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Weißer Schatten

Titel: Weißer Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deon Meyer
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nur durch die Disziplin der Ausbildung
     gerettet, durch die väterliche Ruhe und umfassende Weisheit des Verkehrsministers. Er hatte uns einmal im östlichen Transvaal
     anhalten lassen, damit wir einem Minibus-Taxi helfen konnten, einen platten Reifen zu wechseln. Er plauderte mit dem Fahrer
     und den Passagieren über ihr Leben, ihre Probleme und Sorgen. Als wir weiterfuhren, schüttelte er den Kopf und sagte, das
     Land könne so nicht weitermachen.
    Trotz der Tatsache, dass ich in diesen Jahren eine Richtung hatte, waren es zehn Jahre als Beobachter, zehn Jahre an der Peripherie,
     eine Dekade am Rande von … nichts.
    Ein unauffälliger Schaulustiger, trotz meiner Gene. Meine englische Rose von Mutter war eine farblose Blüte so wie ich. Mein
     Vater war düster, männlich und stark, aber ich erbte ihre blasse Haut, das rotblonde Haar und den dünnen Körper. Ihre Brüste
     ließen sie sensationell erscheinen. Sie konnte ihr Gesicht anmalen, und sie tat es mit Lippenstift, Mascara, Puder und Rouge,
     sie konnte sich jeden Morgen verwandeln. Mit geschickter Hand hatte sie ihre zarten Züge in eine sinnliche Sirene verwandelt,
     einen Honigtopf, um den die Männer Seapoints herumschwärmten.
    Einmal ließ ich mir vier Monate lang einen Bart wachsen, ohne dass Mona es sah. Ich musste sie fragen, ob sie irgendetwas
     Neues an mir bemerkte. Sie brauchte fünf Minuten, bis sie sagte: Oh, du hast einen Bart.
    Unsichtbar – ein weißer Schatten.
    Definiert nur durch einen Zwischenfall im Leben – den Totschlag. Die Medien hatten es Straßenmord genannt. In dem einzigen
     Foto, das in der Zeitung erschien, stand ich zwischen meinen Anwälten, und Gus Kemp verbarg gnädigerweise mein Gesicht mit
     seiner Akte. Unsichtbar.
    Zweiundvierzig Jahre alt – und was war ich?
    |352| Mein Kopf beschwerte sich: Du bist müde. Das ist nur der Schlafmangel, der da spricht.
    Es war nicht wichtig.
    Heute ging ich allein hier hinab, weil ich etwas sein wollte.
    Was denn?
    Irgendetwas. Egal. Ich wollte für einen Unterschied sorgen. Ich wollte das Unrecht stoppen. Einmal wenigstens wollte ich auf
     dem weißen Pferd der Gerechtigkeit galoppieren.
    Ich erhob mich, ich wollte nicht mehr weiter mit mir streiten. Ich zog die Glock heraus und überprüfte sie. Dann ging ich
     vorsichtig den Berg hinunter.
     
    Am Sonntag, dem 5. Oktober 1986, rief Jacobus le Roux’ befehlshabender Officer die Teams zusammen und sagte ihnen, dass sie
     alle am Montag, dem 13. Oktober, aus dem Busch und zurück auf der Basis sein mussten. Sie hätten dann eine Woche Urlaub, sie
     müssten dafür keine Urlaubstage nehmen, konnten aber auf der Basis entspannen.
    Das war alles. Keine Erklärung. Als wäre das etwas, worauf sie sich freuen sollten.
    Sie waren misstrauisch, denn die Aufklärer des Five Reconnaissance Battalion erzählten von einer bevorstehenden Operation.
     Die Gerüchteküche brodelte. Renamo, die pro-westliche Gruppierung im Bürgerkrieg, setzte sich offenbar in den zwei nördlichen
     Provinzen Mosambiks gegen die Frelimo durch. Vielleicht würden die Truppen sie unterstützen sollen. Außerdem war irgendwas
     los mit der 7 SAI, dem steten Fluss von Bedford-Lastern aus und in die Basis nach zu urteilen.
    Der Environmental Services Unit war ziemlich egal, was los war. Sie kümmerte das alles nicht.
    Aber am Montag, dem 13. Oktober, waren Jacobus und Pego nicht zurück im Basislager. Genau genommen sahen sie das Innere des
     Basislagers nie wieder.
    Die Probleme begannen am 12., einem Sonntag. Sie wollten rechtzeitig zurück sein. Sie hatten den letzten Abschnitt ihrer Patrouille
     absolviert, entlang des einspurigen Weges parallel |353| zur Grenze nach Mosambik in der südöstlichen Ecke des Reservats. Um ein Uhr nachmittags versuchten sie, tief im Schilf des
     Flusses Kangadjane zu schlafen, zwischen dem Lindanda-Wolhuter-Denkmal und dem Grenzposten Shishengedzim, vier Kilometer von
     der Grenze. Sie hörten ein kleines Flugzeug und erwachten. Sie krochen aus dem Schilf und schauten hoch. Das Flugzeug kreiste
     westlich von ihnen um einen Berg namens Ka-Nwamuri. Sehr eigenartig, denn seit über einem Jahr waren hier keine zivilen Flugzeuge
     mehr erlaubt. Diese Maschine flog tief, kaum fünfhundert Meter, und nur hundert Meter über dem
koppie,
der Anhöhe im Westen.
    Das Flugzeug beschrieb eine weite Kurve und kam dann auf sie zu, und sie krochen zurück ins Schilf. Jacobus zog sein Fernglas
     hervor, um es sich genauer anzusehen. Auf den

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