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Weinzirl 03 - Kuhhandel

Weinzirl 03 - Kuhhandel

Titel: Weinzirl 03 - Kuhhandel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicola Förg
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war
so was wie ein kurzes Zögern in seiner schnellen, selbstsicheren Redeweise, so
etwas wie eine Verunsicherung, »ich hab das Zeug gebraucht. Ich hatte es bisher
von Ortlieb direkt bezogen, aber das wurde Ortlieb zu heiß. Und so gab es für
mich Sonderkonditionen auf der Himmelsschwand-Alp – verbunden damit, auf Seppi
ein Auge zu haben.«
    »Das heißt, Seppi
wusste seinerseits wieder nicht, dass Sie Ortlieb kannten?« Gerhard konnte das
Ausmaß dieser ganzen Verstrickung nur erahnen.
    »Korrekt!«
    Gerhard war
angewidert. Jeder hatte hier jeden verarscht, kleine Portiönchen von Wahrheit
waren in leicht verdaulichen Häppchen verteilt worden, dazu hatte es
wahrscheinlich kumpelhaftes Schulterklopfen gegeben, kernige Männergespräche,
und jeder der Beteiligten hatte hinter vorgehaltener Hand doch über den anderen
gelacht. Was für eine Bande!
    »Und wieso sollten
Sie Seppi im Auge haben?«
    »Sepp Gantner wurde
Ortlieb zu unvorsichtig. Seppi dachte, er sei unverwundbar. Er war ein bisschen
großspurig, dieser Bauerntrottel. Als da immer mal wieder die Viecher verreckt
sind, hat er sich die tollsten Geschichten ausgedacht, wo die abgestürzt seien.
Oder einmal hat er gegenüber dieser Frau Fink von der Nachbaralm fabuliert,
eine Kuh habe sich mit der Glocke stranguliert. Er ging richtig auf in seinen
kleinen Märchenstunden. Er war eine Gefahr für uns. Er ist öfter, als es gut
war, ins Tal runtergefahren und nach Immenstadt, weil er da so eine Kleine aus
dem Hotel Rothenfels gevögelt hat. Dann hat er vor lauter Samenstau die Hütte
nicht mal abgesperrt. Ich musste da ein bisschen den Aufpasser spielen.« Sein
Lachen war ätzend.
    Schon in deinem
eigenen Interesse, dachte Gerhard. »Und eines schönen Tages sahen Sie Svenja?«
Noch immer bemühte sich Gerhard um einen unterkühlten Tonfall.
    »Ja, eine dicke
Frau, die an den Rindern rumgefummelt hat.« Er lachte weiter unangenehm. »Ich
hatte mir erst gar nichts gedacht, bis ich Seppi gefragt habe. Der wusste von
nichts, meinte aber, entweder ich würde spinnen oder aber ich solle mich nicht
so anstellen. Er faselte was von einer Touristin, oder so. Drüben auf der
Nachbaralp würden ja immer mal Leute übernachten.«
    »Das hat Sie aber
nicht überzeugt?« Gerhard musterte ihn weiter aufmerksam.
    »Nein, hat es nicht.
Ich habe zwar nicht genau gesehen, was die Tante da veranstaltet hatte, aber
dass das keine Touristin war, war sonnenklar. Aber Seppi ging es ja nur um
seine Kohle, die er durch das Vertickern der Medikamente verdiente. Und das, so
seine Logik, wäre nie nachzuweisen, auch wenn jemand an seinen Rindern
rumfummelt. Dieser Bauerntrottel, dieser dreiste!«, fluchte Lichtenegger.
    »Womit er letztlich
Recht hatte, oder?«
    »Ja, aber er war ein
selbstherrlicher kleiner Popanz. Da hab ich mich dann mal schlau gemacht, wer
die Lady war.« Wieder dieses anzügliche Grinsen.
    »Und?«
    »Nun, ich habe meine
Quellen und habe bald erfahren, dass das Ostheimers Mitarbeiterin war.«
    »Und dann?
Lichtenegger, ein bisschen zügiger, wenn’s geht.« Gerhard trommelte auf die
Tischplatte.
    »Nun, dann hab ich
mir die Lady mal vorgenommen.« Er grinste Gerhard ins Gesicht und fläzte sich
tiefer in den Stuhl. Er war die pure Provokation.
    »Und wie habe ich
mir das vorzustellen?« Gerhard rang um Fassung, aber sein professioneller Ton
drohte ihm mehr und mehr abhanden zu kommen.
    »Herr Kommissar, das
muss ich Ihnen doch nicht erzählen. Sie war hungrig. Diese alten Weiber sind ja
so dankbar. Sag ihr, sie sähe jünger aus. Sag ihr, ihr Körper wirke noch so
jung. Sag ihr, sie hätte geile Titten. Dabei hatte sie Übergewicht wie eine
alte Kuh. Aber sie hatte durchaus Qualitäten. Sie wissen schon: großer Mund,
flinke Zunge.«
    Hätte er ihn auf der
Allgäuer Festwoche getroffen oder bei irgendeinem Stadelfest, Gerhard hätte ihn
vors Zelt gezerrt und geprügelt. Bis nackte Angst in seinem Gesicht gestanden
hätte. Und auf einmal spürte Gerhard Hass. Blanken Hass, ein Gefühl, das er
sich im Beruf niemals zugestand, denn Hass verdunkelte das klare Denken. Hass
rührte von einer extrem starken emotionalen Beteiligung her, und das war nie
gut. Aber diesen Typen hasste er.
    Gerhard verließ den
Raum, zwang sich, gemessenen Schrittes hinauszugehen. Draußen rannte er zur
Toilette, schöpfte sich kaltes Wasser ins Gesicht. Er starrte in den Spiegel.
Er sah aus wie immer, übermüdet zwar, schlecht frisiert. Wie immer eben. Aber
in seinem Inneren brannte

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