Weissbier im Blut - Ein Kriminalroman aus dem bayerischen Unterholz
eigenartige Kellnerin.«
»Ein armes Luder ist das.«
»Warum ist die so aggressiv?«
»Der Wirt drangsaliert sie.«
»Das muss sie aber nicht an mir auslassen.«
Das blau umrandete Auge der März zwinkerte.
»Ich glaub fast, Sie haben da eine Verehrerin.«
»Das kann schon sein. Es geht ihr ja ziemlich schlecht.«
»Sie führen das darauf zurück?«
»Hauptsächlich.«
Die Bichler kam mit einer Whiskyfahne, einer Weinflasche und drei Gläsern daher.
»Sie haben doch nichts dagegen, wenn ich mich ein bisserl hersetz.«
Sie wartete erst gar keine Antwort ab, verteilte die Gläser und schenkte ein.
»WissenS’, was der Wirt zu mir gesagt hat? Er stellt jetzt sein Privatvergnügen mit mir ein, weil ich angeblich zu laut bin im Bett und außerdem alles schmutzig mach. Muss ich mir so was sagen lassen?«
Kreuzeder wich vor der hochprozentigen Wolke aus Fusel, Schweiß, Maiglöckchen und Empörung ein wenig zurück.
»Sie sind ihm wahrscheinlich lästig.«
»Auf einmal? Jahrelang hab ich herhalten müssen, weil in Bezug auf seine Frau die Luft raus ist, und jetzt mach ich auf einmal sein Bett schmutzig! Ja, bin ich denn ein Haufen Dreck, den man wegkehrt?«
»Mich brauchenS’ da nicht fragen. Ich bin erst zuständig, wenn irgendwo der Geduldsfaden reißt.«
»Soll ich das jetzt schlucken, dass ich ausgedient hab, so wie ich jahrelang sein Zeug geschluckt hab? Ich frag Sie als Stammgast. Ich möcht wissen, was die Stammgäste dazu sagen, wenn jetzt auf einmal eine Tschechin hier bedient!«
»Ist es also so weit?«
»Irina heißt sie. Viel mehr weiß ich auch nicht. Und dass ich sie anlernen soll. Das wird obendrein von mir verlangt, dass ich ihr alles zeigen soll! Vielleicht soll ich ihr auch noch zeigen, wie das Hosentürl vom Wirt aufgeht?«
Die März hatte verblüfft zugehört, jetzt wurde sie aber doch ungeduldig.
»Entschuldigen Sie, aber wir haben hier ein Gespräch.«
»Ich hab auch ein Gespräch, und zwar mit einem Stammgast. Als Kellnerin mit einem Stammgast. Ich bin hier zwar nicht mehr lange Kellnerin, aber noch bin ich es. Und letzten Endes bin ich auch ein Mensch.«
»Das bestreitet niemand.«
»Haben Sie ein Festgehalt?«
»Ja, wieso?«
»Dann sollten Sie die wenigen Männer, die auch noch ein Festgehalt haben, in Ruh lassen. Wozu brauchen Sie überhaupt einen Mann, wenn Sie ein Festgehalt haben?«
»Das frag ich mich auch manchmal.«
»Man braucht sie doch nur eine halbe Stunde und hinterher sollt man sie erschlagen, wie dieses Insekt das macht.«
»Sie meinen die Gottesanbeterin?«
»Heißt die so? Na, das passt ja.«
»Die erschlägt das Männchen aber nicht. Sie frisst es einfach auf.«
»Respekt. Wie ist das eigentlich, Herr Kommissar? Mit was muss ich denn rechnen, wenn einmal ein Unglück geschieht?«
»Was für ein Unglück?«
»Zum Beispiel, wenn ich dem Wirt aus Versehen ein Messer reinrenn? Sagen wir mal zwanzigmal?«
»Das kommt auf das Gericht an. Wie die das beurteilen. Ob die das als Totschlag werten oder als Mord. WollenS’ da genaue Zahlen wissen?«
»Doch, das interessiert mich.«
»Also ein Totschlag bringt Ihnen bis zu zehn Jahre, von denenS’ bei guter Führung sieben oder acht absitzen müssen. Ein Mord bringt Ihnen lebenslänglich, und das sind in der Praxis, wenn Sie sich im Gefängnis einigermaßen benehmen, zwanzig Jahre.«
Die Bichler schlürfte ihren Wein und kräuselte ihre Stirn, wie sie das manchmal tat, wenn sie die Striche auf einem Bierdeckel zusammenrechnete.
»Da ist also nur der Totschlag interessant. Wird das auf die Rente angerechnet, die Jahre, die man da eingesperrt ist?«
»Wenn Sie im Gefängnis eine Ausbildung machen.«
»So was geht?«
»Sie können sogar eine Meisterprüfung machen, zum Beispiel als Friseuse. Das wär möglich.«
»Das wird ja immer interessanter.«
»Computerkurse, das gibt’s inzwischen alles. Es haben auch schon Leut ihre künstlerische Ader im Gefängnis entdeckt, weil es da einfach weniger Abwechslung gibt.«
»Kann ich dort auch in meinem Alter noch Friseuse werden?«
»Da spricht nichts dagegen. Friseuse, das könnten Sie auch von der Intelligenz her packen.«
»Und wovon hängt das ab, ob es ein Totschlag oder ein Mord ist?«
»Mord ist es bei niederen Beweggründen und wenn es geplant ist, sozusagen. Also vorsätzlich, wie es in der Amtssprache heißt.«
»Eine Ausbildung als Friseuse ist ja kein niederer Beweggrund.«
»Damit würd ich vorsichtig sein, weil das klingt schon sehr nach
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