Weißer Fluch: Band 1 (German Edition)
den ich nicht sehen kann, greift mein Handgelenk und dreht es mir auf den Rücken.
Audrey ist weg.
Greg steht auf und wischt sich den Mund ab. » Ich habe was über den Prozess deiner Mutter in der Zeitung gelesen, Sharpe. Du bist genau wie sie, das weiß ich. «
» Wenn ich wie sie wäre, würdest du darum betteln, mir einen zu blasen « , höhne ich.
» Bringt ihn raus « , sagt jemand, und Rahul bugsiert mich zur Tür. Die Schwimmer schauen auf, als wir an ihnen vorbeimarschieren. Mehrere Leute springen auf, als hätten sie Lust auf einen Kampf.
Ich will mich aus dem Griff der Typen befreien, aber als sie mich dann loslassen, erwarte ich es nicht und falle ins Gras.
» Was ist bloß in dich gefahren? « , fragt Rahul keuchend.
Ich schaue zu den Sternen. » Sorry. «
Der andere Typ, der mich mit rausgebracht hat, ist Kevin Ford. Er ist nicht groß, aber stark. Ein Ringer. Er beobachtet mich, als hoffte er, ich würde irgendwas anstellen.
» Komm runter « , sagt Rahul. » So bist du doch sonst nicht, Mann. «
» Ich hab mich wohl vergessen « , sage ich. Ich habe vergessen, dass ich nicht dazugehöre, nie dazugehören werde. Dass ich mich so weit reingemogelt habe, ihr Buchmacher zu werden, aber niemals ihr Freund. Ich habe vergessen, wie brüchig das Fundament meines jämmerlichen Soziallebens ist.
Kevin und Rahul gehen zum Haus zurück. Kevin sagt etwas, das ich nicht verstehe, und Rahul kichert.
Ich schaue wieder hoch zu den Sternen. Niemand hat mir die Sternbilder beigebracht, für mich sind es nur helle Pünktchen. Chaos ohne Struktur. Als ich klein war, dachte ich mir ein Sternbild aus, aber ich habe es nie wiedergefunden.
Jemand schlurft durchs Gras und taucht über mir auf. Erst denke ich, es ist Audrey, aber es ist Sam. » Hier bist du also « , sagt er.
Als ich mich aufraffe, gerät Sam ins Wanken, dreht sich um und erbricht sich in die Hortensie am Küchenfenster. Einige Mädchen in den Liegestühlen lachen ihn aus.
» Schön, dass du gekommen bist « , sagt Sam, » aber es wäre wohl besser, wenn du mich nach Hause fährst. «
An einem Drive-In hole ich ihm einen Kaffee und schütte ordentlich Zucker hinein. Davon sollte er eigentlich nüchtern werden, aber er kotzt fast alles wieder auf den Asphalt des Parkplatzes. Mit dem Rest spült er sich den Mund aus.
Ich schalte das Radio an, und wir bleiben im Auto sitzen und hören zu, während es in seinem Bauch rumort. Noch ein Song über das, was ein Liebesfluch aus einem macht. Als wäre Gehirnwäsche romantisch.
» Als ich klein war, hab ich immer so getan, als wäre ich ein Fluchwerker « , sagt Sam.
» Das macht jeder « , belehre ich ihn.
» Du auch? «
» Ich erst recht. « Ich biete ihm noch einen Becher Kaffee an. Es ist mein eigener, und ich habe ihn schwarz gelassen, aber irgendwo gibt es bestimmt noch Zuckerpäckchen. Sam schüttelt den Kopf.
» Wie finden die Leute denn raus, ob sie Fluchwerker sind? Wann hast du gewusst, dass du keiner bist? «
» Bestimmt genauso wie du. Unsere Eltern haben uns eingeschärft, damit keinen Unsinn zu treiben. Meine Mutter ging so weit zu behaupten, dass Kinder am Rückstoß sterben könnten, wenn sie nicht warten, bis sie erwachsen sind. «
» Und das stimmt gar nicht? «
Ich zucke die Achseln. » Es kann dich nur auf der Stelle töten, wenn du ein Todeswerker bist, der richtig Pech mit dem Rückstoß hat, und selbst dann ist es egal, wie alt du bist. Meine Brüder wussten schon früh Bescheid. Barron hat oft gewonnen, weil andere viel verloren haben, verstehst du? Und Philip schlug sich bei Prügeleien immer viel zu gut. « Ich weiß noch, wie Mom in die Schule zitiert wurde, weil Philip drei Typen, die viel größer waren, die Beine gebrochen hatte. Er litt einen ganzen Monat lang unter dem Rückstoß, aber seitdem ist ihm niemand mehr auf den Leib gerückt. Ich weiß nicht, wie Mom das geschafft hat, aber es gab keine Anzeige. Ich grübele über einen ähnlichen Vorfall mit Barron nach, aber mir fällt nichts ein. » Wenn man erst mal herausgefunden hat, dass man ein Fluchwerker ist, bringen die anderen einem geheime Sachen bei. Darüber kann ich dir aber auch nichts sagen, weil ich davon keine Ahnung habe. «
» Darfst du mir überhaupt irgendwas davon erzählen? «
» Nö « , sage ich und starte den Wagen. » Aber du bist so betrunken, dass du dich morgen wahrscheinlich an nichts mehr erinnerst. «
Irgendwann, nachdem ich mich bei Mrs Yu dafür entschuldigt habe, dass ich Sam so
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