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Weißer Fluch: Band 1 (German Edition)

Weißer Fluch: Band 1 (German Edition)

Titel: Weißer Fluch: Band 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Holly Black
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Fluch verflucht auch den Magier, sagt mein Großvater immer.
    » Wusstest du immer schon, dass du es nicht kannst? Hat deine Mutter es erkannt? «
    Ich schüttele den Kopf. » Nein. Als wir klein waren, hatte sie Angst, wir würden aus Versehen jemanden bearbeiten. Ihr war klar, dass es sich irgendwann zeigen würde, deshalb hat sie uns nicht noch extra ermutigt. « Mir fällt ein, wie rasch Mom ein potentielles Opfer abschätzt und wie viele schäbige Tricks sie uns beigebracht hat. Bei diesen Erinnerungen vermisse ich sie beinahe. » Ich habe aber so getan, als wäre ich einer. Ein Fluchmagier. Einmal dachte ich, ich hätte eine Ameise in einen Stock verwandelt, bis Barron gestand, er hätte sie vertauscht, um mich zu ärgern. «
    » Verwandlung, was? « Maura lächelt distanziert.
    » Wenn man schon so tut als ob, kann man auch gleich behaupten, man könne die seltensten Flüche mit links, oder nicht? « , frage ich.
    Sie zuckt die Achseln. » Ich habe mir immer eingebildet, ich würde die Leute zum Hinfallen bringen. Jedes Mal, wenn meine Schwester sich das Knie aufgeschlagen hat, war ich sicher, dass ich das war. Ich habe geweint, als mir klar wurde, dass es gar nicht an mir lag. «
    Maura wirft einen Blick in Richtung Kinderzimmer. » Philip möchte nicht, dass wir das Baby testen lassen, aber ich habe Angst. Wenn unser Kind nun aus Versehen jemanden verletzt? Oder wenn er zu den Jungen gehört, die mit einem verkrüppelnden Rückstoß geboren werden? Wenn wir ihn testen ließen und das Ergebnis positiv wäre, wüssten wir wenigstens Bescheid. «
    » Hauptsache, du sorgst dafür, dass er Handschuhe trägt « , sage ich, weil ich weiß, dass Philip einem Test nie zustimmen wird. » Wenigstens bis er alt genug ist, sich an einem kleineren Fluch zu versuchen. « Unser Biologielehrer hat immer gesagt, dass die Hände eines jeden, der uns auf der Straße ohne Handschuhe begegnet, potentiell so tödlich sind wie gezogene Schwerter.
    » Kinder entwickeln sich unterschiedlich– man kann nicht voraussagen, wann er so weit ist « , sagt Maura. » Aber die kleinen Babyhandschuhe sind wirklich niedlich. «
    In der Küche erhebt Großvater warnend seine Stimme. » Zu meiner Zeit waren wir gefürchtet. Jetzt haben wir selbst Angst « , tönt er.
    Gähnend wende ich mich wieder Maura zu. Sie können ruhig die ganze Nacht darüber reden, was sie mit mir anfangen sollen, ich lasse mich trotzdem nicht davon abbringen, mich in die Schule zurückzumogeln. » Hörst du wirklich Musik? Wie klingt sie denn? «
    Ihr Lächeln wird zu einem Strahlen, obwohl sie weiter auf den Teppichboden schaut. » Wie Engel, die meinen Namen kreischen. «
    Ich bekomme eine Gänsehaut.

VIERTES KAPITEL
    IN MEINEM ELTERNHAUS WURDE nie etwas weggeworfen. Die Anziehsachen türmten sich zu Haufen und später zu wahren Bergen, die Philip, Barron und ich erklommen, um herunterzuspringen. Die Kleiderhaufen versperrten den Flur und verdrängten meine Eltern aus ihrem Schlafzimmer, bis sie irgendwann in Dads ehemaligem Büro schliefen. Leere Tüten und Schachteln füllten die Ritzen in diesem Wust, Schachteln, die früher Ringe, Schuhe und Anziehsachen enthalten hatten. Eine Trompete, aus der meine Mutter eine Lampe hatte basteln wollen, lag auf einem Stapel vergilbter Zeitschriften voller Artikel, die Dad unbedingt noch lesen wollte, direkt neben den Köpfen, Füßen und Armen von Puppen, weil Mom einem Kind aus Carney versprochen hatte, sie wieder zusammenzunähen. Dieses Durcheinander ging in einen ausufernden Berg von Knöpfen über, die hier und da noch original verpackt waren. Eine Kaffeemaschine stand schief auf einem Haufen Teller, damit kein Kaffee herauslief.
    Es ist merkwürdig, das alles noch so ist wie damals, als meine Eltern hier wohnten. Ich nehme eine Fünf -Cent-Münze von der Arbeitsplatte in der Küche und lasse sie über meine Fingerknöchel tanzen, so wie Dad es mir beigebracht hat.
    » Was für ein Schweinestall « , sagt Großvater, als er aus dem Esszimmer kommt; er klemmt seine Hosenträger an die Hose.
    Nachdem ich die letzten Monate in dem ordentlichen Wohnheim von Wallingford verbracht habe, wo man samstags nachsitzen muss, wenn das Zimmer den Kontrollen nicht standhält, halten sich Vertrautheit und Abscheu die Waage. Ich atme den schalen, schimmeligen Geruch ein, der mit einem Hauch Säure versetzt ist, wie von altem Schweiß. Philip lässt meine Reisetasche auf den gesprungenen Linoleumboden fallen.
    » Wie sieht’s aus, kannst

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