Weißer Fluch: Band 1 (German Edition)
spät nach Hause bringe, ihn in sein Bett verfrachtet habe und aus der Einfahrt ihres großen Backsteinhauses aus der Kolonialzeit gebogen bin, fällt bei mir der Groschen.
Wenn Lila eine Katze ist, gibt es einen Verwandlungswerker hier in den Vereinigten Staaten. Das wusste ich zwar schon vorher, aber ich hatte nicht verstanden, was das bedeutet. Die Regierung würde sich überschlagen, um ihn einzustellen. Die Gangsterfamilien würden alles dafür tun, ihn für sich zu gewinnen. Darum geht es bei dieser Verschwörung. Wenn Philip weiß, wer es ist, verstehe ich auch, was es mit der Gedächtnismagie auf sich hat.
Sie haben einen echten Verwandlungswerker.
Das ist es wert, meine Erinnerungen zu löschen.
ZEHNTES KAPITEL
SAM UND DANECA WARTEN auf dem Parkplatz vor dem Café auf mich. Sie sitzen auf der Motorhaube seines seitlich beladbaren 1978 er-Oldtimer-Cadillac-Superior-Leichenwagens. Sam sieht grauenhaft aus und trinkt seinen Kaffee in so schnellen kleinen Schlucken, als hätte er einen Tatterich. Der Wagen ist auf Hochglanz poliert, der glänzende schwarze Lack wird nur durch den Sticker fährt zu 100 % mit pflanzenöl verunstaltet, der direkt über der Stoßstange klebt. Sam trägt ein Sakko zu einem weißen Hemd mit Krawatte, aber die Arme des Jacketts sind zu kurz, als hätte es lange hinten im Schrank gehangen.
Daneca sieht seltsam aus, so ohne Schuluniform. Die Jeans ist am Saum über ihren Flip-Flops abgewetzt, aber ihre weiße Bluse ist akkurat gebügelt.
» Wie ich sehe, hast du deinen Wagen wieder « , sage ich.
Sam schaut mich verwirrt an. » Mein Auto ist– «
Daneca übertönt ihn. » Ich dachte, ich komme trotzdem mit, weil ich zugesagt hatte. «
Ich hole tief Luft und wische mir die schweißnassen Hände an der Hose ab. Ich bin so nervös, dass mir ihre Lügen egal sind. » Ich weiß das echt zu schätzen, dass ihr zwei euren Samstagvormittag für mich opfert « , sage ich und schlage ein neues Kapitel feinen Benehmens auf.
» Und was ist jetzt mit dieser Katze? « , fragt Daneca.
» Sie ist eine Freundin der Familie. « Das soll sie zum Lachen bringen.
Als Sam den Blick von seinem Kaffeebecher hebt, sehe ich den Schweißfilm auf seinem Gesicht. Er hat wirklich einen schlimmen Kater. » Hast du nicht gesagt, die Katze würde dir gehören? «
» Stimmt auch. Das war meine Katze. « Ich verliere den Faden. Ich vergesse die Grundregeln des Lügens. Immer schön schlicht. Die Wahrheit ist kompliziert, darum glaubt jeder lieber an eine halbwegs anständige Lüge. » Ich sage euch jetzt, was ihr tun sollt– meine SMS ist wohl nicht angekommen? «
» Sehe ich etwa nicht aus wie ein reicher Typ? « , fragt Sam und lehnt sich zurück, damit wir seinen Anzug in seiner ganzen Schönheit bewundern können. » Seid jetzt mal nicht so kritisch. «
» Du siehst durchgeknallt aus. « Ich schüttele den Kopf. » Wie ein verrückter Diener. Oder ein Kellner. «
Als er Daneca ansieht, platzt sie los. » Ach, deshalb bist du so angezogen? «
Sam sinkt auf die Kühlerhaube zurück. » Das ist nicht gut für mein Ego. «
» Daneca könnte es machen « , sage ich. » Daneca sieht genau richtig aus. «
» Macht mich ruhig fertig « , stöhnt Sam. » Daneca sieht reich aus, weil sie reich ist. «
» Du doch auch « , erinnert sie ihn. Daraufhin setzt er seine Sonnenbrille auf und stöhnt weiter. Sams Eltern besitzen eine Kette von Autohäusern, und es ist eine Ironie des Schicksals, dass er erstens einen Leichenwagen fährt und zweitens was gegen Ölkonzerne hat.
» Es ist nicht schwer « , tröste ich Daneca. Ich verdränge die vielen Gelegenheiten, bei denen ich grob zu ihr war. » Du spielst das nette, anständige Mädchen von nebenan, das sich um die weiße Langhaarkatze ihrer Großmutter kümmern sollte. Sie heißt Coconut, aber sie hat auch noch einen längeren Namen für die Katzenschauen, an den du dich gerade nicht erinnern kannst. Die Katze trägt ein Halsband mit Swarowski-Kristallen, das mehrere Tausend Dollar wert ist. «
Sam setzt sich wieder gerade hin. » Du hast eine Perserkatze? Ich mag diese eingedrückten Gesichtchen total gern. Sie sehen immer so beleidigt aus. «
» Nein « , sage ich so ruhig ich kann, obwohl ich ihm am liebsten eins über den Schädel ziehen würde. » Doch nicht meine Katze. Ihre Katze. Lass mich bitte ausreden. «
» Aber Daneca hat gar keine Katze. « Er hebt die Hände, als ich ihn ansehe. » Okay. «
» Erst gehst du rein und suchst Coconut, aber
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