Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Weiße Stille

Weiße Stille

Titel: Weiße Stille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Barclay
Vom Netzwerk:
Sie damit?« Sie warf Gary einen Blick zu. Dessen Augen funkelten wütend.
    »Nun, das hat hauptsächlich hiermit zu tun … « Monahan warf ein anderes Foto auf den Tisch. Es zeigte einen hübschen Latino-Jugendlichen mit großen braunen Augen.
    Rens Gesicht brannte. Ihre Kehle war wie zugeschnürt. Schweiß brach ihr aus. Warum starren alle mich an? Sie stellte die Füße nebeneinander auf den Boden und beugte sich vor.
    »Er ist jetzt siebzehn Jahre alt«, sagte Monahan.
    Ren hob den Blick. »Aber …«
    »Nach der Razzia im Brockton Filly wurden ungefähr zehn Minderjährige mit aufs Revier genommen. Offenbar war dieser Junge, den niemand kannte, plötzlich aufgetaucht und hatte für alle Runden ausgeben. Er hatte einen nahezu perfekt gefälschten Ausweis. Alle Jugendlichen wurden zum Büro des Sheriffs gebracht und nach Drogen durchsucht. Dieser Junge hatte zwar keine Drogen bei sich, aber mehr als tausend Dollar in bar. Wir haben die Scheine überprüfen lassen und festgestellt, dass es Geld aus dem Überfall in Idaho Springs ist. Und nun fragen wir uns, ob es eine Verbindung zwischen dem Jungen und Billy Waites gibt.«
    »Nein«, sagte Ren. »Nein.«
    »Warum ist Billy dann abgehauen?«
    Was?
    »Wie bitte?«
    »Er ist abgehauen. Kurz nach der Razzia war er verschwunden«, sagte Monahan.
    Ren erinnerte sich, dass es in der Kneipe dunkel gewesen war.
    »Ich glaube nicht, dass Billy Waites etwas damit zu tun hat.«
    »Das können Sie doch gar nicht wissen«, widersprach Monahan. »Waites kann unglaublich charmant sein.«
    »Auf Charme falle ich nicht herein«, sagte Ren.
    »Ich spreche nicht über einen Mann, der Sie in einer Kneipe anquatscht. Ich spreche über den Job.«
    »Ich auch«, erwiderte Ren und starrte ihn mit kaltem Blick an.
    »Ich spreche über den Charme eines Mannes«, fuhr Monahan ungerührt fort, »der jahrelang gelogen hat. Der jahrelang bekommen hat, was er wollte, und der sich immer wieder der Strafverfolgung entzogen hat.«
    »Ich würde mich sehr wundern, wenn Mr. Waites etwas damit zu tun hätte«, sagte Ren.
    »Kann ich mir gut vorstellen«, warf Gary ein.
    Aller Blicke wandten sich ihm zu. Monahan runzelte die Stirn.
    »Nun, Agentin Bryce kennt Billy Waites besser als jeder von uns«, fügte Gary hinzu und zuckte mit den Schultern. »Und wenn sie sagt, er ist vertrauenswürdig, dann reicht mir ihr Wort.«
    »Danke, Gary«, sagte Ren.
    »Also gut«, fuhr Monahan fort. »Wir werden ja sehen, was wir herausbekommen. Vorerst gilt für Billy Waites der Grundsatz: im Zweifel für den Angeklagten. Oder zumindest der Vorteil, dass er das Vertrauen von Special Agent Ren Bryce genießt.«
    »Agentin Bryce«, sagte Warwick, »sind Sie bereit, mit unserem jungen Freund zu sprechen?«

70.
    Der Junge saß im Verhörraum. Er stützte die Ellbogen auf den Tisch und presste die Fäuste auf die Stirn. Ren beobachtete ihn durch das kleine Glasfenster. Bruchsicher. Im Gegensatz zu mir. Sie atmete tief ein und aus und hatte Angst, die Augen zu schließen, weil sie befürchtete, dann etwas zu sehen, was sie nicht sehen wollte. Doch was sie sah, traf sie genauso hart. Sie spürte Druck auf der Brust und bekam kaum Luft.
    Blende deine Gefühle aus, dann schaffst du es.
    Der Junge hob den Blick, als Ren den Raum betrat und die Tür hinter sich schloss. Er beobachtete sie mit dem verlorenen Blick, der ihr damals fast das Herz gebrochen hätte. Ren spürte den Aufruhr in seinem Innern. Sie setzte sich dem Jungen gegenüber. Einen Augenblick schwiegen sie. Schließlich schaute er sie an. Ehe Ren etwas sagen konnte, ergriff er das Wort.
    »Es war nicht immer so.« Der Junge senkte den Blick, als würde seine Kleidung etwas über ihn verraten. »Früher hatte ich jemanden, der sich um mich gekümmert hat. Ich war sechs Jahre alt, als wir sie auf dem Spielplatz kennen lernten – Mutter und ich. Sie saß auf einer Bank und weinte. Sie war eine hübsche Frau mit einer traurigen Geschichte. Sie erzählte Mutter, dass sie ein Kind verloren habe und sich gerne auf dem Spielplatz aufhalte, um in der Nähe von Kindern zu sein. Das stimme sie zwar traurig, sagte sie, aber sie hoffe, dass es sie eines Tages glücklich machen würde. Es war das einzige Mal, dass ich Mutter habe weinen sehen. In der darauf folgenden Woche brachte sie die Frau mit nach Hause. Sieaß mit meiner Familie, trank mit meiner Familie, und eines Tages zog sie bei uns ein.
    Ich war sechs Jahre alt … und diese Frau war einfach zauberhaft. Sie sorgte

Weitere Kostenlose Bücher