Weißer Fluch: Band 1 (German Edition)
viel oder nicht für längere Zeit. «
» Stimmt, sie war in einer Scheune untergebracht « , sage ich, » aber jetzt nehme ich sie zu mir. «
Die Frau schüttelt den Kopf. » Ich weiß nicht, was passiert ist, aber ich kann es mir denken. Sie haben die Katze ohne Erlaubnis mit nach Hause genommen und Ihre Eltern haben sie ins Tierheim gebracht. Unverantwortlich– «
» Nein, so war es nicht. « Was würde sie wohl machen, wenn ich ihr meine Version der Geschichte auftischen würde? Ich muss fast lachen.
Die Türklingel geht, als ein Pärchen mit einem kleinen Mädchen hereinkommt, und die Frau mit dem Schnauzer-Sweatshirt begrüßt sie lächelnd.
» Wir wollen einen Welpen haben! « , ruft das Mädchen. Um seinen Mund sieht es sehr klebrig aus und seine Handschuhe haben braune Flecken.
» Einen Moment noch « , flehe ich. » Bitte. «
Die Frau sieht mich mitleidig an. » Kommen Sie wieder, wenn Ihre Eltern Ihnen die Erlaubnis geben. So wie dieses Kind. «
Ich hole tief Luft. » Sind Sie morgen auch hier? « , frage ich sie.
Jetzt wird sie sauer, wahrscheinlich ärgert sie sich noch mehr, weil sie kurz Mitleid mit mir hatte, aber das ist mir egal. Sie stützt eine Hand in die Hüfte. » Nein, aber der Mann, der morgen Dienst hat, wird Ihnen das Gleiche erzählen. Ohne elterliche Erlaubnis geht hier gar nichts. «
Ich nicke, aber ich höre nicht mehr richtig zu, weil mir beinahe der Kopf platzt von Lilas Kreischen hinter den Gittern. Wie sie schreit und schreit und niemand kommt.
Mein Dad hat mir einen Trick beigebracht, um mich zu beruhigen. Wenn ich zum Beispiel irgendwo einbrechen wollte oder die Polizei mich verhörte. Er sagte, ich solle mir vorstellen, ich wäre am Strand. Dann sollte ich mich darauf konzentrieren, wie es klingt, wenn das klare Wasser über meine Füße schwappt. Wie der Sand sich zwischen den Zehen anfühlt. Und tief die Seeluft einatmen.
Es funktioniert nicht.
Sam geht nach dem zweiten Klingeln dran. » Ich hab Probe « , flüstert er. » Die Stavrakis guckt schon böse. Mach schnell. «
Ich habe Sam nur wenig zu bieten. Ich traue ihm wider besseres Wissen, dabei weiß ich, dass man sich für Vertrauen nicht viel kaufen kann. Ich weiß nicht mal, ob er überhaupt daran interessiert ist. » Ich brauche dringend deine Hilfe. «
» Alles okay? Du klingst so ernst. «
Ich zwinge mich zu lachen. » Ich muss eine Katze aus dem Tierheim raushauen. So eine Art Gefängniseinbruch. «
Es klappt, er lacht. » Was für eine Katze? «
» Meine Katze. Was glaubst du denn? Dass ich fremde Katzen befreie? «
» Ah, ich weiß schon, jemand hat sie reingelegt. Sie ist unschuldig. «
» Wie alle, die im Gefängnis sitzen. « Ich denke an Mom. Mit dem Lachen, das in mir hochblubbert, stimmt etwas nicht, es ist sarkastisch, schroff.
» Also gut, geht’s morgen? « , frage ich, nachdem ich mühsam aufgehört habe zu lachen.
» Ja, Cassel ist dran « , sagt Sam, aber seine Stimme klingt gedämpft, als hätte er eine Hand über den Hörer gelegt. » Willst du mitkommen? « Er sagt noch mehr, aber ich kann nichts verstehen.
» Sam! « , sage ich und schlage aufs Armaturenbrett.
» Hey, Cassel. « Daneca, ganz leise. Daneca mit ihrem Hanf und dem Kampf für die gute Sache, Daneca, die nie zu merken scheint, wie sehr ich ihr aus dem Weg gehe. » Es geht um eine Katze? Sam sagt, du brauchst Hilfe. «
» Ich brauche nur einen « , erwidere ich. Das hat mir gerade noch gefehlt, dass Daneca mir über die Schulter guckt, wenn ich dieses Ding durchziehen will.
» Sam sagt, ich soll ihn fahren. «
» Was ist denn mit seinem Auto? « Sam fährt einen Leichenwagen, einen totalen Benzinfresser, den er im Sinne des Umweltschutzes auf Pflanzenöl umgestellt hat. Seitdem riecht es in seinem Auto immer lecker nach Frittiertem.
» Weiß nicht genau « , antwortet sie.
Ich habe keine andere Wahl. Ich beiße mir auf die Wange und knirsche: » Dann wäre das echt toll von dir, Daneca. Du bist wirklich ein guter Kumpel. «
Ich beende das Gespräch, ehe ich noch schleimiger werde. Ich bin ohnehin nur mit der Frage beschäftigt, wie ich ihnen das jemals zurückzahlen soll. Wenn bei Freundschaften Macht verhandelt wird, habe ich gerade voll verloren.
Großvater ist sauer, als ich heimkehre. Kaum komme ich zur Tür hinein, schreit er mich an. Lauter dummes Zeug, dass ich das Auto ohne seine Erlaubnis geliehen hätte und dies mein Haus sei, um das ich mich gefälligst kümmern soll. Er macht viel Wind darum,
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