so schnellen Bewegung,
dass Gerhard wirklich erschrak, schoss Ostheimers Hand vor. Er zerquetschte die
Fliege in seiner Pranke.
Gerhard verließ den
Raum. Auch in seinem Büro wanderte ein Sonnenstrahl durch den Raum. Gerhard
folgte ihm mit Blicken, wie hypnotisiert. Endlich griff er zum Telefon, rief
Frau Ostheimer an und setzte sie ins Bild, dass ihr Mann sich in beharrlichstes
Schweigen hüllte.
»Sehen Sie, es muss
einen Grund dafür geben. Hat er eine Geliebte, die er nicht reinreiten will?«
Frau Ostheimer war
weder entrüstet noch
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