Weißer Fluch: Band 1 (German Edition)
so zahm wirkt es auf mich.
» Hier. « Sie reicht mir eine Tasse, die dem Geruch nach Pfefferminztee enthält. Ihr Blick hält dem meinen nicht so recht stand, als sie mir auch noch zwei Tabletten gibt. » Philip meint, du sollst sie nehmen. «
» Und was ist das? «
» Damit kannst du besser schlafen. «
Ich nehme die Pillen und schütte den Tee runter.
» Was läuft da zwischen euch beiden? « , fragt sie. » Er ist so seltsam, wenn du da bist. «
» Nichts « , sage ich, weil ich Maura mag. Ich möchte ihr nicht erzählen, dass Philip wahrscheinlich wegen Lila nicht will, dass ich mit ihr oder seinem Sohn allein im Haus bin. Philip hat mein Gesicht gesehen und das Blut, er hat die Leiche verschwinden lassen. An seiner Stelle würde ich auch wünschen, ich wäre nicht hier.
Mitten in der Nacht wache ich auf, weil ich dringend pinkeln muss. Mein Schädel brummt, und zunächst bemerke ich die Stimmen im Erdgeschoss kaum, als ich durch den mit Teppichboden ausgelegten Flur tappe. Ich pinkele und will spülen, aber dann drücke ich die Taste doch nicht runter.
» Was willst du denn hier? « , fragt Philip.
» Als ich es gehört habe, bin ich sofort losgefahren. « Großvaters Stimme ist unverwechselbar. Er wohnt in der Kleinstadt Carney in den Pine Barrens und hat sich dort eine Art Akzent zugelegt– oder er hat einen alten Akzent wieder angenommen. Carney ist wie ein Friedhof, wo jeder, der dort wohnt, schon sein Plätzchen gefunden und ein Haus darauf gebaut hat. Es gibt praktisch niemanden in der Stadt, der kein Fluchmagier ist, und nur wenige sind unter sechzig; sie gehen dorthin, um zu sterben.
» Wir kümmern uns gut um ihn. « Einen Augenblick lang bin ich baff und frage mich, ob ich richtig gehört habe. Barron ist auch da unten. Ich kann mir nicht erklären, warum er mir nicht gesagt hat, dass er kommt. Mom hat immer behauptet, er und Philip würden alles Mögliche vor mir verbergen, weil ich der Jüngste bin; aber ich weiß genau, es liegt daran, dass sie Fluchmagier waren, und ich nicht. Nicht einmal Großvater kommt hoch und holt mich dazu.
Ich mag zu dieser Familie gehören, aber ich werde immer ein Außenseiter sein.
Jemanden zu ermorden, hat auch nicht gerade geholfen, obwohl man es aus einer gewissen Perspektive hätte erwarten können. Immerhin habe ich damit bewiesen, dass ich das Zeug zum Verbrecher habe.
» Jemand muss ein Auge auf den Jungen halten « , sagt Großvater. » Er muss was zu tun haben. «
» Ausruhen muss er sich « , sagt Barron. » Außerdem wissen wir noch gar nicht, was passiert ist. Und wenn nun jemand hinter ihm her war? Was, wenn Zacharov herausgefunden hat, was mit Lila passiert ist? Er sucht immer noch nach seiner Tochter. «
Bei dem Gedanken wird mein Blut zu Eis.
Ich höre ein Schnauben. Wahrscheinlich ist es Philip, aber dann sagt Großvater: » Und bei euch beiden Clowns soll er in Sicherheit sein? «
» Klar « , antwortet Philip. » Wir passen schon die ganze Zeit auf ihn auf. «
Ich schleiche zur Treppe und gehe auf dem Vorsprung über dem Wohnzimmer in die Hocke. Vermutlich sind sie in der Küche, wenn ich sie so gut verstehen kann. Ich bin kurz davor, runterzugehen und ihnen zu sagen, wie gut ich sie hören kann. Ich werde sie zwingen, mich miteinzubeziehen.
» Vielleicht hast du keine Zeit, dir Sorgen um deinen Bruder zu machen, wenn man bedenkt, was du mit deiner Frau am Hals hast. Glaubst du, ich merke das nicht? Und du solltest sie nicht bearbeiten. «
Ich erstarre auf der ersten Teppichstufe. Sie bearbeiten?
» Lass Maura aus dem Spiel « , sagt Philip. » Du konntest sie noch nie leiden. «
» Bitte « , sagt Großvater. » Es geht mich ja nichts an, wie du deinen Haushalt führst. Du wirst bald sehen, was du davon hast. Ich denke nur, dass du alle Hände voll zu tun hast. «
» Er will nicht zu dir « , sagt Philip. Das überrascht mich– entweder ist Philip wirklich sauer, weil Großvater ihm sagt, was er tun soll, oder Barron hat ihn doch noch überredet und ich darf bleiben.
» Und wenn Cassel auf diesem Dach war, weil er wirklich springen wollte? Macht euch mal klar, was er durchgemacht hat « , sagt Großvater.
» So ist er aber nicht « , sagt Barron. » Er hat sich auf der Schule gut gemacht. Der Kleine braucht Ruhe, sonst nichts. «
Auf einmal geht die Schlafzimmertür auf und Maura kommt in den Flur. Ihr Flanellnachthemd ist seitlich hochgeschoben und ich kann ihren Slip sehen.
Sie blinzelt, scheint aber nicht sonderlich
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