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Weinzirl 03 - Kuhhandel

Weinzirl 03 - Kuhhandel

Titel: Weinzirl 03 - Kuhhandel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicola Förg
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so blöde gebrochene
Spareribs so weh? – in eine Jeans, nahm ein Hemd und schlüpfte in Lederslipper.
Die hatte ihm irgendeine Freundin mal aufgezwungen, die seinen Stil ändern
wollte. Er hatte dann lieber die Frau geändert anstatt seines Stils. Heute aber
war er ihr dankbar. Turnschuhe zu binden wäre unmöglich gewesen. Auf der Fahrt
nach Bechen sprach er Evi auf die Mailbox.
    »Bella Collega,
bitte mach du das mit Frau Fink, und bitte entzieh’ der Drogenfahndung Markus.
Der soll zusammen mit Ottochen so schnell wie möglich nach Bechen kommen. Wir
müssen eine Fangschaltung installieren.« Er nannte die Adresse. Die Sonne war
wieder da, sie hatte das zarte Anklopfen des Herbstes noch nicht erhört. So
schnell wollte sie die Regentschaft nicht aufgeben.
    Als Gerhard die
Stufen zu der südländisch anmutenden Villa hochstieg, stand Pflug schon an der
Eingangstür.
    »Danke, dass Sie so
schnell kommen konnten.«
    Mehr sagte er nicht.
Er war grau im Gesicht, er hatte so gar nichts mehr von dem vitalen Daktari. Er
führte Gerhard ins Haus, das Gerhard bei seinem letzten Besuch von innen gar
nicht gesehen hatte. Auch hier gab es organische Formen, einen schlichten
Kamin, der nicht irgendwo an einer Wand pappte, sondern mitten im Raum stand
und rundum eine Steinbank besaß, auf der viele bunte Kissen lagen.
    Eine Frau, die dort
kauerte, erhob sich und kam auf ihn zu. Sie war eher üppig als schlank, hatte
naturkrause schulterlange Haare, die sie in einem Bronzeton gefärbt hatte. Sie
trug eine weich fließende Kombination aus Jacke und Hose aus irgendeiner neuen
Mikrofaser in einem warmen Grünton. Ihre Augen waren ebenso grün, und was
Gerhard faszinierte, war deren markante Schrägstellung. Sie war eine Frau, die
man zweimal ansah oder öfter, auch wenn sie heute mit den verquollenen Augen
sicher nicht ihren besten Tag hatte. Gerhard kannte diesen Gesichtsausdruck nur
zu gut – und er tat ihm immer wieder weh. Die völlige Reduktion auf die
Verzweiflung und die Hoffnung, die mit seinem Kommen aufflackerte.
    »Frau Pflug,
Weinzirl. Behalten Sie doch Platz!«
    Sie nickte und
sackte wieder zwischen die Kissen. Herr Pflug hatte in der Zwischenzeit eine
Kanne Kaffee und Tassen gebracht. Gerhard bedankte sich und hieß Pflug zu
erzählen. Tatsächlich hatte ein Mann angerufen, der behauptete, Dominik
entführt zu haben und demnächst seine Lösegeldforderungen stellen zu wollen. Er
hatte nur das Nötigste gesagt und natürlich verlangt, dass die Polizei nicht
eingeschaltet würde. Pflugs hatten lange diskutiert, bis Herr Pflug heute in
der Frühe Gerhard angerufen hatte.
    »Herr Pflug, bitte
verstehen Sie mich jetzt nicht falsch. Sie wissen, dass wir Ihren Sohn suchen
wie die Stecknadel im Heuhaufen. Meinen Sie, das könnte eine Finte sein? Könnte
er sich das ausgedacht haben, um vom Verdacht abzulenken? Ich weiß, dass ich
auf Sie jetzt sehr unsensibel wirke, aber wir müssen diese Möglichkeit
einkalkulieren.« Gerhard gab seinen Worten einen festen und dennoch
mitfühlenden Klang.
    Frau Pflug hatte
wieder zu weinen begonnen, ihr Mann war relativ gefasst.
    »Was erwarten Sie?
Allein das Verschwinden meines Sohnes bringt mich fast um. Dann wird er
polizeilich gesucht. Sie fragen mich, ob er ein Blasrohr bedienen kann. Das
Bild unseres ganzen Lebens war wie ein hübsches Puzzle, das jemand aufgeklebt
und an die Wand gehängt hat. Nun ist es heruntergefallen, es war ein Puzzle mit
tausend Teilen. Die Stücke sind überall, unter Möbel gesprungen, die Treppen
hinuntergekollert. Ich werde sie nie mehr alle finden. Herr Weinzirl, natürlich
glaube ich weder, dass mein Sohn in irgendetwas Kriminelles verstrickt ist,
noch glaube ich, dass er so perfide wäre, seine eigenen Eltern zu erpressen.
Und ich weiß, was Sie denken: Das ist schon in ganz anderen Familien
vorgekommen, deren Welt noch heiler schien als unsere.«
    Eine Schweigepause
entstand, bis Frau Pflug ganz leise sagte: »Keine Mutter wird etwas auf ihr
Kind kommen lassen. Aber Dominik ist in Lebensgefahr. Wenn die ihn umbringen,
fragen Sie dann immer noch?«
    Aus einer Ecke des
Zimmers kam plötzlich ein Kreischen und dann ein schrilles »Nik, Nik, Nik.« Ein
Papagei, ein großer Ara, hatte begeistert den Namen Dominik aufgenommen. Sie alle
starrten das Tier an, und Frau Pflug stürzte aus dem Zimmer. An der Tür läutete
es. Pflug schrak bei dem Geräusch dermaßen zusammen, dass sich Gerhard zum
ersten Mal wirkliche Sorgen machte. Der Mann war am

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