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Weißer Schatten

Titel: Weißer Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deon Meyer
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Fernglas scharf auf das Dickicht, das Pego anvisiert
     hatte, und wartete.
    Er sah ein Licht am Fuße des Hanges aufscheinen. Sie waren kaum dreihundert Meter von ihm entfernt. Zwei Männer mit einer
     Taschenlampe. Sie betrachteten etwas auf dem Boden, hoben es hoch. Ein Seil? Nein, durch das Fernglas konnte er sehen, dass
     es ein Kabel war, glatt und schwarz.
    Dann hörte Jacobus weiter unten Rufe und schwang das Fernglas Richtung Feuer, er sah Menschen laufen, bewaffnete Männer, uniformierte
     Männer. Wo waren die gewesen? Wo waren sie hergekommen?
    Schüsse fielen. Jacobus riss das Fernglas vom Gesicht, er |356| hielt Ausschau nach den Blitzen der Schüsse in der Nacht, konnte es aber nicht sehen.
    Pego, wo bist du?
    Dort unten hasteten die Menschen umher, weg vom Feuer. Er schaute wieder durch das Fernglas. Plötzlich war alles ruhig, niemand
     zu sehen. Er schwang es zurück dorthin, wo die beiden Männer mit der Taschenlampe gestanden hatten. Die Taschenlampe war ausgeschaltet.
    Minuten vergingen.
    Er beobachtete weiter das Feuer und versuchte etwas in dem Dickicht auszumachen, in dem Pego sich hatte verstecken wollen.
     Er sah bloß dunkle Nacht dort draußen.
    Dann eine Bewegung am Feuer. Er stellte das Fernglas scharf. Zwei Soldaten hatten jemand zwischen sich, den sie halb trugen,
     halb schleppten. Andere drängten sich um sie herum. Er sah, dass der Mann, den sie da hatten, Pego war, und sein Herz begann
     schneller zu schlagen. Blut war am Bein seines Freundes.
    Sie ließen Pego auf den Boden fallen und standen um ihn herum. Jemand trat den Schwarzen, und das Herz klopfte Jacobus bis
     in den Hals. Das war schlimm, sehr schlimm, er wollte den Hang hinunterlaufen und rufen: »Was macht ihr da? Lasst ihn in Ruhe,
     er ist mein Freund.« Aber er lag bloß erstarrt da. Er wusste nicht, was er tun sollte.

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    Mein Weg den Berg hinunter war steil und zugewuchert – Äste, Wurzeln, Spinnennetze. Hier und da gab es kleine Erosionslöcher,
     außerdem Felsen, über die ich Schritt für Schritt steigen musste, während der Schweiß an mir herunterlief.
    Vor allem aber musste ich leise sein, obwohl ich sie auf dieser Seite des Bachs eigentlich nicht erwartete. Jemand würde aber
     den Bereich zwischen Wald und Haus im Auge haben.
    Ich schätzte die Entfernung und war sicher, schon nahe herangekommen zu sein. Das Haus sollte sich auf den nächsten paar hundert
     Metern befinden. Ich musste jetzt äußerst vorsichtig nach Süden gehen.
     
    Jacobus sah, wie sie Pego aus dem Lichtkreis des Feuers zerrten, dann berieten sie. Er entschied sich. Er würde zuerst Pego
     befreien, dann würden sie Hilfe holen. Sein Freund war verwundet, und es sah nicht so aus, als würde jemand ihm helfen.
    Er kroch den Abhang im Westen herunter und schaltete das Funkgerät wieder ein, um mitzuhören. Er hatte zu große Angst, um
     selbst einen Funkspruch abzusetzen.
    Nichts.
    Er kroch sehr vorsichtig über den Gipfel. Wie hatten sie Pego bemerkt? Wie hatten sie ihn erwischt, den Mann aus Mapulana,
     den Löwen, der so leise wie eine Katze schleichen konnte?
    Jacobus hatte Glück. Er bemerkte das elektronische Gerät durch Zufall. Es hing an einem Stahlpfosten, der in den Boden geschlagen
     war. Der dünne Draht war in der Nacht praktisch nicht zu sehen. Ein Auge schaute nach Osten, und er konnte erraten, was das
     sein musste: irgendeine Art Sensor, der einen |358| unsichtbaren Strahl ausschickte, den man nicht durchbrechen durfte.
    Er kroch auf dem Bauch daran vorbei und stand nicht wieder auf. Er drückte sich zu Boden und bewegte sich langsam und geräuschlos
     mit größter Mühe. Er hielt sein Gewehr in den Händen, immer näher, bis er ihre Stimmen hören konnte, und dann entdeckte er
     einen der Wachposten mit einer R4 in den Armen unter einem Baum. Da wusste er, dass sie zur Armee gehörten und dass Pego in
     Sicherheit war. Er wollte aufstehen und dachte: Gott sei Dank, es ist nur ein Missverständnis.
    Da schrie Pego auf.
     
    Ich konnte sie sehen.
    Sie saßen auf meiner Veranda, zwei von ihnen. Einer hatte den Jeep vor dem Krankenhaus gefahren, der andere war der Mann hinter
     dem Galil, der große Blonde, der auf Emma geschossen hatte.
    Blondie saß auf einem Küchenstuhl, die Beine ausgestreckt und die Fersen am Mäuerchen der Veranda abgestützt. Er trug dieselbe
     Baseballkappe wie zuvor. Der Jeepfahrer saß bloß da. Sie redeten, aber ich war zu weit weg, um zu hören, was sie sagten.
    Sie warteten auf mich.

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