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Weissbier im Blut - Ein Kriminalroman aus dem bayerischen Unterholz

Weissbier im Blut - Ein Kriminalroman aus dem bayerischen Unterholz

Titel: Weissbier im Blut - Ein Kriminalroman aus dem bayerischen Unterholz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joerg Graser
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Sadisten und sonstige Psychopathen. Da lernt er dann, was er noch nicht weiß. So ist das nun mal. Also? Frühlingsrolle, ja oder nein?«
    »Ist mir wurscht.«
    Es gab Frühlingsrollen. Sie waren mit einem Gemüsematsch gefüllt, der den Geruch der Plastikverpackung angenommen hatte. Es war sehr viel Salz nötig, und das Salz machte die beiden durstig. Die Weinflasche wurde rasch leer und eine zweite auch. Die März hatte wacker mitgehalten, aber sie vertrug nicht so viel wie ihr Gast. Der Küchenwecker hatte schon längst gebimmelt, und das Chop Suey wurde immer dunkler. Hinter der Glasscheibe des Backofens breitete sich Rauch aus.
    »Ihr Chef hat mich angerufen, dieser Kriminaloberrat…«
    »Becker.«
    »Er hat gesagt, dass Sie willens und bereit sind für eine Therapie.«
    Kreuzeder schwieg.
    »Ich würd Sie gern überweisen. Und zwar zu einem Kollegen, der sich mit Alkoholproblemen auskennt.«
    »Das braucht’s nicht. Ich kenn mich selber mit Alkoholproblemen aus.«
    »Das glaub ich Ihnen. Außerdem will Becker ein neues Gutachten. Er bezweifelt, dass Sie noch diensttauglich sind. Er hält Sie für gemeingefährlich.«
    »Und Sie? Für was halten Sie mich?«
    »Ich vermute, dass Sie wahnsinnig sind.«
    »Aha.«
    »Das Problem ist nur, dass fast alle wahnsinnig sind. Das ist jedenfalls meine Theorie. Es gibt nur ganz wenige, die nicht wahnsinnig sind. Aber das sind Ausnahmen. Die sind nicht normal.«
    »HabenS’ diese Theorie schon mal irgendwo veröffentlicht?«
    »Nein. Ein ganz entscheidendes Symptom für den Wahnsinn ist die fehlende Krankheitseinsicht. Also, wenn Sie einem Wahnsinnigen sagen, dass er spinnt, dann glaubt er das nicht. Deswegen hat das auch keinen Sinn, dass ich meine Theorie veröffentliche. Es würde mir keiner glauben.«
    »Ich schon.«
    Er schnupperte, und auch die März roch es jetzt. Sie kicherte, als sie die Bescherung im Backofen sah, schaltete das Gerät aus und öffnete die Klappe. Der Rauch quoll nun in die Küche.
    »O weh.«
    Er machte das Fenster auf. Sie nahm einen Topflappen, zog die Aluschale heraus, stellte sie ins Spülbecken und ließ kaltes Wasser über die verkohlte Flugente laufen.
    »Das Chop Suey können wir vergessen.«
    »Macht nichts. Ich wollt sowieso noch in den Grauen Raben.«
    Er beugte sich aus dem Fenster und atmete die kalte Nachtluft ein. Durch die Rauchschwaden sah sie seine Gestalt nur noch in Umrissen.
    »Fühlen Sie sich manchmal einsam?«
    »Wieso?«
    »Ich frag nur. Schließlich muss ich der Sache ja auf den Grund gehen.«
    »Welcher Sache?«
    »Na, warum Sie Ihren Lebensmittelpunkt praktisch ins Wirtshaus verlegt haben.«
    »Wenn ich mich einsam fühl, dann zieh ich los und mach ein paar Verhöre.«
    »Also das würde mich nicht befriedigen.«
    »Das seh ich.«
    »Woran sehen Sie das?«
    »An Ihrem blauen Auge.«
    »Ich ruf Ihnen ein Taxi.«
    »Danke, nicht nötig. Ich kann schon noch selber fahren.«
    »Auf keinen Fall.«

21
    Die Wartezeit auf das Taxi wurde mit Grappa überbrückt. Dabei wurde die März so fidel, dass sie auf den Grauen Raben neugierig wurde. Die Nacht war noch jung.
    »Ich hab kein Haustier, auf das ich Rücksicht nehmen muss, ich bin frei wie der Wind.«
    Dem Taxifahrer erzählte sie, dass ihr Vorname Carmen sei und dass das für eine Rothaarige durchaus problematisch sei. Sie sei zwar so leidenschaftlich wie die Carmen aus der Oper, so voller Leben, aber viel zarter besaitet und deshalb sei alles so schwierig und verwirrend. Der Marokkaner am Steuer hörte sich das alles kommentarlos an, und auch Kreuzeder nickte nur ab und zu, wenn sie ihn mit einem Seitenblick bedachte.
    Die Bichler hatte schon begonnen, die Stühle auf die Tische zu stellen, und beobachtete äußerst unwillig, wie sich diese an einem Auge demolierte Schönheitsstatue mit ihrem Stammgast an den »Smoking Champions«-Tisch setzte.
    »Wir machen in zehn Minuten zu, und zu essen gibt’s auch nichts mehr.«
    Frau Doktor Carmen März ließ sich dadurch nicht beeindrucken.
    »Dann bringenS’ mir bittschön einen Aperol.«
    »Sekt haben wir keinen mehr heroben.«
    »Und was heißt das?«
    »Soll ich etwa Ihretwegen in den Keller gehen? Um die Zeit? Wenn Sie den Karton hochtragen wollen, bitte sehr. Ich mach das nicht mehr. Ich hab genug Kartons hochgeschleppt in meinem Leben.«
    Kreuzeder mischte sich ein.
    »Geh, sindS’ doch so gut, Gerda, und bringenS’ uns einen Grünen Veltliner.«
    Die Bichler schlurfte mit finsterer Miene zur Theke.
    »Das ist aber eine

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