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Weiße Stille

Weiße Stille

Titel: Weiße Stille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Barclay
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dieselbe Schule gehen wie zuvor – eine Schule, in der die Kinder hinter ihrem Rücken tuschelten.«
    »Das muss ein Albtraum für sie gewesen sein.«
    Paul nickte. »Oh ja. Es warf sie aus der Bahn. Mit zweiundzwanzig war sie Alkoholikerin und in sehr schlechter Verfassung. Sie führte ein tragisches Leben.
    Vor einem Jahr spürte Caroline Quaintance ihre Mutter Jean Transom auf, die sie zur Adoption freigegeben hatte. Und das weckte Jeans Wunsch, wieder zu Ruth Sleight Kontakt aufzunehmen. Sie hatten nicht mehr miteinander gesprochen, seitdem die Mayers weggezogen waren.
    Jean spürte Ruth auf, was nicht besonders schwierig war. Ruth lebte noch immer in Frisco. Jean war erschüttert, als sie sah, wasaus Ruth geworden war. In jener Nacht rief sie mich an. Sie war todunglücklich. Das hatte nicht nur mit Ruths schlechter Verfassung zu tun – sie hatten auch zum ersten Mal über das gesprochen, was damals geschehen war.
    Und das Schlimmste für Ruth war zu sehen, was aus Jean geworden war: Wenn sie Jean anschaute, blickte sie in eine Zukunft, die auch sie selbst hätte haben können. In Jean sah sie das genaue Gegenteil von dem, was aus ihr geworden war.
    Zwei Tage später beging sie Selbstmord. Ihr Abschiedsbrief war an Jean gerichtet. An dem Tag, als sie sich getroffen hatten, hatte Jean Ruth gefragt, ob sie sich an den Fußboden in dem Haus erinnere, wo sie gefangen gehalten worden waren. Ruth verneinte zwar, doch sie erinnerte sich sehr wohl: Sie hatte als Kind eine Zeichnung von dem Fußboden gemalt. Und das war ihr Abschiedsbrief, den sie mit Gruß und Kuss, Ruth unterschrieb.«
    »Mein Gott«, murmelte Ren. »Die arme Frau. Und nach Jason Wardwells Aussage heute Nacht sieht es so aus, als wäre sie nicht missbraucht worden. Glaubst du ihm?«
    »Ja«, sagte Paul.
    »Ruth Sleight stand also Jean Transom gegenüber, einer offensichtlich starken und erfolgreichen Frau. Und durch den Nebel ihrer Trunksucht durchlebte sie das Trauma noch einmal, hören zu müssen, was ihre damals beste Freundin durchgemacht hatte. Hinzu kamen die Schuldgefühle, selbst nicht missbraucht worden zu sein. Hinzu kam der Schock, als Ruth erfuhr, dass Jean schwanger geworden war. Hinzu kamen Ruths Schuldgefühle, Jean belogen zu haben, als sie behauptet hatte, selbst missbraucht worden zu sein …« Ren schüttelte den Kopf. »Diese Frau hatte niemals eine Chance im Leben, nicht wahr?«
    Paul schüttelte ebenfalls den Kopf. »Ich glaube nicht. Das macht mich ja so wütend, Ren. Ich mochte Jean sehr, und sie hat mich beeindruckt. Schon als Sechsjährige träumte sie davon, FBI-Agentin zu werden. Dieser Wunsch hatte nichts mit dem zu tun, was sie als Elfjährige durchgemacht hatte. Auf der anderen Seitehaben wir Ruth Sleight – eine gebrochene Frau von dem Augenblick an, als dieser kranke Mistkerl sie in den Kofferraum seines Wagens gesperrt hat.«
    »Jean Transom wird entführt, ist schwer traumatisiert und bringt als Zwölfjährige ein Kind zur Welt. Und dennoch verfolgt sie weiter ihren Traum, FBI-Agentin zu werden«, sagte Ren. »Obwohl sie weiß, dass sie es dann mit genau jenen Typen zu tun bekommt, denen sie eigentlich ihr Leben lang aus dem Weg hätte gehen müssen. Jean war wirklich eine ganz besondere Frau.«
    »Deshalb wollte ich auch, dass jemand die Ermittlungen leitet, dem ich zutraue, jede Spur zu verfolgen, die Jean aufgenommen hatte. Ich hatte Jean ausdrücklich verboten, in diesem Fall selbst zu ermitteln. Doch als ihr Leichnam gefunden wurde, wusste ich, dass sie es trotzdem getan hatte. Also, Agent Bryce … da haben wir das Bild mit den Schuhen.«
    Ren hob eine Hand. »Jetzt sag nichts über Fußstapfen, in die ich treten soll.«
    »Nein, du kannst nicht in Jeans Fußstapfen treten. Niemand kann in die Fußstapfen eines anderen treten. Diese Redewendung macht mich wahnsinnig.«
    »Mich auch«, sagte Ren. »Das war mein Problem.«
    »Ja«, sagte Paul. »Ich wusste, dass du zwar nicht in Jeans Fußstapfen treten konntest – aber du konntest ihren Spuren im Schnee folgen.«

69.
    Als Ren am nächsten Morgen ins Büro kam, herrschte eine sonderbare Stimmung. Colin, Cliff und Robbie saßen zusammen und unterhielten sich. Als Ren hereinkam, verstummten sie augenblicklich.
    »Gute Arbeit«, sagte Colin und nickte.
    »Gut gemacht, junge Frau«, sagte Cliff.
    »Klasse, Mädchen«, sagte Robbie.
    »Vielen Dank«, erwiderte Ren und setzte sich auf die Kante des Schreibtisches.
    »Warst du die ganze Nacht auf den Beinen?«,

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