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Weißer Fluch: Band 1 (German Edition)

Weißer Fluch: Band 1 (German Edition)

Titel: Weißer Fluch: Band 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Holly Black
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dabei? «
    Ich suche den entsprechenden Passus auf dem Formular, obwohl ich längst weiß, was es kostet. » Fünfzig Dollar? Kein Problem. «
    Es klingelt und neue Leute kommen herein, doch der Mann hinter dem Schreibtisch wendet den Blick nicht von mir. Er leckt sich die Lippen.
    Ich zähle das Geld auf den Schreibtisch. In den letzten Tagen habe ich meine Ersparnisse echt aus dem Fenster geworfen, schlechte Wetten und hohe Unkosten. Wenn Lila und ich uns mit dem Rest durchschlagen müssen, muss ich kürzer treten.
    » Ist gut, die Sache läuft « , sagt das Opfer und nimmt das Geld.
    » Oh « , sage ich. » Cool. Danke. « Jetzt bloß nicht übertreiben.
    » Und wegen der Langhaarkatze « , sagt Sam, und ich erstarre– er soll einfach die Klappe halten–, aber er sieht den Typen hinterm Schreibtisch an. » Müssen Sie die Besitzerin nicht anrufen oder so was? «
    » Mache ich gleich « , sagt er. Sein Hals läuft rot an. » Ich will sie überraschen. «
    Eine Frau kommt mit einem ausgefüllten Formular auf den Schreibtisch zu; sie sieht ungeduldig aus. Jetzt wird es aber Zeit.
    » Können wir die Katze gleich mitnehmen? « , frage ich und lege das Armband auf den Schreibtisch. » Oh, und die Besitzerin möchte sicher auch das Halsband zurückhaben. «
    Er sieht von der Frau zu mir, ehe er die Hand über dem Armband schließt und nach hinten geht. Kurz darauf kommt er mit einem Katzenkorb aus Pappe zurück.
    Meine Hände zittern, als ich ihn entgegennehme. Sam grinst mich erstaunt an, aber ich denke einzig und allein daran, dass ich sie jetzt habe. Ich habe es geschafft. Sie ist bei mir. Ich spähe durch die Luftlöcher und sehe sie, wie sie hin und her tigert. Lila. Vor Entsetzen läuft es mir kalt den Rücken runter, wenn ich daran denke, wie verkehrt es ist, dass sie in diesen kleinen Körper eingeschlossen ist.
    » In einer Stunde bin ich zurück « , sage ich zu dem Typen, den ich nie wiedersehen will.
    Ich hasse diesen Teil.
    Ich hasse den Moment, in dem ich weiß, dass sie warten werden, bis sie versauern und sich für ihre Leichtgläubigkeit schämen.
    Aber ich beiße die Zähne zusammen, nehme den Katzenkorb mit Lila und gehe hinaus.
    Als ich auf dem Parkplatz das Türchen des Körbchens hochziehe, beißt sie mich erstmal böse in die Hand. Dann fängt sie an zu schnurren.
    Mom behauptet, sie wüsste, wie die Menschen ticken, weil sie dafür sorgen kann, dass sie fühlen, was sie möchte. Und wenn ich so wäre wie sie, hätte ich diesen Instinkt geerbt. Kann sein, dass man als Fluchwerker so geheimnisvoll tun muss, aber ich glaube, dass Mom ihre Menschenkenntnis daher hat, dass sie Gesichter sehr genau betrachtet. Es gibt Gesichtsausdrücke, die nur sekundenlang zu sehen sind– sogenannte Mikro-Expressionen, flüchtige Hinweise, die mehr verraten, als wir möchten. Meine Mutter sieht sie wahrscheinlich, ohne es zu merken, und ich sehe sie auch.
    Zum Beispiel auf dem Rückweg ins Café, als ich die Katze auf dem Arm habe : Sam ist ziemlich fertig wegen des Betrugs, wegen der Rolle, die er dabei gespielt hat, und wie ich das Ganze geplant habe. Das sehe ich. Da kann er noch so viel lächeln. Aber ich bin nicht meine Mutter. Ich bin kein Gefühlswerker. Es hilft mir nicht, dass ich weiß, wie fertig er ist. Ich kann es nicht ändern.

    Ich stelle die Katze auf einen Cafétisch und wische mir mit Servietten das Blut von der Hand. Es tut weh. Daneca lächelt auf die Katze hinunter, als wäre sie ein antikes Silberbesteck, das gerade von einem Laster gefallen ist.
    Als Lila laut miaut, taucht der Kellner hinter der Espressomaschine auf. Die Katze jault noch mal und leckt dann den Schaum von Danecas Kaffeebecher.
    Ich starre einfach nur Lila, die Katze, an, weil ich zu nichts anderem in der Lage bin, außer den sonderbaren Klagelaut zu unterdrücken, der mir die Kehle hinaufsteigt.
    » Lass das « , sagt Daneca und scheucht die Katze fort. Sie faucht, lässt sich auf den Tisch plumpsen und leckt sich das Bein.
    » Du glaubst nicht, wie er es gemacht hat « , schwärmt Sam und beugt sich eifrig zu Daneca vor.
    Ich schaue den Keller an, die übrigen Gäste und dann wieder Sam. Wir stehen viel zu sehr im Mittelpunkt. Die Katze kaut auf einer Kralle herum.
    » Sam « , sage ich warnend.
    » Weißt du was, Sharpe? « , sagt er und sieht nach einem Blick zu mir in die Runde. » Du hast einiges auf dem Kasten. Und dein Verfolgungswahn ist auch nicht von schlechten Eltern. «
    Ich lächele wie ertappt, aber es tut

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